Seiteninhalt
Geschichte und Geschichten: Der Goldene Hahn im Friedenssaal zu Münster
Ein Symbol der Gastfreundschaft
Er ist ein Symbol für Frieden und Gastfreundschaft - der Goldene Hahn. Angela Merkel, der Dalai Lama, Hans-Dietrich Genscher, Eduard Schewardnadse oder auch Vitali Klitschko tranken schon aus ihm. Damit ist der goldene Trinkpokal das wohl bekannteste Trinkgefäß in Münster.
Im Friedenssaal des historischen Rathauses wird die rund 42 Zentimeter hohe und mehr als 400 Jahre alte Tierfigur unweit eines bedeutsamen Pantoffels und Überresten einer abgetrennten Hand hinter dickem Sicherheitsglas aufbewahrt. Nicht allein wegen ihres reinen Materialwertes - der Hahn mit dem abnehmbaren Kopf und beweglichen Flügeln besteht größtenteils aus Silber, Vergoldungen sind angebracht -, sondern vor allem aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung: Seit dem späten 18. Jahrhundert wurde der Trinkpokal bei offiziellen Anlässen für besondere Gäste entsprechend eines Ratsprotokolls aus dem Jahr 1774 eingesetzt.
Fingerbreiter Ehrenschluck
Wer einen Schluck aus dem Hahn nimmt, der darf sich auch ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Aber nicht jeder Ehrengast, der sich im Goldenen Buch verewigt, darf auch aus dem Hahn trinken. Trotz einer Vielzahl von Empfängen in geschichtsträchtigem Rahmen gibt es nur wenige derart herausragende Momente, in denen der Goldene Hahn zum Einsatz kommen darf.
Getrunken wird dann der münstersche Hauswein - normalerweise ein trockener Riesling aus der Pfalz - der zuvor nur eine Fingerbreite hoch in den Trinkeinsatz des Hahns eingegossen wurde. Meistens ist es Weißwein, auf Wunsch des Gastes kann es auch mal ein Roter sein. Oder eben Wasser, wie es der Dalai Lama wünschte. Nach erfolgtem Ehrentrunk wird der Hahn gereinigt und zurück in seine Glasvitrine gestellt.
Goldschmiedearbeit aus dem 17. Jahrhundert
Aufgrund zweier "Beschauzeichen" – also Silberstempel – wird der Hahn Jörg Ruel (1598 bis 1625, Goldschmied aus Nürnberg) zugerechnet. Dessen Werk umfasste unter anderem weitere Gefäße in Tiergestalt.
Einige Werke werden in Museen aufbewahrt, weitere sollen sich in Privatbesitz befinden. Im Jahr 1863 wurde zudem eine nicht detailgetreue Nachbildung angefertigt für den Geh. Oberbaurat Wilhelm Salzenberg (1803 - 1887). Diese erhielt er im Folgejahr, als er zum Ehrenbürger der Stadt Münster ernannt wurde - Salzenberg hatte zwischen 1861 und 1863 den großen Festsaal im historischen Rathaus (Tonnengewölbe, 1944 zerstört) gebaut.
Sagenumwobenes Trinkgefäß
Wie der originale Goldene Hahn hingegen in den Besitz der Stadt Münster gelangte, ist nicht vollends belegt. 1621 ist dieser vom Rat selbst vermutlich auf einem regionalen Jahrmarkt erstanden – oder mindestens von einem Ratsherrn, der Kaufmann war, vermittelt worden und so in das städtische Silber gelangt. Doch weder genaues Kaufdatum noch konkreter Zustand oder damalige Nutzungsabsicht sind überliefert.
Dafür aber eine Sage, zu finden in der Bibliothek des Westfälischen Heimatbundes: Zur Mitte des 17. Jahrhunderts soll während der Belagerung Münsters und daraus resultierender Hungersnot ein Hahn aus Furcht vor dem Schlachter aufs Aegidii-Tor geflüchtet sein und lauthals gekräht haben. Die Belagerer hätten aufgrund des Krähens - und damit des Anscheins noch ausreichender Nahrungsmittel in der Bevölkerung - ihr Vorhaben als gescheitert angesehen und aufgegeben. Der Hahn wurde laut Sage schließlich gehegt und gepflegt, nach seinem Tode dann in Silber gegossen …
Sein insbesondere ideeller Wert für die Stadt ist unbestritten. Selbst als das städtische Ratssilber Ende des 18. Jahrhunderts für Porzellan veräußert werden sollte, behielten die Gruetherren der städtischen Finanzverwaltung den Goldenen Hahn in ihrem Besitz.
Informationen zum Friedenssaal
Ein Besuch des Friedenssaales im Historischen Rathaus am Prinzipalmarkt 10 ist unter Einhaltung der geltenden Corona-Schutzmaßnahmen möglich.
- Weitere Informationen auf der Homepage zum Friedenssaal im Historischen Rathaus