Wie teuer ist eine Umbenennung für Betroffene?
Die formale Umstellung der Straßennamen und der Adressen von Betroffenen erfolgt größtenteils automatisiert. Die Verwaltung informiert Behörden, Brief- und Zeitungszusteller, Hersteller von Navigationssystemen oder Karten und Telekommunikationsanbieter oder auch die Taxizentrale. Diese Datenübermittlung ist für die Grundstückseigentümer*innen und Anwohnenden kostenfrei. Auch für die Änderung der Adresse im Personalausweis oder im Fahrzeugschein beim Amt für Bürgerangelegenheiten werden keine Gebühren erhoben.
Versicherungen oder andere Stellen, bei denen adressbezogene Daten gespeichert werden, müssen die Anwohner*innen selbst kontaktieren.
Individuelle Kosten etwa für den Neudruck von Visitenkarten oder Firmenwerbung können anfallen und werden nicht von der Verwaltung übernommen. Allerdings haben Anwohner*innen und Eigentümer*innen für die Umstellung der Adressen drei Jahre Zeit. Erst dann ist nur noch der neue Straßenname gültig.
Kommen Briefe mit alter Adresse noch an?
Für eine Übergangszeit von drei Jahren bleiben die alten Straßennamenschilder stehen. Sie werden rot durchgestrichen und hängen unterhalb des neuen Namens. Brief-, Post-, Zeitungs- und Paketzusteller erhalten automatisch eine Nachricht über die Adressänderung und können in der Regel auch über die Übergangszeit hinaus die Adressen noch zuordnen. Trotzdem muss mit dem Umbenennungsbeschluss die neue Adresse verwendet werden.
Muss ich meinen Personalausweis ändern lassen?
Der Personalausweis und Fahrzeugscheine müssen geändert werden. Erfolgt die Ummeldung aufgrund einer Straßenumbenennung, erhebt das Amt für Bürgerangelegenheiten hierfür keine Gebühren.
Wer sich ummelden will, kann sich auch mit schriftlicher Vollmacht vertreten lassen. Außerdem sollten die Anwohnenden der umbenannten Straße - wie bei einem Umzug - alle Stellen informieren, bei denen ihre Adresse registriert ist. Grundstückseigentümer*innen müssen alle sonstigen Stellen informieren, bei denen grundstücksbezogene Daten registriert sind, zum Beispiel Gebäudeversicherungen.
Kann ich selber einen Vorschlag für die Namensbenennung machen?
Ja. Für Straßenbenennungen wird beim Vermessungs- und Katasteramt eine Vorschlagsliste geführt. Bei der Benennung neuer Straßen wird geprüft, ob sich für einen der Namen aus der Vorschlagsliste ein inhaltlicher oder örtlicher Zusammenhang mit der neuen Straße finden lässt. Vorschläge für Straßennamen können beim Vermessung- und Katasteramt z.B. per E-Mail an strassennamen@stadt-muenster.de formlos eingereicht werden.
Darüber hinaus gibt es in der Gemeindeordnung NRW mit dem §24 die Möglichkeit, ein „Anliegen“ zu formulieren: Alle Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde, in diesem Fall der Stadt Münster, dürfen Vorschläge einreichen, mit denen sich die Verwaltung und das zuständige politische Gremium beschäftigen muss. Sie erhalten in jedem Fall eine Antwort. Ob die gewählten Mitglieder der Bezirksvertretungen oder des Rats der Stadt in Ihrem Sinne entscheiden, ist damit nicht gesagt.
Die Stadt hat sich selbst einige Vorgaben gesetzt, was Straßennamen betrifft. So soll etwa in nächster Zeit der Anteil von Frauen, die durch Straßennamen geehrt werden, erhöht werden. Grundsätzlich sind die politischen Gremien frei in ihrer Entscheidung. Das gilt auch bei der Frage, wie die Vorschläge der Einwohnerinnen und Einwohner bewertet werden.
Dürfen Anwohner*innen selbst über ihre Straße entscheiden?
Alle Bürger*innen haben die gleichen Rechte. Das ist im Grundgesetz verankert. Es mag sein, dass Anwohnenden ihr Straßenname wichtiger ist als anderen Mitmenschen. Daraus leitet sich aber kein höheres Mitbestimmungsrecht ab.
Allerdings ist die Politik aufgefordert, die Belange von Anwohnenden bei ihren Entscheidungen besonders zu berücksichtigen: Sind die Folgen einer Umbenennung unannehmbar? Können Betroffene angemessen unterstützt werden? Wurden in Streitfällen ausreichend Informationen verteilt?
Haben wir nicht dringendere Probleme?
Das mag sein. In unserer demokratischen Verfassung hat jeder Einwohner und jede Einwohnerin Münsters das Recht, eine Straßenumbenennung vorzuschlagen. Mit Vorschlägen aus der Bürgerschaft müssen sich die gewählten Gremien beschäftigen. Sie entscheiden auf Grundlage intensiver Diskussionen und Abwägung der Argumente.
Straßennamen zeigen weithin öffentlich sichtbar, welche kulturellen und gesellschaftlichen Werte eine Stadtgesellschaft sich selbst geben möchte: In der Debatte um umstrittene Ehrungen vergewissern wir uns dieser gemeinsamen Werte. Es gibt dringendere Probleme, aber für die Frage, wie wir uns zu unserer Geschichte positionieren, sind diese Debatten wichtig.
Straßennamen verweisen auf gemeinsame Geschichte(n), sie können bestimmte Elemente der Vergangenheit in Erinnerung halten. Was auf einen Straßennamen kommt, hat einen besonderen Erinnerungswert und soll etwa Persönlichkeiten einen ehrenden Platz im öffentlichen Gedächtnis sichern.
Warum gibt es Diskussionen über Straßennamen?
Unser Verhältnis zur Vergangenheit und zu gesellschaftlichen Normen oder Werten wandelt sich. Das ist auch gut so. Was früher als ehrenwert galt, muss es heute nicht mehr sein: Kolonialismus, Nationalismus und Militarismus oder sogar Nationalsozialismus sind Ideologien, von denen sich demokratisch gesinnte Menschen und Behörden deutlich distanzieren. Das führt zur Frage, wie man am besten mit Straßennamen umgeht, die diese Werte mehr oder weniger direkt vermitteln.
Bisher werden Straßennamen mit einer ehrenden Absicht vergeben. Ist eine Persönlichkeit oder ein "Erinnerungsort" nicht mehr ehrenwert, muss über eine Umbenennung nachgedacht werden. Die Umwandlung der Ehrung in eine Mahnung macht eine Erklärung notwendig, die zum Beispiel auf Stadtplänen oder digitalen Karten nicht sichtbar ist.
Können die strittigen Namen nicht beibehalten und als Mahnung verstanden werden?
Am Straßenschild selbst lassen sich Hinweistafeln anbringen, die einen Namen und den Benennungskontext kritisch einordnen. Auf Stadtplänen, Online-Karten oder Navigationssystemen fehlen diese Informationen. Wer (online oder analog) auf Münsters Stadtplan blickt, kann über die Straßennamen Rückschlüsse auf die Identität der Stadt ziehen: Wirken Straßen wie aus der Zeit gefallen, unangemessen, oder gar kriegsverherrlichend und demokratieverachtend? Deutschlandweit werden Straßenbenennungen als Ehrung verstanden. Die Umwandlung einer ursprünglichen Ehrung in eine mahnende Erinnerung wäre andernorts nicht nachvollziehbar.
Gibt es bei Straßenumbennungen auch neue Hausnummern?
Wenn möglich, werden keine Änderungen vorgenommen. Fast immer können alle Anwohnenden ihre alten Hausnummern behalten. Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise wenn eine Straße zu einer bereits bestehenden Straße zugeschlagen wird, werden Änderungen in den Hausnummern erforderlich. Dann müssen die Hauseigentümer*innen ihr Haus mit der neuen Nummer kennzeichnen. Die alte Hausnummer soll für die Übergangszeit von drei Jahren nicht entfernt werden, sondern rot durchgestrichen sichtbar bleiben.