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Bernhard Pankok - ganz privat
30. April bis 4. September 2022
Am 16. Mai 1872 wurde in der Lütke Gasse 4 in Münster einer der bedeutendsten Künstler seiner Zeit geboren: Bernhard Pankok (1872–1943) war einer der führenden Kunsthandwerker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und Mitinitiator des Deutschen Werkbundes. Das Werk des Münsteraners, der eine akademische Ausbildung als Maler absolvierte, umfasst auch die meisten Gattungen des Kunsthandwerks, aber er schuf auch viele Gesamtkunstwerke im Bereich der Innenarchitektur.
Pankok nahm mit seinen Raumgestaltungen an einigen Weltausstellungen teil: Der nach den Entwürfen Pankoks eingerichtete Erkerraum in der Pariser Weltausstellung 1900 wird sogar mit dem „Grand Prix“ ausgezeichnet. 1913 wird Pankok zum Direktor der Stuttgarter Kunstgewerbeschule ernannt, die er bis zur Pensionierung 1937 leitet. Sie war eine der ersten Reformschulen für das Kunstgewerbe neuer Art.
Das Stadtmuseum Münster verfügt über einen umfangreichen Bestand an Kunstwerken Bernhard Pankoks aus allen Bereichen seiner Kunst. Die Museumsdirektorin Dr. Barbara Rommé freut sich: „Wir sind dankbar, dass der Förderverein Stadtmuseum Münster e.V. früh mit dem Erwerb von Kunstwerken Bernhard Pankoks begonnen hat. Darüber hinaus präsentieren wir in dieser Ausstellung eine große Anzahl von Papierarbeiten erstmals der Öffentlichkeit, die als Schenkung eines Enkels des Künstlers dem Museum übergeben wurden. Sie zeigen den Künstler und seine Familie ganz privat.“
Und so stellt sich die Ausstellung der Frage, wie war die Persönlichkeit hinter dem Namen? Anlässlich des 150. Geburtstags Bernhard Pankoks zeigt das Stadtmuseum deshalb ausschließlich Porträts und Aquarelle von Familienmitgliedern. Seine Rolle als liebevoller Familienmensch, der gerne selbstgemalte Gutscheine verschenkte, wird dabei in den Vordergrund gerückt.
Besonderes Highlight der Ausstellung sind vier Gemälde Pankoks von Familienmitgliedern sowie ein Selbstporträt des Malers, welche für diese Ausstellung in Originalrahmen des Künstlers präsentiert werden. Nach einer Firnisabnahme ist darüber hinaus das Bildnis von Aline Pankok aus dem Jahr 1924 in seiner differenzierten Farbwirkung wieder erlebbar.
Bernhard Pankok hielt seine Familie oft bei ihren alltäglichen Arbeiten in Zeichnungen und Druckgrafiken fest. Bemerkenswert an der hier präsentierten Auswahl ist, dass Pankok weniger gesellige Runden zeigt, sondern die Töchter und die Ehefrau, wenn sie ganz bei sich waren – wenn sie lesen oder handarbeiten. Eine Auswahl von sicher und virtuos ausgeführten Geburtstags- und Weihnachtskarten gibt zusätzliche Einblicke in das Privatleben der Familie. Ein besonderes Ausstellungsstück ist hierbei ein Geburtstagsgruß für Aline Pankok aus dem Jahr 1936: Das Aquarell zeigt Bernhard Pankok im Malerkittel, wie er über dem Sommerhaus der Familie in Baierbrunn schwebt. Er hält ein Füllhorn in der Hand aus dem sich Blumen ergießen. Von dem besonderen Humor Pankoks zeugt beispielsweise eine aquarellierte Karikatur. Es ist eine Rückansicht von ihm selbst mit Zielscheibe an seinem Gesäß. Das Blatt ist vielfach von Pfeilen perforiert und diente wohl als Zielscheibe für einen Wettbewerb im Kreise der Familie.
Bernard Pankok duzte zeit seines Lebens nur drei seiner Freunde; der aus Prag stammende Maler und Grafiker Emil Orlik (1870–1932) gehörte dazu. Erster Beweis dieser Freundschaft ist der ausgestellte Porträtholzschnitt Pankoks von Orlik aus dem Jahr 1897. Um diese Zeit begannen die beiden Künstler mit Holzschnitten zu experimentieren, und Pankok wählte seinen besten Freund zum Hauptmotiv. Schon im Jahr davor arbeiteten Pankok und Orlik zusammen bei der Zeitschrift „Jugend“ mit, welche die Bekanntheit der jungen Künstler enorm steigerte. Zahlreiche Porträts und Karikaturen Orliks von Pankoks Kindern in allen Altersstufen verdeutlichen, dass die Freundschaft die gesamte Familie umfasste und runden die Ausstellung ab.
Ergänzend zur Ausstellung ist in der Schausammlung des Stadtmuseum dauerhaft die Inszenierung des ehemaligen Wohn- und Speisezimmers aus dem Sommerhaus der Familie Pankok in Baierbrunn zu sehen. Viele der ausgestellten Werke malte er wahrscheinlich dort, wo der familienorientierte Pankok sich am wohlsten fühlte. Das von Pankok selbstentworfene und eingerichtete Haus, welches 1907 fertiggestellt wurde, ist inzwischen abgerissen worden. Das Wohn- und Speisezimmer seines Sommerhauses ist das einzige vollständig erhaltene Einrichtungsensemble des Künstlers und ist ein Glanzstück des Stadtmuseums. Es ist in Kabinett 23 zu sehen.