Goldenbergstraße
Statistischer Bezirk: Mecklenbeck
Entstehung: 2017
Amtsblatt: 21/2018
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Benannt nach Else, Mirjam und Siegfried Goldenberg. Die jüdische Familie wurde ins KZ verschleppt. Tochter Mirjam wurde im KZ Auschwitz ermordet. Die Eltern kehrten nach der NS-Zeit nach Münster zurück und haben sich über 30 Jahre lang um den Aufbau der jüdischen Gemeinde in Münster sehr verdient gemacht.
Else Goldenberg, *30.8.1903 Nottuln, 15.10.1979 Münster, geb. Wertheim.
Else Goldenberg war Verkäuferin, Korsettnäherin, Geschäftsführerin. Sie absolvierte eine
dreijährige Lehre in einem Textil- und Kürschnereibetrieb in Meschede. Anschließend erfolgte
eine Weiterbildung in der Korsett- und Bandagenanfertigung. Sie lebte seit dem 1.1.1928 in
Münster und war Geschäftsleiterin im Korsettgeschäft "Helene Davids & Co." (Inh. u.a. Rosa
Marcus), Prinzipalmarkt 37; sie war am Umsatz beteiligt. Die in Aussicht gestellte Einsetzung
als Teilhaberin kam aufgrund der Demolierung in der Pogromnacht 1938 und des Zwangsverkaufs des
Betriebes nicht mehr zustande.
Mit Tochter und Ehemann wurde sie am 13.12.1941 von Münster nach Riga deportiert und kam später
ins KZ Kaiserwald-Meteor. Als sie eines Tages von der Arbeit zurückkehrte, war ihre Tochter mit
allen anderen Kindern abtransportiert worden. Daraufhin wollte sie nicht mehr weiterleben,
verweigerte die Nahrung und wurde strafversetzt. Am 9.8.1944 wurde sie ins KZ Stutthof bei
Danzig verbracht, wo sie vermutlich im Außenlager Lauenburg/ Hinterpommern untergebracht war
und Zwangsarbeit leisten musste. Sie verblieb bis zu ihrer Befreiung durch sowjetische Truppen
im KZ Stutthof, während ihr Mann ins KZ Buchenwald überstellt wurde.
Nachdem sie sich nach Ende des Hitler-Regimes in Bochum wiedergefunden hatten, kehrte sie mit
ihrem Mann nach Münster zurück. Auch dann gab sie die Hoffnung nicht auf, ihre Tochter
wiederzufinden und suchte in vielen KZ nach ihren Spuren. Sie half ihrem Ehemann beim
Wiederaufbau einer neuen jüdischen Gemeinde in Münster und erhielt 1975 für ihre Verdienste die
Paulus-Plakette der Stadt Münster. Ihr Grab befindet sich auf dem
jüdischen Friedhof in Münster.
Mirjam Goldenberg, *11.4.1937, 1944 KZ Auschwitz.
Zusammen mit den Eltern wurde sie als Vierjährige am 13.12.1941 ins Ghetto Riga deportiert. Bei Auflösung des Ghettos im November 1943 wurden die Häftlinge in verschiedene KZ-Lager verbracht. Laut Kindersuchakte wurde sie am 21.4.1944 aus einem Außenlager Rigas vermutlich nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. 1956 wurde sie vom Amtsgericht Münster für tot erklärt. Ihr Andenken wird auf dem Grabstein ihrer Eltern auf dem jüdischen Friedhof in Münster gewahrt.
- Position des Stolpersteins im Stadtplan.
Siegfried Goldenberg, *12.8.1900 in Oberhausen, 21.3.1980 in Münster
Siegfried Goldenberg war Metzger und "Tiefbauarbeiter". 1924 legte er vor der
Handwerkskammer Dortmund die Meisterprüfung ab. Von 1925 bis zum 29.3.1933 betrieb er in Bochum
ein Fleisch- und Wurstwarengeschäft. Nachdem das NS-Regime ihm verboten hatte, seine Waren auf
dem Wochenmarkt in Bochum zu verkaufen, zog er 1933 nach Münster in die Schulstraße 19, wo auch
seine spätere Frau wohnte.
In Münster fand er für kurze Zeit eine Anstellung bei einem Metzger, bis ihm auch diese
Tätigkeit untersagt wurde. Die Wohnung wurde in der Pogromnacht 1938 verwüstet. Da seine Mutter
am 10.11.1938 verstorben war, wurde ihm trotz "Inhaftierungsaktion" erlaubt, zur
Regelung der Hinterlassenschaft nach Bochum zu fahren. Nach diesen Ereignissen versuchte seine
Schwester Mali, die seit 1928 in den Niederlanden lebte, vergeblich, für ihn mit seiner Familie
und für seinen Bruder eine Einreisegenehmigung in die Niederlande zu erhalten. Eine Emigration
nach Palästina erschien dem Ehepaar Goldenberg mit einem Kleinkind zu gefährlich zu sein.
Am 4.10.1939 mussten sie mit Tochter Mirjam in das "Judenhaus" Hermannstraße 44
umsiedeln. Siegfried Goldenberg leistete ab 1939 Zwangsarbeit beim Kanalbau in Hiltrup. Für die
Deportation am 13.12.1941 nach Riga wurde die Familie von zwei Gestapobeamten aus ihrer Wohnung
geholt und zur Sammelstelle in die Gaststätte "Gertrudenhof" gebracht. Ihre Wohnräume, in denen
sie ihre Habe zurücklassen mussten, wurden verschlossen.
Beim Vorrücken der sowjetischen Front 1944 wurde Siegfried Goldenberg mit seiner Frau vom
Ghetto Riga über das KZ Kaiserwald-Meteor per Schiff ins KZ Stutthof bei Danzig verbracht. Von
dort wurde er am 16.8.1944 zusammen mit 500 Schicksalsgenossen, unter ihnen die Münsteraner
Wilhelm Grüneberg, Rudolf Gumprich und Willi Mildenberg, ins KZ Buchenwald überstellt. Dort
befand er sich im Außenlager Rehmsdorf. Die Häftlinge mussten in den Brabag-Werken (Braunkohle
und synthetisches Benzin) Zwangsarbeit leisten. Beim Herannahen der amerikanischen Truppen
verschickte man ihn per Fußmarsch bzw. in Viehwaggons ins Ghetto Theresienstadt, wo er am
8.5.1945 von sowjetischen Truppen befreit wurde.
Nach dem Krieg kehrte er nach Münster zurück und engagierte sich beim Wiederaufbau einer neuen
jüdischen Gemeinde in Münster. Bis zur Wiedererrichtung der Marks-Haindorf-Stiftung stellte er
in seiner Wohnung einen Raum für den Gottesdienst zur Verfügung.
Seit 1946 war er 30 Jahre lang Gemeinde-Vorsitzender. Zu der Zeit wohnte er mit seiner Ehefrau
Prinz-Eugen-Straße 39 und Am Kanonengraben 4. Er betrieb eine Fischhandlung.
Else und Siegfried Goldenberg wurden 1975 für ihre Verdienste um den Wiederaufbau der
münsterischen jüdischen Gemeinde die Paulus-Plakette der Stadt Münster verliehen.
Sein Grab befindet sich auf dem
jüdischen Friedhof in Münster.
Quelle: Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945, Teil 1: Biographisches Lexikon, Münster 2001
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Als
das jüdische Leben in Münster erlosch
weiterer Bericht von Gisela Möllenhoff in Westfälische Nachrichten, Auf Roter Erde -
Paulusplakette der Stadt Münster für die Eheleute Goldenberg
Anlässlich der Vollendung des 75. Lebensjahres von Siegfried Goldenberg am 12. August 1975 wurde den Eheleuten Goldenberg in Anerkennung ihrer Verdienste auf Anregung des Ältestenrates die Paulus-Plakette verliehen. Die Begründung des Ratsbeschlusses am 14.7.1975 lautet:"Es ist das Verdienst des Herrn Goldenberg und seiner Ehefrau Else Goldenberg, die sich ebenfalls nachhaltig um die Arbeit der jüdischen Kultusgemeinde bemüht hat, dass nach dem Kriege jüdische Mitbürger wieder ihren Wohnsitz in Münster genommen haben und eine jüdische Gemeinde wieder aufgebaut haben.
Die Familie Goldenberg hat in der schwierigen Nachkriegszeit vielen jüdischen Mitbürgern mit Rat und Tat in aufopferungsvoller Weise geholfen. Auch nichtjüdische Bürger dieser Stadt haben ihre Hilfe erfahren.
Der Wiederaufbau der von Herrn Goldenberg geleiteten Gemeinde vollzog sich unter sehr schwierigen Umständen. Dem äußersten Einsatz der Familie Goldenberg ist es zu verdanken, dass 1961 die Synagoge an ihrem alten Platz wieder eröffnet werden konnte. Herr Goldenberg hat darüber hinaus aktiv in der Gesellschaft für christliche und jüdische Zusammenarbeit e.V. mitgewirkt und stets die Bedeutung dieser Gesellschaft für die gesamte Bürgerschaft betont."Im Stadtgebiet Münster gibt es 31 Straßen, die nach Menschen mit jüdischer Abstammung benannt sind:
Alfred-Flechtheim-Platz, Baumgartenweg, Edith-Miltenberg-Weg, Edith-Stein-Straße, Einsteinstraße, Elfriede-Meyer-Weg, Eli-Marcus-Weg, Else-Scheuer-Weg, Goldenbergstraße, Gumprichstraße,
10
Hedwig-Feibes-Weg, Heilbronnweg, Helmut-Pins-Weg, Henny-Uhlmann-Weg, Henny-Waldeck-Weg, Henriette-Hertz-Weg, Henriette-Son-Straße, Hoffmannweg, Jacob-von-Korbach-Weg, Julius-Voos-Gasse,
20
Luise-Rappoport-Weg, Marks-Haindorf-Stiege, Meta-Seelig-Weg, Nanny-Katz-Weg, Philippsweg, Reha-Mathel-Falk-Weg, Simonsplatz, Sonja-Kutner-Weg, Sophie-Heimbach-Weg, Weinbergweg und
30
Zwi-Schulmann-Weg.Gehört zum Thema: