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Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
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Adolf-Reichwein-Straße

Stadtbezirk:Münster-Nord
Statistischer Bezirk: Kinderhaus-West
Entstehung: 1985
Amtsblatt: 13/1985
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Adolf Reichwein (1898-1944) Pädagoge, Sozialdemokrat, Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime

Adolf Reichwein war in der Zeit der Weimarer Republik ein bekannter Lehrer und Reformpädagoge. Er gilt als Wegbereiter der modernen Erlebnispädagogik und als Verfechter der auf dem ethisch-humanitären Gemeinschaftserlebnis begründeten Lehrerausbildung. Aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Kreisauer Kreis und den Verbindungen zu Stauffenberg, wurde Adolf Reichwein in einem Schauprozess zum Tode verurteilt und 1944 in Berlin-Plötzensee erhängt.
Quelle im Internet: www.mdr.de

Heute tragen mehr als 30 Schulen und pädagogische Einrichtungen sowie zahlreiche Straßen und Plätze in Deutschland Reichweins Namen. Sie erinnern nicht nur an einen bedeutenden Reformpädagogen, dessen Konzeptionen von aktuellem Interesse geblieben sind, sondern halten auch die Erinnerung an einen sozialen Demokraten und Widerstandskämpfer lebendig, dem übersteigerter Nationalismus zuwider war, und der sich selbst als "europ. Planetarier" bezeichnet hat.
Quelle im Internet: Neue Deutsche Biographie
 

'Vater war ein sehr idealistischer Mann'
Am 4. Juli 1944 verhaftet die Gestapo in Berlin einen Mann. Kurz zuvor hatte er sich mit einem Mitglied des kommunistischen Widerstandes getroffen. Einen besseren Grund braucht das Nazi-Regime nicht, um den 46jährigen Familienvater des Landesverrats anzuklagen. Nach drei qualvollen Monaten im Gefängnis folgt ein Schauprozess vor dem Volksgerichtshof. Das Urteil steht von vornherein fest: Am 20. Oktober 1944 wird der Angeklagte zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee erhängt. Sein Name: Adolf Reichwein.

Seit Anfang der 80er Jahre trägt eine Straße in Kinderhaus den Namen des Pädagogen, der vor über 100 Jahren im hessischen Bad Ems geboren wurde. Dabei hatte Adolf Reichwein zu seinen Lebzeiten keinen besonderen Bezug zu Münster. Doch gerade in dieser Stadt wird er an seinem Geburtstag nicht vergessen. Schließlich lebt sein Sohn hier.

Roland Reichwein ist unter anderem im Vorstand des "Adolf-Reichwein-Vereins", der den Nachlass seines Vaters verwaltet. Und natürlich ist er zu vielen der über 30 Gedenkveranstaltungen eingeladen, die im Oktober stattfinden.

"Mein Vater war ein sehr idealistischer Mann", sagt Roland Reichwein, Professor für Soziologie an der Universität Münster. In seinem Regal stehen fast alle Bücher, die je von oder über Adolf Reichwein veröffentlicht wurden. Die meisten davon beschreiben einen Mann, der still und beharrlich seinen Weg ging.

Trotzdem war es ein langer Weg vom Pädagogen zum Kämpfer gegen Hitler. Als 18jähriger im Ersten Weltkrieg schwer verwundet, kommt Adolf Reichwein zurück mit der Idee, die Jugend künftig zur Demokratie zu erziehen. Er studiert in Frankfurt und Marburg und geht als junger Doktor der Philosophie 1923 nach Jena, um dort die neue Volkshochschule zu leiten.

An der Pädagogischen Akademie Halle führt Adolf Reichwein ab 1930 das neue pädagogische Konzept der Volksbildung fort, lehrt als Professor für Geschichte und Staatsbürgerkunde, schreibt Bücher. 1933 dann das Aus: Reichwein, seit einigen Jahren SPD-Mitglied, wird nach der Machtergreifung Hitlers beurlaubt. Trotzdem entschließt er sich, in Deutschland zu bleiben: "Er war wohl der Meinung, dass die Nazis sich nicht lange an der Macht halten könnten und der Spuk bald vorbei sei", meint Roland Reichwein.

Sein Vater zieht sich ins Brandenburgische zurück und unterrichtet bis 1939 als Lehrer an der einklassigen Volksschule. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bekommt Adolf Reichwein in Berlin Kontakt zum "Kreisauer Kreis", einer Widerstandsgruppe um den Adligen Helmuth James von Moltke..

Als Moltke Anfang 1944 verhaftet wird, sucht Adolf Reichwein, designierter Kultusminister einer Nachkriegsregierung, Unterstützung beim kommunistischen Widerstand. Doch einer der KPD-Männer, mit denen sich Reichwein und sein Freund Julius Leber treffen, ist ein Gestapo-Agent, der die "Kreisauer" an die Nazis verrät.

Seinen letzten Brief schickte Adolf Reichwein nur wenige Stunden vor seiner Hinrichtung an seine Frau. "Möge Gott Euch stärken, das Schwere zu überwinden und das Leben in Stärke fortzusetzen", schrieb er da. "Die Kinder, in eine Zukunft hineinwachsend, seien Dir Trost und später Freude. Dir mein ganzes Herz! Dein Adolf."
Autor: Jörg Gierse.
Quelle: Westfälische Nachrichten am Freitag, den 2. Oktober 1998.

 

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