Asche
An der Mauritzstraße gab es bis im 18. Jahhundert einen Althof, der de Aske genannt
wurde.
Quelle: Dr.
Karl-Heinz Kirchhoff, handschriftlich, 30.5.2001
Zeitweise trug die Asche auch den Namen Buckstiege nach von Bucks Hof oder auch
Compagnien-Stegge von der St.-Compagnie-Bruderschaft her.
Quelle: Wilhelm Kohl in: Münstersche
Zeitung, 22.9.1958
Der merkwürdige 600 Jahre alte Haus-Name 'in der Asche' an der
Mauritzstraße
Von Karl-Heinz Kirchhoff
Schon 1987/88 und nun wieder kann auf dem sog. Asche-Platz eine archäologische Grabung durchgeführt werden mit dem Ziel, Spuren der mittelalterlichen Bebauung zwischen Alter Steinweg und Mauritzstraße zu finden. Gelegentlich taucht dabei die Frage auf, was es mit der 'Asche' auf sich habe.
Die Bezeichnung 'Asche' haftet seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts an einer Stiege oder Gasse, die vom Alten Steinweg zwischen den Häusern Nr. 12 und 13 zur Mauritzstraße führte. Die alte Gasse lag an der Stelle der heutigen westlichen (=stadteinwärts) gelegenen Fahrspur der nach 1945 stark verbreiterten und von Parkstreifen geteilten Straße. Um es vorweg zu sagen: die historische Ortsbezeichnung 'in der Asche' gehört weder zum Parkplatz noch zu dieser Straße, sondern sie ist von einer unweit gelegenen Stelle hierher transferiert worden. Die Gasse hieß im Jahre 1589 und noch im Alderdinck-Plan 1636 Bucks-Stiege und war - wie bei kleinen Gassen üblich - nach einem Anlieger benannt, nach dem Hof der Erbmänner Buck am Alten Steinweg 13 - 14. Im Stadtplan von P. Schmitz 1695 heißt die Gasse 'in der Companie', desgl. in der Kopie des Planes um 1771. Das Edikt betr. Straßen- und Flußpolizei vom 23. Febr. 1786 nennt die Compagnien-Stegge im Text zwischen Withover-Stegge und Alter Steinweg. In diesem Namen vermutet Eugen Müller (1927) einen Hinweis auf ein (bisher aber nicht nachgewiesenes) hier gelegenes Kneiplokal der St. Annen-Bruderschaft, die auch Cumpanie genannt wurde. Der von Müller ebenfalls zur Asche gezogene Beleg einer Plöniesstegge gehört aber zur Bolandsgasse.
Einige Jahrzehnte später, um 1820, ist die Bezeichnung 'Asche' auf ihrer Wanderung über den Bült in der Compagnien-Stegge angekommen (siehe unten) Ausgangspunkt dieser Namenswanderung war das an der Nordostseite des Straßenzuges Bült-Mauritzstraße, gegenüber der Einmündung der Bucksstiege gelegene Hausgrundstück, für das seit ca. 1370 die Bezeichnungen 'in der Assche, die Asche oder de Aske' belegt sind. Die Gebäude wurden 1769 unter den Nr. 1839 - 1843 in das Kataster der Feuerversicherung eingetragen, das Haupthaus mit einem Wert von 300 Talern, vier Nebenhäuser mit je 100 Talern. Bei der neuen Numerierung 1784 erhielten die Häuser die Nr. 331 - 335 der Lamberti-Leischaft, dann bekamen sie 1873 die Hausnummern Bült 9 - 12, später Bült 29. Nach der Zerstörung im Bombenkrieg und Begradigung der Straße steht dort heute das Haus Mauritzstraße 3.
Das Grundstück war ein bischöfliches Lehngut, wie Joseph Prinz (1960) feststellte. Der
jeweilige Lehnsmann beanspruchte daher Immunität, d.h. Freiheit von städtischen Pflichten und
Abgaben.
Die Stadt sah das nicht gern, war aber angesichts der Rechtslage machtlos, monierte es jedoch,
als der Inhaber um 1570 (der Stadt zum Spott?) einen Reichsadler an den Giebel des Hauses malen
ließ, als genieße er sogar die kaiserliche Freiheit. Im Jahre 1631 heißt es, es sei eine freie
Behausung mit drei oder vier Nebenhäusern, gelegen am Ende der Mauritzstraße, früher
Brouwering, nun seit vielen Jahren 'die Asche' genannt. Als Lehensträger bzw. als
Besitzer belegt sind um 1370 eine Familie Bruwerinck, 1384 bis 1536 die Erbmänner Clevorn, 1544
bis 1726 die Erbmänner von der Tinnen, ab 1728 die v. Ketteler zu Harkotten. Rudolf von der
Tinnen (1612 - 1702) bezeichnete 1643 in seinem Pachtbuch das Haupthaus des Grundstücks am Bült
als 'Hof', genannte 'die Asche'; das Haupthaus und die vier Nebenhäuser
(Gademe) waren vermietet. Einige Jahrzehnte später war es (zumindest bei den Schreibern der
städtischen Steuerlisten) in Vergessenheit geraten, daß es sich um den Beinamen eines Hauses
handelte. 'In der Asche' konnte ja auch als Lagebezeichnung, als Straßenname
verstanden werden. So erscheinen in Steuerliste der Jahre 1661/85 die zwischen der Ecke
Bült/Wevelinghofer Gasse und dem Anfang der Mauritzstraße gelegenen Häuser unter der Ortsangabe
'in den Aschen'. Noch einmal verzeichnet die Straßenaufmessung von 1726 am Bült das
große Grundstück des 'Herrn von Tinnen, in der Asche genannt', aber bei der
Wiederholung der Aufmessung 1728 ist die Angabe 'in den Asken' zwischen Corduanen- und
Mauritzstraße wie der Name einer Straße eingeschoben, an der die fünf vermieteten Häuser
(Haupthaus und 4 Nebenhäuser) liegen. Die ehemalige Buckstiege ist 1728 als namenlose
'kleine Stiege' aufgeführt, die nach Norden in das Straßenstück 'in der
Asche' einmündet. Damit hatte sich der Hausname 'Asche' von dem Grundstück gelöst
und seine Wanderung nach Süden angetreten. Hier ist daran zu erinnern, daß die Straßennamen
Münsters außerhalb der Hauptstraßen noch im 18. Jahrhundert durchaus nicht festlagen. So galt
z.B. im Gebiet zwischen Hörsterstraße und Mauritzstraße der alte Flurname 'up'n Bülte'
noch lange Zeit als Adresse neben den schon vorhandenen Straßennamen Ritterstraße,
Korduanengasse, Withoferstiege.
Als am Anfang der preußischen Zeit (nach 1815) die Straßen und Grundstücke der Stadt Münster für das Steuer-Kataster aufgemessen und der erste exakte Stadtplan (das Urkataster) gezeichnet wurde, ergab sich die Notwendigkeit, die Straßennamen genau zu lokalisieren. Der ehem. münsterische Lieutenant und Geometer Joseph F. Sindern (1777 - 1822) verschob die Bezeichnung des Straßenabschnitts 'in der Asche' etwas nach Süden und trug den Namen 'Asche' für die ehem. Bucks- oder Compagnienstegge in seine Katasterkarte 1810 ein. Dies übernehmen die auf Sinderns Karte fußenden Stadtpläne von v. Manger (1839), Hundt (1862) und die folgenden. Dabei blieb es. Der Bombenkrieg 1943/45 hinterließ hier ein Trümmergelände, das westlich der Asche als Parkplatz genutzt wurde. Mit der Übertragung des Namens auf diesen bis zur Kirchherrengasse reichenden Platz entfernte sich 'die Asche' noch weiter von ihrem ursprünglichen Standort. - Es wäre zu wünschen, daß künftig bei der Namensgebung der hier geplanten Gebäude dieser Irrtum nicht festgeschrieben wird.
Was bedeutet 'die Asche'? Joseph Prinz, der Autor der großen Stadtgeschichte Münsters, schloß aus dem Familiennamen Bruwerinck, es habe sich um ein bischöfliches Brauhaus gehandelt; es könne bis in die Frühzeit der Marktsiedlung im 11. Jahrhundert zurückreichen und damit als ältestes Gruethaus aus vorstädtischer Zeit gelten, - doch sei der Phantasie hier einiger Spielraum gelassen (Mimigernaford-Münster, S. 91 f., 156, 163). Dieser Spielraum mag auch für die Deutung des Hausnamens in Anspruch genommen werden.
Das niederdeutsche Wort Ask, Aske oder Assche (gesprochen: Asche (=Verbrennungsrest), Esche
(=Eberesche), Äsche (=Fisch) und Ask = Schachtel, Schüssel, Dose, Schale. J. Prinz deutete die
Asche als Brandstätte, als eine Erinnerung an Eroberung und Brand Münsters im Jahre 1121. -
Gibt es andere Erklärungen? Die Form 'in der Assche' erinnert an alte Gasthausnamen.
Es wäre vorstellbar, daß hier am Bült, am östlichen Ausgang der Marktsiedlung ein Gasthaus
stand, das wie üblich - einen niederdeutschen Namen führte. Andere münsterische Gasthäuser
hießen im Mittelalter: In der Swanen, Im witten Perd, In der Gante. - Allerdings wären Asche,
der Baumname Esche und der Fisch Äsche sehr ungewöhnliche Gasthausnamen gewesen; eher wäre für
ein Wirtshaus der Name 'in der Schüssel' oder 'In der Schachtel' denkbar.
Aber unter den Belegen zu der Besitzung am Bült ist außer dem Familiennamen Bruwering, der vom
Bierbrauen abgeleitet ist, kein einziger Hinweis auf ein Gasthaus. Die Gebäude waren meist an
Handwerker vermietet, und die Erbmänner, die vornehmen Besitzer des Grundstücks, sind
schwerlich als Gastwirte denkbar. Zudem hatten diese Gasthausnamen meist keine lange
Lebensdauer. Der Name Asche/Aske haftete aber über 300 Jahre an dem Haus! Diese Langlebigkeit
kann auf eine Bedeutung hinweisen, die etwas mit der äußeren Form des Haupthauses zu tun hatte.
Es gab in Münster solche Häusernamen: de Kniepe (=Taille), de Striepe, das Storkennest, dat
Saltfatken, de Kohlekasten. Hierzu könnte 'de Aske' (d.h. die Schüssel, die Schachtel)
gehören, wenn man voraussetzt, daß dieses Haus eine auffallende Form im Aufriß oder Grundriß
hatte. - Diese Bezeichnung war nicht einmal ungewöhnlich: Im Jahre 1440 gab es ein Haus 'In
den Aschen' auch an der Frauenstraße, und 1604 lag ein Haus 'de Assche' westlich
der Jüdefelderstraße. - Es sei zugegeben, daß diese Erklärung nicht ganz befriedigen kann, aber
bei Abwägung der Möglichkeiten ist m. E. die Deutung Aske = Schachtel/Schüssel der Brandasche,
dem Eschenbaum oder Äschen-Fisch vorzuziehen.
Quelle: Dr.
Karl-Heinz Kirchhoff in Westfälischen Nachrichten am 29.8.1989
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