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Ausstellungen: Rückblick
Wie damals auf dem Send ... Die mechanischen Schießhallen Schönhagen und Genert
29. März bis 31. August 2014
Musik, Zuckerwatte und Karussells - dreimal jährlich lockt der Send - und eine echte Schießbude darf da nicht fehlen! So manch einer Münsteranerin oder einem Münsteraner mag die historische Schießhalle Genert, ehemals Schönhagen, noch aus Kindertagen bekannt sein. Das Stadtmuseum Münster präsentiert mit der fast 130 Jahre alten Schießbude in der Ausstellung "Wie damals auf dem Send… Die mechanischen Schießhallen Schönhagen und Genert" eine der ältesten erhaltenen Anlagen ihrer Art in Deutschland. Erstmals wird die restaurierte Schießhalle wieder vollständig mit ihren über zwei Dutzend mechanischen Schießfiguren, den beiden 5,70 Meter und 5,10 Meter großen Fassadenensembles sowie den acht großformatigen Rollbildern ausgestellt.
Geschichte der Schießhalle
Mechanische Schießhallen waren seit etwa 1880 bis in die 1920er Jahren sehr beliebt beim Publikum der Jahrmärkte. Erste Schießbudenfiguren mit Bewegungsmechanismen gab es seit 1870. 1886 wurde die Schießhalle Schönhagen vom Nagelschmied Heinrich Schönhagen aus Schlangen begründet und 1920 an seinen Schwager Jacob Genert und später an Fritz Genert vererbt´, der seit 1956 in Münster ansässig war. Von Anfang an bestand sie aus zwei Buden mit einer Gesamtfrontlänge von fast elf Metern, die sowohl einzeln auf verschiedenen Märkten als auch zusammen auf einem Fest aufgebaut werden konnten. Spätestens in den 1950er Jahren wurde die breitere der beiden Buden in eine „Blumenbude“ umgewandelt, da man mit der altmodischen mechanischen Schießhalle nicht mehr genug Geld verdienen konnte. Auch stand der sehr aufwendige Aufbau in unrentabler Konkurrenz zu den modernen Schießwagen.
Budendekorationsmalerei
Ob hier ein Römer als Karikatur eines kaiserzeitlichen preußischen Generals mit Monokel und Handschuhen oder dort der dramatische Angriff eines Leoparden auf einen Urwaldbewohner - die neun Rollbilder sowie die beiden neuen und alten Fassaden präsentieren sich in der Ausstellung einer Gemäldegalerie gleich. Dabei entdeckt der Besucher zwei unterschiedliche Serien: drastische Jagdszenen und in derb komischer Weise gemalte Germanen- und Römerdarstellungen, die einst die Innenseiten der Bude schmückten. Mit ihren Darstellungen der Varusschlacht waren die Schießhal-len Schönhagen und Genert eine besondere Attraktion. Diese Bilder entstanden wohl um 1910 (bzw. die Fassaden in einer Neufassung von 1956) nach der Vorlage einer Postkartenserie von Arthur Thiele aus dem Jahr 1909. Im selben Jahr wurde besonders auch in der lippischen Heimat Heinrich Schönhagens das 1900-jährige Jubiläum der Varusschlacht ausgiebig gefeiert. Allerdings entbehren sowohl die Postkartenserie als auch die Bilder jeder Heldenverehrung, sondern verulken das preußische Militär ebenso wie den damaligen Germanenkult.
Mechanische Schießfiguren
Die Motive der Figuren und Scheiben sind sehr vielseitig und stellen neben der handwerklichen Arbeitswelt Märchen oder familiäre Alltagsszenen dar. Da die Schießhallen eher vom männlichen Jahrmarktspublikum besucht wurden, gab es auch erotische Motive oder Szenen, die ein scheinbar typisches weibliches Verhalten karikierten. Hergestellt wurden solche mechanischen Schießfiguren nur in wenigen Spezialfirmen in Deutschland. Sie verfügen über unterschiedliche Mechaniken, wie der Seilzug-, der Feder- oder der Drehmechanik. Damit die Schützen bei Regen im Trockenen stehen konnten, wurde der Schießtisch weit ins Innere der Bude gerückt. Bis 1971 reisten die liebevoll gepflegten Schießfiguren immer mit und waren eine besondere, nostalgische Attraktion der Schießhalle Fritz Generts. Danach wurde die Schießhalle durch einen modernen Schießwagen ersetzt. Seit 1986 gehört sie dem Stadtmuseum Münster.
Restaurierung/ Rekonstruktion
Die Schießhalle wurde im Laufe von 15 Jahren restauriert. Eine in der Höhe, Breite und Tiefe stark verkürzte Rekonstruktion der Sendbude ohne Schießtisch wird seit 1989 in der Schausammlung des Stadtmuseums gezeigt. Nicht alle Teile stammen aus der Gründerzeit der Schießhalle. Aber alle späteren Ergänzungen wurden stilistisch angepasst, so dass sie ihr einheitliches Erscheinungsbild behielt.
Die Ausstellung ermöglicht einen unbekannten Blick auf die Sendbude in voller Größe mit einer einstigen Grundfläche von insgesamt 27m². In ihrer Vollständigkeit mit allen Schießfiguren, Dekorationsstücken, Rollbildern, Gewehren und sonstigem Zubehör ist sie einzigartig. Die Präsentation führt zudem in die Geschichte der Schießhallen ein und im speziellen in die Historie dieser über mehrere Generationen hinweg betriebenen Anlage. Die Ausstellung „Wie damals auf dem Send… Die mechanischen Schießhallen Schönhagen und Genert“ ist bis zum 31. August 2014 im Stadtmuseum Münster zu sehen.
- Faltblatt zur Ausstellung (PDF, 280 KB)