Elsa-Brändström-Weg
Elsa Brändström, (1888-1948); schwedische Philanthropin, war als Delegierte des schwedischen Roten Kreuzes im Ersten Weltkrieg für deutsche Kriegsgefangene in Russland tätig.
Elsa Brändström, genannt der "Engel von Sibirien"
Menschliebe gegen Völkermorden
Viele Straßen und Schulen, in Deutschland vor allem, tragen ihren Namen, aber nur wenige der mittleren und jüngeren Generation wissen noch, wer Elsa Brändström war, diese Frau, die nicht bloß opportunistisch ihre Stimme gegen den Krieg und die Leiden seiner Opfer erhob, sondern sich total in selbstloser Hilfsbereitschaft zur Verfügung stellte. Ihr Name wurde während des Ersten Weltkrieges und nachher zum Symbol aufopferungsvollster Menschenliebe. "Engel von Sibirien" wurde sie genannt. Am 26. März 1888 wurde sie geboren.
Sechs Jahre lang, von 1914 bis 1920, lebte die Schwedin freiwillig unter den deutschen und österreichischen Kriegsgefangenen in Sibirien. Was diese Frau, erst 25 Jahre alt, an Entbehrungen, Hilfsbereitschaft, aber auch an genialer Organisationsarbeit geleistet hat, scheint uns heute unfassbar.
Den unzähligen Kriegsgefangenen in Sibirien muss sie wirklich wie ein Engel erschienen sein, der nicht nur ihr Los erleichtern half, Wunden verband, immer wieder neue Spenden herbeischaffte, sondern der mit den Leidenden litt und mit den Hungernden hungerte.
Vater war Gesandter
Als Tochter des schwedischen Gesandten in St. Petersburg nahm sie 1914 an einem
Krankenpflegekurs teil. Im großen Petersburger St.-Nicolai-Hospital besuchte sie auch die
Abteilung der deutschen und österreichischen Gefangenen. In dieser kurzen Stunde war ihre
unbekümmerte Jugend zu Ende.
Weihnachten 1915 kam sie bereits mit einem Spendentransport im Lager Stretensk in Ostsibirien an, das von Flecktyphus verseucht war. Sie veranlasste den Kommandanten des Lagers, die unmenschlichen Lebensbedingungen der Gefangenen zu bessern. Sie richtete ein Lazarett ein mit dem Erfolg, dass nach dem Beispiel Stretensk in vielen Lagern Lazarette entstanden. Das bedeutete für Hunderttausende die Lebensrettung. Sie erkrankte selbst schwer an Flecktyphus. Nach ihrer Genesung arbeitete sie weiter. Auch die Russen konnten ihrer bewegenden Menschlichkeit und Güte nicht widerstehen und zeigten großen Respekt.
Als die Weißrussen in Sibirien den Bolschewiken weichen mussten, verließen die Vertreter der neutralen Staaten das Land. Auch alle Delegierten des Schwedischen Roten Kreuzes wurden zurückgerufen. Nur Elsa Brändström blieb in einem Lazarett und selbst im russischen Bürgerkrieg arbeitete sie weiter. Erst 1920 kehrte sie zu ihrem Vater nach Stockholm zurück, der ein Jahr später starb.
Zu Hause setze sie ihr Werk fort und entfachte in Schweden eine Hilfstätigkeit ohnegleichen. Die sechs Millionen schwedischen Einwohner gaben in wenigen Wochen über zwei Millionen schwedische Kronen in Geld und Kleidung. Die schwedische Hilfe hat vielen deutschen Kriegsgefangenen den siebten sibirischen Winter überstehen helfen.
Elsa Brändström sah aber auch die körperliche und seelische Depression der Heimkehrer, die sich nur schwer zurechtfanden. Da schrieb sie ihr Buch "Unter Kriegsgefangenen in Russland und Sibirien 1914-1920". Vom Erlös errichtete sie ein "Arbeits-Sanatorium" für ehemalige kriegsgefangene Deutsche im sächsischen Marienborn. Dazu kaufte sie das Gut Schreibermühle in der Uckermarck. Die Stiftung nahm ehemalige deutsche Kriegsgefangene aus Russland und Turkestan auf.
In Amerika gefeiert
1923 bereiste sie die Vereinigten Staaten und wurde enthusiastisch gefeiert. Man wollte sie
hören, zumindest sehen. Längst war ihr Caritas-Werk in der ganzen Welt bekannt geworden. An
einem Tage sprach sie oft vier, fünf, sechs Mal hintereinander. Hunderttausend Dollar waren das
Ergebnis ihrer Vortragsreise. Die Spesen trug sie selbst. Für das Geld kaufte sie in
Deutschland das Schloss Neusorge, das sie zu einem Heim für Kriegswaisen machte. Später, als
diese Kinder größer waren, siedelte sie nach Dresden über, damit die Jugendlichen in der
Großstadt bessere Ausbildungsmöglichkeiten hätten.
1929 heiratete Elsa Brändström den sozialistischen Universitätsprofessor Dr. Ulich. 1933 emigrierte sie mit ihm und ihrer zweijährigen Tochter Britta in die USA. Sie hat dazu beigetragen, das Los der jüdischen Flüchtlinge vor und während des Zweiten Weltkrieges zu erleichtern, und auch nach dem Krieg galt ihre Sorge und Liebe den Kriegsgefangenen dieses zweiten großen Krieges. Am 4. März 1948 ist sie in Cambridge/ USA gestorben.
Autor: H. Lehmann
Quelle: Münstersche Zeitung vom 26. März 1988.
Elsa Brändström wurde fünf Mal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen, aber nicht ausgezeichnet. Quelle: Wikipedia → Elsa Brändström.
- Mehr zur Person Elsa Brändström in Wikipedia.
Von Kriegsgefangenen zu Elsa Brändström
Im ersten Weltkrieg wurde in dem Bereich vom Vennheideweg bis zur Trauttmansdorffstraße auf
einer Fläche von etwa 350 x 400 Metern das Kriegsgefangenenlager II errichtet. Im Oktober 1918
waren hier 47.911 Kriegsgefangene untergebracht.
Ab 1934 wurden auf der ehemaligen Fläche des Lagers die Wohnsiedlung Vennheide und die
Umgehungsbahn gebaut.
Eine schriftliche Begründung zu diesem Straßennamen ist nicht überliefert. Vermutlich wurde
Elsa-Brändström-Weg bewusst gewählt, um an die Geschichte dieses Gebietes anzuknüpfen
und über die Person Elsa Brändström gleichzeitig an das Schicksal der deutschen
Kriegsgefangenen in Sibirien zu erinnern.
Nicht zu Lebzeiten!
Straßenbenennungen nach Personen werden grundsätzlich erst dann beschlossen, wenn die Person
verstorben ist. Bei insgesamt etwa 600 Straßen in Münster, die nach Personen benannt sind, hat
es allerdings mehr als ein Dutzend Ausnahmen gegeben.
Es sind:
- 1871 Wilhelmstraße nach Kaiser Wilhelm I., †1888
- 1876 Piusallee nach Papst Pius IX., †1878
- 1896 Windthorststraße †1900
- 1900 Kaiser-Wilhelm-Ring nach Kaiser Wilhelm II., †1941
- 1900 Averkampstraße, nach Stadtrat Hermann Averkamp, †1907
- 1905 Ulrichstraße, †1930
- 1912 Peter-Büscher-Straße, †1919
- 1914 Studtstraße, †1919
- 1928 Althoffstraße, †1948
- 1931 Ludwig-Dürr-Straße, †1956
- 1934 Elsa-Brändström-Weg, †1948
- 1958 Richard-Schirrmann-Weg, †1961
- 1960 Agnes-Miegel-Straße, †1964
- 1965 Heinrich-Brüning-Straße, †1970
- 1970 Anton-Aulke-Straße, †1974
- 1974 Heideggerstraße, †1976
- 1974 Ernst-Schenke-Straße, †1982
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