A bis Z

Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W Y Z 

Suche

Besselweg

Stadtbezirk:Münster-West
Statistischer Bezirk: Gievenbeck
Entstehung: 1962
im Stadtplan anzeigen

Benannt nach Friedrich Wilhelm Bessel, (1784-1846), deutscher Astronom. Bessel schrieb grundlegende Arbeiten über die Fundamente der Astronomie und zur Neubestimmung der astronomischen Konstanten. 1837/38 gelang es Bessel, zum ersten Mal die Entfernung eines Fixsterns zu messen. Berühmt auch als Mathematiker (Bessel'sche Funktionen) und Geodät.


Er stieß das Tor in die gewaltigen Räume des Alls auf
Hamburg. Immer weiter stößt die Astronomie in die unfassbare Tiefe des Weltalls vor. Dass dieses Unfassbare wenigstens beziffert, in Zahlen ausgedrückt werden kann, ist das Verdienst von Friedrich Wilhelm Bessel aus Minden. Bessel hat als erster die Entfernung zwischen den Sternen gemessen und seine Methode und Ergebnisse veröffentlicht.

Das war im Jahre 1838. Bessel, zu dieser Zeit bereits längst Professor an der Sternwarte der Universität in Königsberg, legte seine Berechnungen zur Entfernungsbestimmung des Sterns Nr. 61 im Sternbild des Schwans vor. Er ermittelte einen Abstand von über 100 Billionen Kilometern, eine Strecke, für die selbst das Licht, das pro Sekunde 300.000 km schnell ist, noch etwas mehr als 11 Jahre braucht. Damit hatte Bessel das Tor in die gewaltigen Räume des Alls aufgestoßen, dessen Abmessungen heute in Milliarden von Lichtjahren angegeben werden.
Friedrich Bessel kam auf Umwegen zur Astronomie. Nachdem er als 15jähriger in Bremen eine Kaufmannslehre begonnen und es später bis zum Buchhalter gebracht hatte, packte ihn das Reisefieber. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, beschäftigte er sich neben dem Erlernen von Sprachen intensiv mit Navigation und Astronomie. Dabei erwachte seine Liebe für die Himmelskunde.
Mit großem Fleiß eignete er sich rasch ein so großes Wissen an, dass er 1806 die Stelle eines Assistenten an der Sternwarte in Lilienthal bei Bremen erhielt. Aber schon 1810 rief die Universität Königsberg den 26jährigen auf den Lehrstuhl für Astronomie, den er bis zu seinem Tode am 17. März 1846 innehatte. Innerhalb von drei Jahren baute er die Königsberger Sternwarte auf und begann mit enormem Fleiß einen Sternenkatalog anzulegen, der auf einer exakten Positionsbestimmung der Sterne beruhte. Im Jahre 1818 veröffentlichte er mit den "Fundamenta Astronomiae" sein Lebenswerk. Nach seiner Auffassung war es die wichtigste Aufgabe der Astronomie, beständige Regeln für die Bewegungen im Universum zu finden. In nur fünf Jahren bestimmte er die Position von 32.000 Sternen. Diese Liste verlängerte er im Laufe seines unermüdlichen Schaffens auf über 75.000. Diese Daten sind die Grundlage für alle später folgenden Kataloge.
Bei Wiederholungsmessungen an einigen Fixsternen war ihm aufgefallen, dass sich deren Standort am Himmel mit der Zeit verändert hatte. Diese Sterne mussten also eine Art von Eigenbewegung aufweisen. Bessel vermutete, dass diese nur deshalb zu messen sei, weil sich die entsprechenden Sterne dicht bei unserer Sonne befinden, jedenfalls näher als die allermeisten anderen Himmelskörper der Milchstraße.
Er kam nun auf die genial einfache Idee, ihren Abstand mit Hilfe der Trigonometrie, den Messmethoden der Landvermesser zu bestimmen. Diese legen als erstes eine in ihrer Länge genau bekannte Basislinie fest, worauf sie dann über einfache Winkelmessungen und Berechnungen die Entfernung zu einem bestimmten Objekt ermitteln.
Da aber im Weltraum mit gewaltigen Dimensionen und deshalb sehr kleinen Winkeln gerechnet werden muss, wählte Bessel die längste Basislinie, die überhaupt möglich war. Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne. Im Abstand von sechs Monaten vermaß er die Koordinaten des Sterns 61 im Schwan, der ihm wegen seiner besonders hohen Eigenbewegung aufgefallen war.
Der Abstand zwischen beiden Messpunkten beträgt 300 Millionen Kilometer, die Erde war innerhalb eines Jahres genau auf die andere Seite der Sonne gewandert. Dadurch hatten sich 61 Cygni, wie die wissenschaftlich exakte Bezeichnung dieses Sternes lautet, um den äußerst kleinen Winkel von 0,35 Bogensekunden gegenüber den anderen Sternen verschoben. Diese nur scheinbare Verschiebung wird in der Astronomie als Paralaxe bezeichnet. Und aus diesem winzigen Wert konnte Bessel die gewaltige Entfernung von 11,3 Lichtjahren berechnen. Für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der interstellaren Entfernungsmessungen erhielt er 1841 eine Goldmedaille der britischen Royal Astronomical Society.
Bessel maß nicht nur die Entfernung zu den Fixsternen. Er entdeckte auch, dass Sirius, der hellste Stern des nächtlichen Sternenhimmels, eine tänzelnde Bewegung vollführt. Scharfsinnig schloss er auf einen lichtschwachen zunächst noch unsichtbaren Begleiter. Dank verbesserter Fernrohre wurde dieser tatsächlich auch 1862 - 16 Jahre nach Bessels Tod - gefunden. Wie man heute weiß, ist es ein sogenannter Weißer Zwerg, eine Sonne, die nicht viel größer als die Erde ist, von der aber jeder Fingerhut voll Materie etliche Tausend Tonnen wiegt.
Andere Ergebnisse des rastlosen Schaffens Bessels waren Berechnungen zu Unregelmäßigkeiten in den Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne.
Sie führten Jahre später zur Entdeckung des Planeten Neptun. Auch die Größe und Form der Erde wurde von ihm neu und präziser ermittelt. So spannte sich das vielseitige Lebenswerk des Astronomieprofessors Friedrich Wilhelm Bessel, der einmal als Kaufmann begonnen hatte, von seinem Heimatplaneten, der Erde, bis in die geheimnisvolle Tiefe des Weltalls.
Quelle: Heinrich Bäsemann in Münstersche Zeitung am 21.7.1984