A bis Z

Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W Y Z 

Suche

An der Meerwiese

Stadtbezirk:Münster-Nord
Statistischer Bezirk: Coerde
Entstehung: 1998
Amtsblatt: Jan.99
im Stadtplan anzeigen

Meerwiese ist ein in dieser Gegend überlieferter Flurname.

 

Westfalen liegt am Meer

Das langgestreckte Wörtchen Meer findet sich vielerorts in alten Flurnamen Norddeutschlands und Westfalens. Es gehört zum indogermanischen Wortschatz und ist eng mit dem lateinischen "mare" verwandt. Als "meri" und "mere" ist es in der deutschen Sprache des Mittelalters überliefert. Es wurde zum Grundbegriff für die Bauern und hat in der Landschaft der Flurnamen im Laufe der Zeit viele Schreib- und Sprechweisen angenommen: Meer, Mehr, Mer, Mähr, Mäar, Miär, Mier, Märe, Mere, Maer.

Das Meer und die Meer
Auch das grammatische Geschlecht des Wortes hat sich gewandelt. In norddeutschen Gefilden ist es fast immer Neutrum, die Bauern sagten also: das Meer. In Westfalen − und nur hier − ist das Wort weiblich geworden. Hier sagten die Menschen vielerorts: die Meer. Bei Bochum beispielsweise gibt es eine Parzelle in der Mehre, in Grevel bei Dortmund auf der Mähr, in Gelsenkirchen in der Mehr, in Bockum-Hövel die Mer.

Doch das Neutrum findet sich in etwa gleicher Zahl ebenfalls in Westfalen, hat der Flurnamenforscher Gunter Müller herausgefunden. Er zitiert die Beispiele in't Määr in Stadtlohn, op het Meer in Hoxfeld, dat Meer in Borkenwirthe, Ramsdorf, Ahlen sowie in Bergheim im Kreis Höxter oder auch nasses Meer in Rebbeke im einstigen Landkreis Büren.

Mit großen Binnengewässern oder gar mit dem offenen Ozean haben die Meer-Flurnamen nichts zu tun. Vielmehr erinnern sie an ausgedehnte Wasserflächen, aber auch an frühere kleine Teiche, an sumpfige Äcker und Wiesen − und bisweilen auch an einen ganz gewöhnlichen Feuerlöschteich. Andere Parzellen dieses Namens standen wohl nur zeitweise unter Wasser. Immer aber weisen sie auf feuchte Landstriche hin, wie auch der Blick auf die jeweiligen Nachbarflächen zeigt: In Schöppingen beispielsweise lag die Meerbraide unweit des Finnenkamp - dieser Name weist auf moorige Flächen hin. In Coesfeld findet sich der Meersch in der Nähe der Parzelle de Well, benannt nach einer Wasserquelle.

Alt und wasserreich
Das Meer ist nicht nur in Flurnamen zu Hause, sondern als angehängtes "-mar" auch in vielen Ortsnamen wie etwa Geismar, Hadamar, Obervellmar, Weimar, das es gleich drei Mal gibt: bei Kassel, bei Marburg und in Thüringen. Ortsnamen mit "mar" gibt es auch in Westfalen:

  • Weitmar ist ein ehemaliges Dorf, heute Stadtteil von Bochum.
  • Leitmar liegt bei Brilon.
  • Horstmar heißt sowohl ein Stadtteil von Lünen auch eine ländliche Kleinstadt im Kreis Steinfurt.
  • Liesmar hieß eine Dorfsiedlung bei Großeneder im Warburger Land und ist im 17. Jahrhundert wüst gefallen.
  • Die Stadt Hemer ist hier ebenfalls zu nennen, denn sie hieß ursprünglich "Hadamar"
  • Meerhof bei Büren ist um 1170 als "Ostmere" genannt.

Auch alte, teils untergegangene Bauerschaften wie Helmern im Warburger Land, Schorlemer bei Sendenhorst unweit von Warendorf oder Semer bei Holtwick im Kreis Coesfeld sind hier zu nennen.
Die Flurnamen mit -mar und Meer sind sehr alt, weisen also auf die ältesten Siedlungen der Region hin, und sie erinnern an eine wasserreiche Landschaft. Wie sie aussah, wird in etlichen Meer-Flurnamen genauer beschrieben. Da findet sich

  • der flache Teich, der Pfuhl oder die Pfütze (-Meerpohl in Darup, Horn bei Detmold oder Brosen bei Lemgo),
  • die tiefe Grube bzw. das stehende Gewässer einer Bodenvertiefung (An der Meerkuhle in Heek, Coesfeld, Veltheim an der Weser oder Greven),
  • der noch tiefere Tümpel, das Wasserloch (Mährenkolk in Borkenwirthe) oder
  • der Teich (Merdiek in Südkirchen, ähnlich in Sende bei Verl, Hesselteich bei Halle, Stuckenbrock und Everswinkel).

All diese und ähnliche Flächen wurden spätestens im 19. Jahrhundert trockengelegt und taugten dann für Grünlandwirtschaft, ja sogar für Ackerbau. Das zeigen Flurnamen wie Meerwisch, Meerwieske in Lengerich, Meermaote, Meeresch in Coesfeld, Meerbree in Ammeloe bei Vreden, Sendenhorst, Mährestück in Deilinghofen bei Hemer und Meeracker in Saerbeck.
Quelle: Gisbert Strotdrees, Im Anfang war die Woort - Flurnamen in Westfalen, Ardey-Verlag Münster, 2018

Das Wort findet sich in den Straßennamen An der Meerwiese, Boverste Meer, Unnerste Meer, Lerschmehr, Meerhook und in vielen Ortsnamen wie Horstmar, Hoetmar, Dackmar, Mehrhoog, Mehringen.

Gehört zum Thema: