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Ausstellungen: Rückblick
An der "Heimatfront" - Westfalen und Lippe im Ersten Weltkrieg
9. August bis 5. Oktober 2014
Bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde der Stadtarchivar der damaligen Provinzhauptstadt Münster Dr. Eduard Schulte damit beauftragt, den Einfluss des Krieges auf das öffentliche und private Leben der Stadt Münster für die Nachwelt in Wort und Bild festzuhalten. So berichtete er am 1. August 1914 von der Verkündung der Mobilisierung durch den deutschen Kaiser in Berlin, die mit großer Begeisterung auf dem Prinzipalmarkt aufgenommen wurde: "Unvergeßlich für immer prägte sich den Menschen, die in jener denkwürdigen Stunde auf dem Markte standen, der endlose Jubelruf, der feierliche Gesang, das donnernde Hurra in das weit geöffnete Herz ein." So zogen Zehntausende in der Nacht zum 2. August mit wehenden Fahnen zum Schloss, noch nicht ahnend, wie dramatisch sich das Leben auch jenseits der Front in den Kriegsjahren verändern würde.
Ab dem 9. August wird die Wanderausstellung des LWL-Museumsamtes für Westfalen “An der Heimatfront – Westfalen und Lippe im Ersten Weltkrieg“ im Stadtmuseum Münster präsentiert. Das Stadtmuseum erweitert die auf die gesamte Region bezogene Ausstellung um münsterische Bezüge. Gezeigt werden etwa 200 Exponate aus Westfalen-Lippe, die überwiegend aus öffentlichen Sammlungen und auch aus Privatbesitz stammen. Einige Stücke überliefern eine persönliche Geschichte. Im Stadtmuseum ergänzen eine Fülle von Dokumenten, Fotos und Objekten aus Münster die Präsentation.
Die Ausstellung beleuchtet die Ereignisse aus der Perspektive der Zivilbevölkerung. Immer wieder wird deutlich, wie eng Front und die von Hunger und Entbehrungen gekennzeichnete 'Heimatfront' miteinander verknüpft sind. Niemand konnte sich diesem Krieg entziehen.
Die katastrophale Versorgungslage an der „Heimatfront“ wie auch die veränderten familiären Strukturen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Die Ernährungssituation wurde mit jedem Kriegsjahr schlechter und erreichte im berüchtigten "Steckrübenwinter" 1916/1917 einen Höhepunkt. Tausende fielen Hunger, Kälte und Krankheiten zum Opfer. Notgeld aus verschiedenen Städten, Fotos von Kriegsküchen, Marken für rationierte Lebensmittel, Gefäße, die auf die winzigen "Kriegsrationen" zugeschnitten waren, geben einen Einblick in den Kampf ums tägliche Überleben. Vor allem Frauen und Kinder traf der Krieg hart. Millionen Frauen mussten ihre Kinder allein aufziehen. Auch waren viele Heranwachsende Halbwaisen, schon Zeitgenossen beklagten ihre Verwahrlosung. Frauen waren nun aufgrund der an die Front eingezogenen Männer gezwungen, diese an typischen Männerarbeitsplätzen in der Industrie und im Verkehr zu ersetzen. So arbeiteten sie beispielsweise im Bergbau, in Straßenbahnen oder Laboren oder halfen beim Eisenbahnbau.
Zeitgleich lastete auf den Frauen der Druck zur freiwilligen "Liebestätigkeit" in karitativen Organisationen, um Hungernde und invalide Soldaten zu versorgen. Herausragende Beispiele bürgerlicher "Opferbereitschaft" zur Finanzierung solcher Kriegsfolgen sind Nagelschilde aus verschiedenen Kommunen: Auf Figuren oder in einem vorgezeichneten patriotischen Bildmotiv wurden eng gesetzte Nägeln eingeschlagen, für die man je Nagel eine festgelegte Spende zahlte. In Münster stand zum Beispiel der „Junggermane in Eisen“ auf dem Prinzipalmarkt. Schließlich ist auch die Fürsorge für invalide "Krieger" ein wichtiges Thema. Präsentiert werden Verhaltensregeln für den Umgang mit den "Kriegsbeschädigten", Spielzeug für die vielen Blinden, neuartige Prothesen und öffentliche Kennzeichen der Verwundeten. Ein für die westfälische Provinzialhauptstadt wichtiges Thema sind die drei großen Kriegsgefangenenlager, in denen fast 90.000 Gefangene untergebracht waren.
„An der 'Heimatfront'- Westfalen und Lippe im Ersten Weltkrieg“ wird bis zum 5. Oktober im Stadtmuseum Münster gezeigt. Zur Ausstellung sind auch ein Katalog zum Preis von 18 Euro sowie eine DVD zum Preis von 14,90 Euro erschienen.