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Kooperationen
Jedem Kind seine Stimme (JEKISS)
Das JEKISS-Konzept
Für die Stadt Münster hat die Westfälische Schule für Musik das Modell „Jedem Kind seine Stimme - Singende Grundschulen in Münster“ entwickelt. Mit JEKISS können 100 Prozent aller Grundschulkinder - das bedeutet wirklich jedes Kind, unabhängig vom kulturellen, finanziellen oder familiären Hintergrund - mit einem elementaren Angebot musikalischer Bildung erreicht werden. Singen ist die elementarste Form des Musizierens. Es ermöglicht kulturelle Identität und fördert den interkulturellen Dialog. Singen kommt ohne Instrument aus und braucht keinen kostenintensiven Unterricht. Der Einstieg in die Welt der Musik wird vielmehr leicht gemacht. Regelmäßig singende Kinder entwickeln ein Gefühl für Form, Rhythmus und Metrum, lernen musikalisch zu phrasieren und sich auf der Bühne zu präsentieren. So kann bereits mit intensivem Singen eine vollwertige Grundmusikalisierung der Kinder erreicht werden. Singen bietet deshalb auch gute Voraussetzungen für Instrumentalspiel jeglicher Art.
Die Idee
Die Idee und das pädagogische Konzept stammen von Inga Mareile Reuther, Musikpädagogin an der Westfälischen Schule für Musik. Das Besondere von JEKISS ist die Kombination von Kinderchorarbeit und Lehrerfortbildung. Mit dieser Kombination gelingt es, die ganze Schulgemeinschaft zu musikalisieren. Hierbei erfahren die Kinder eines Schulchores die intensivste Förderung. Er ist die Keimzelle einer „Singenden Grundschule“. Parallel dazu erhalten alle Lehrkräfte der Schule, unabhängig von ihrer schulfachlichen Qualifikation, eine intensive Fortbildung, die sie befähigt, das Singen als tägliche, musikalische „Grundnahrung“ in den Schulalltag einfließen zu lassen. Dies gelingt umso leichter, da es in jeder Klasse einige Kinderchormitglieder gibt, die mit dem gemeinsamen Liedgut vertraut sind und die anderen „mitziehen“.
So wird schließlich die ganze Schulgemeinschaft zu einer „singenden Grundschule“, die in der Lage ist, bei regelmäßigen Schulsingen in Turn- oder Pausenhalle, bei Schulfesten oder Gottesdiensten singend ein identitätsstiftendes Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen, dessen Intensität seines gleichen sucht.
Qualität und Nachhaltigkeit
Speziell ausgebildete Chorlehrkräfte der Westfälischen Schule für Musik sichern an den Grundschulen die Singqualität, die Singmotivation und das lebendige Liedgut. Die Grundschullehrkräfte sorgen gemeinsam mit den Kindern aus dem Schulchor als Multiplikatoren für das nötige Training in den Klassen. Denn Lieder wandern erst in „Ohr und Bauch“, wenn sie oft gesungen werden. Egal ob Schulkind oder Lehrkraft: Singen in den Alltag zu integrieren benötigt Zeit, Struktur und Routine. Umso wichtiger ist es, das Projekt nachhaltig zu verankern. Deshalb bleibt die Chorlehrkraft der Musikschule auch nach Abschluss der einjährigen Lehrerfortbildung an der jeweiligen „Singenden Grundschule“ und leitet weiterhin den Schulchor und die Schulsingen. Sie steht ebenfalls im ständigen Austausch mit dem Grundschulkollegium. Gerade die Kontinuität der professionellen Betreuung sichert dauerhaft die Qualität und die Nachhaltigkeit des Projektes. Verlässt ein Kind nach vier Jahren seine „singende“ Grundschule, nimmt es auf seinen künftigen Lebensweg ein umfangreiches und vielfältiges Repertoire auswendig gelernter Lieder mit.
Erfolgsgeschichte
Was im Herbst 2007 als Modellprojekt begann, ist inzwischen für mehr als 60 Prozent der Grundschulen in Münster Normalität: Das tägliche Singen in der Klasse, regelmäßige Schulsingen der ganzen Schulgemeinschaft und die im Stundenplan fest verankerten Schulchöre. Heute nehmen 24 Grundschulen an JEKISS teil. Damit singen rund 6.000 Grundschüler/innen täglich! Davon sind 1.500 Kinder in 46 Schulchören aktiv, wo sie neben dem Erlernen des Liedgutes eine intensive Stimmbildung erhalten. Auch bei der Fortbildung der Grundschullehrkräften fällt die Bilanz positiv aus: So haben bislang 210 Grundschullehrkräfte freiwillig an der JEKISS-Lehrerfortbildung „Singen mit Kindern“ teilgenommen.
Auch außerhalb Münsters überzeugt die Kombination von Schulchor, Lehrerfortbildung, täglichem Singen in den Klassen und regelmäßigen Singtreffen der ganzen Schulgemeinschaft mehr und mehr Städte und Kommunen. So wurden mit über fünfzig weiteren Schulungen und Vorträgen in 27 Städten in insgesamt elf Bundesländern und sogar Österreich und der Schweiz rund 1.500 weitere Musikpädagogen und Lehrkräfte in JEKISS fortgebildet.
Evaluation
Das Projekt wurde von August 2008 bis Juli 2010 wissenschaftlich begleitet und evaluiert von Dr. Erich Beckers (Projektleiter) von der Technischen Universität Braunschweig und Melanie Özdemier M.A. Pünktlich zum Ende der Modellphase und zu Beginn der Implementierung von JEKISS in das Regelangebot musikalischer Bildung in Münster erschien der Zwischenbericht der Evaluation Dieser attestiert dem Projekt in allen Evaluationskriterien beste Ergebnisse: Es sei ein ausgesprochen praxistaugliches Projekt, das nahezu alle schulischen Bereich durchdringe, JEKISS habe positiven Einfluss auf die Außenwirkung einer Schule, das Schulklima, das Kollegium, das Schülerverhalten und den Unterricht, JEKISS mache das Schulklima fröhlicher, die Schüler musikalisch aktiver und aufmerksamer und bereichere den Unterricht, das Projekt sei organisatorisch gut und musikalisch sehr gut umgesetzt und erfülle die Erwartung der Schulleitungen zu 95% in höchstem Maße. Die äußerst positive Bewertung beruht nach den Untersuchungsergebnissen auch auf der Tatsache, dass nicht nur im Musikunterricht, sondern in allen Fächern gesungen wird; JEKISS gehört zum Unterrichtsalltag. "Da JEKISS sowohl die Lehrkräfte als auch die gesamte Schülerschaft und die Schulleitungen mit einbezieht, wird es als identitätsstiftendes Gemeinschaftsprojekt empfunden."
Der 35 Seiten starke Zwischenbericht kann als PDF heruntergeladen werden:
Zwischenbericht zur Evaluation
(PDF, 441 KB)
Förderung und Unterstützung
Das auf drei Jahre angelegte Modellprojekt endete im Juli 2010. Die Gesamtkosten von 250.000 Euro stellten das Land Nordrhein-Westfalen, die Sparkasse Münsterland Ost und die Stadt Münster zur Verfügung. Zusätzliche Unterstützung leisteten der Lions-Club Münster Annette von Droste-Hülshoff und die Terfloth-Stiftung.
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