Unsere Leitorientierungen

Bedeutung und Förderung der mitgestaltenden Beteiligung

Die Menschen, die in Münster leben, sowie die Organisationen und die Unternehmen, die hier beheimatet sind, identifizieren sich in besonderer Weise mit ihrer Stadt, ihren Stadtteilen und ihren Quartieren, beobachten deren Entwicklung aufmerksam und tragen auf vielfache Weise aktiv zu einer lebenswerten Zukunft Münsters bei.

Es ist daher für die Stadt Münster Wunsch und Verpflichtung, Einwohnerinnen und Einwohner in die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung zu kommunalen Vorhaben bestmöglich einzubeziehen und ihre aktiven Beiträge und ihr Engagement zu unterstützen und zu würdigen. 

Vielfältige Möglichkeiten zur Beteiligung in Münster

Über die gesetzlich geregelte Beteiligung der Öffentlichkeit (zum Beispiel in der Bauleitplanung) und die geregelten Verfahren nach Gemeindeordnung NRW (zum Beispiel Anregungen und Einwohnerantrag) hinaus gibt es in Münster viele weitere Formen der Beteiligung, die von der Stadtverwaltung initiiert, von Einwohnerinnen und Einwohnern angeregt und/oder vom Rat der Stadt bzw. dessen Gremien und den Bezirksvertretungen beantragt und beschlossen werden.

Damit soll allen Einwohnerinnen und Einwohnern die gleichberechtigte gesellschaftliche und politische Teilhabe ermöglicht werden. Ziel ist es, unterschiedliche Interessen, Bedarfe und Perspektiven mit der Erfahrung, dem Sachverstand und dem kreativen Potenzial der Beteiligten aufzuzeigen und in einem dialogischen Prozess Lösungswege zu identifizieren.

Dieser Prozess ist auch dann sinnvoll, wenn kein Konsens erreicht wird, weil dadurch die unterschiedlichen Positionen sichtbar gemacht werden. Auch dies trägt dazu bei, die Entscheidung des Rates und der Bezirksvertretungen vorzubereiten, um bestmögliche, nachvollziehbare und von vielen akzeptierte Ergebnisse zu erzielen.

Darüber hinaus ist Münster geprägt durch vielfältige zivilgesellschaftliche Gruppen und Initiativen, in denen die Einwohnerinnen und Einwohner, Organisationen und Unternehmen sich durch tätiges Engagement an der Gestaltung ihrer Stadt selbstbestimmt beteiligen.

Stärkung der mitgestaltenden Beteiligung durch verfahrensübergreifende Leitorientierungen

Mit diesen „Leitorientierungen“ soll verfahrensübergreifend die Qualität und Weiterentwicklung der mitgestaltenden Beteiligung in Münster gestärkt werden. Sie stützen sich sowohl auf bislang in Münster gewonnene Erfahrungen als auch auf gemeinsame Nenner der in anderen Kommunen erarbeiteten Grundsätze und Leitlinien sowie deren Anwendungserfahrungen. Sie stellen einen Orientierungsrahmen dar, der schrittweise – unterstützt durch begleitende Evaluationen – münsterspezifisch weiterentwickelt werden muss. 

Die Leitorientierungen sind eine Ergänzung zu den gesetzliche Verfahrensvorschriften, sie ersetzen diese nicht. Sie beziehen sich auf Entscheidungen und Vorhaben der Stadt Münster. Bei anderen Vorhabenträgern wirkt die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten (§ 25 VwVfG NRW) darauf hin, dass auch sie sich daran ausrichten. Hierzu wird die Stadt Münster andere Vorhabenträger auch auf die VDI-Richtlinien 7000 und 7001 verweisen. Sofern aus rechtlichen Gründen Beratungen und Entscheidungen nichtöffentlich erfolgen müssen (etwa, weil sie Belange – insbesondere Datenschutzrechte – Dritter berühren) oder keine Entscheidungsspielräume bestehen (zum Beispiel durch Vorgaben anderer staatlicher Ebenen) können diese Leitorientierungen keine Anwendung finden.

 

Verfahrensübergreifende Qualitätsstandards für Kommunikation und mitgestaltende Beteiligung

Jede Situation und jeder spezielle Fall sind einzigartig. Deshalb gibt es kein festes Ablaufschema für die Prozesskommunikation und die Beteiligung der Einwohnerinnen und Einwohner. Jeder Prozess benötigt ein eigenes Verfahrensdesign, das sich in seinem Verlauf flexibel weiterentwickeln kann. Dazu braucht es jedoch jeweils ein grundlegendes Beteiligungskonzept auf Basis der folgenden Qualitätsstandards, das verdeutlicht, an welchen Punkten welche Form von Mitgestaltung möglich ist und welche Entscheidungs- und Gestaltungspielräume bestehen. Hier kann auf Basis vorhandener Erfahrungswerte aus bisherigen Verfahren mit bewährten Beteiligungsbausteinen gearbeitet werden. Dennoch muss das jeweils geplante Vorgehen immer wieder an die tatsächlich eintretenden Erfordernisse angepasst werden.

Die „Leitorientierungen“ benennen Qualitätsstandards , denen alle Beteiligungsprozesse der Stadt gerecht werden sollen:

... eine Beteiligungskultur, die durch Fairness und gegenseitigen Respekt geprägt ist. Dazu gehören vor allem sachorientierte Diskussionen, die einen gleichberechtigten Austausch ermöglichen. Sie wendet dabei eine Methodenvielfalt an, die geeignet ist, auch die bislang bei Beteiligungsverfahren weniger vertretenen Gruppen der Stadtgesellschaft einzubeziehen. 

... aus allen Aufgabenbereichen der Verwaltung frühzeitig über bedeutsame kommunale Vorhaben und den Prozess ihrer weiteren Bearbeitung. Sie kommuniziert alle Beteiligungsangebote und Mitmachmöglichkeiten gut zugänglich an dieser Stelle im Internetangebot der Stadt. 

... Anlässe und Ziele der Vorhaben dar, erläutert deren Inhalte sowie mögliche Wirkungen, weist auf Vorgaben und Rahmenbedingungen hin und erklärt das (weitere) Verfahren. Diese zielgruppenorientierte Kommunikation soll die Vorhaben von Anfang bis Ende begleiten. Alle wesentlichen Informationen werden der Öffentlichkeit, den Projektbeteiligten, den Bezirksvertretungen und dem Rat der Stadt gegenüber nachvollziehbar, übersichtlich und in verständlicher Sprache dargestellt und für die Öffentlichkeit regelmäßig aktualisiert. Hierzu werden verschiedene Formate und Kommunikationskanäle analoger und digitaler Art genutzt. 

... Gelegenheiten zur Erörterung an und macht dabei deutlich, was Gegenstand des Beteiligungsprozesses ist und welche Handlungsspielräume bestehen. Insbesondere wird darauf hingewiesen, wer an Planung und Realisierung der Vorhaben beteiligt ist sowie welche Gesichtspunkte und Belange insgesamt (zum Beispiel § 1 BauGB3 ) unbedingt der Berücksichtigung bedürfen und vermittelt so ein realistisches Bild von den tatsächlichen Gestaltungs- und Entscheidungsspielräumen.

... geeignete, fachliche anerkannte Methoden und Verfahren der Beteiligung an und entwickelt diese vorhabenspezifisch und zielgruppenorientiert weiter. Sie lässt die Prozesse gegebenenfalls in Form externer Unterstützung begleiten oder durchführen. Sie bietet entsprechenden Weiterbildungsangebote für die städtischen Mitarbeitenden an.

... sich in besonderer Weise verpflichtet, Bevölkerungsgruppen, die durch die gängigen Verfahren nicht gut erreicht werden, auf geeignete Weise einzubeziehen (zum Beispiel in Form aufsuchender Beteiligung). Ziel ist es, allen Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit zu eröffnen, an einem Beteiligungsprozess teilzunehmen – unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, Alter, Geschlecht, Bildungsgrad oder Herkunft (inklusiver Ansatz). Soweit möglich werden auch die Perspektiven künftig Betroffener berücksichtigt. 

... und stärkt die Partizipation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in öffentlichen Angelegenheiten, beginnend in Betreuungs-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen der Stadt, in an ihren Belangen und Interessen orientierten Formaten. Dabei setzt sie auf zielgruppengerechte Beteiligungsformen und digitale Elemente für das Erlernen und Einüben von Beteiligungskompetenzen.

... auf geeignete Weise deutlich, wie die aus der Öffentlichkeitsbeteiligung resultierenden Beiträge und neuen Informationen in den weiteren Planungsprozess (verwaltungsinterne Abwägung, politische Beschlüsse und deren Umsetzung) einfließen. Das Letztentscheidungsrecht verbleibt bei den gewählten Vertreterinnen und Vertretern im Rat und dessen Gremien sowie den Bezirksvertretungen.

... motiviert und unterstützt Gruppen, Initiativen und Organisationen in ihrem gemeinwohlorientierten Engagement und ihrer freiwilligen Beteiligung an der Entwicklung unserer Stadt.

... darauf ab, die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt und ihrer Quartiere zu Mitgestaltenden und Mitplanenden ihres Lebensumfelds und ihr Erfahrungswissen zur Grundlage von Planung zu machen.

... die Idee der Koproduktion mit der Stadtgesellschaft im Sinne eines gemeinsamen Stadtmachens und einer Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe. Dazu bezieht die Stadt Münster Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft zunehmend nicht nur in Planungs- und Entscheidungsprozesse mit ein, sondern befördert auch eine kooperative und koproduktive Realisierung von Projekten und Stadt(teil)entwicklungsvorhaben.

Sie evaluiert die Beteiligungsprozesse insbesondere auch aus Sicht der Teilnehmenden, wertet die Erfahrungen aus und entwickelt die Öffentlichkeitsbeteiligung reflektiert weiter.

Anwendung bei Vorhaben Dritter

Die Stadt Münster wird sich gemäß § 25 Abs. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW verstärkt dafür einsetzen, dass auch nichtkommunale Planungsträgerinnen und Planungsträger sowie Trägerinnen und Träger von Vorhaben Dritter die zuvor genannten Leitorientierungen beachten und die Öffentlichkeit dementsprechend beteiligen. 

Beteiligungskultur und stetige Weiterentwicklung

Diese Leitorientierungen sollen die Grundlage einer wachsenden Beteiligungskompetenz und -kultur bilden. Sie sind nicht als abschließendes Dokument zu verstehen, sondern als lernendes System und sollen auf Basis des Austauschs aller Beteiligten und begleitender Evaluation unter Berücksichtigung der Qualitätsstandards einer stetigen Weiterentwicklung unterzogen werden.

   

Ratsbeschluss

Diese Leitorientierungen hat der Rat der Stadt Münster am 9. Februar 2022 verbindlich beschlossen. Herunterladen als Dokument:
„Leitorientierungen für eine Gute Öffentlichkeitsbeteiligung – Kommunikation, Partizipation und Koproduktion in Münster“ mit weiteren Hinweisen.

Sie sollen verfahrensübergreifend die Qualität und Weiterentwicklung der mitgestaltenden Beteiligung in Münster stärken. Sie geben einen Orientierungsrahmen, der schrittweise münsterspezifisch weiterentwickelt wird.

Die Leitorientierungen liegen auch in Leichter Sprache vor. Herunterladen als Dokument: 
„Münster gemeinsam machen. So können alle Menschen in Münster mit-sprechen, mit-planen und mit-machen

Porträt Marc Gottwald-Kobras

Kontakt

Marc Gottwald-Kobras | Beteiligungsteam

02 51/4 92-61 37
beteiligung@stadt-muenster.de