Hedwig-Feibes-Weg
Statistischer Bezirk: Mecklenbeck
Entstehung: 2017
Amtsblatt: 21/2018
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Benannt nach Hedwig Feibes (1895-1943), letzte Angehörige der seit 1849 in Münster, Salzstraße 3/4, etablierten jüdischen Firma J.M. Feibes. Deportiert nach Theresienstadt, ermordet im KZ Auschwitz.
- Position des Stolpersteins im Stadtplan.
Hedwig Feibes, geb. Cohn, wurde am 28.7.1895 in Attendorn geboren und wuchs
als ältestes Kind einer Kaufmannsfamilie in Attendorn auf. Seit ihrer Heirat 1923 mit dem
Kaufmann Fritz (Heinrich) Feibes wohnte sie in Münster.
Fritz Feibes war Inhaber des 1849 gegründeten Kaufhauses (Textil-, Kurzwarengroßhandlung,
Spielwaren) "J.M. Feibes" , Salzstraße 3/4. Der Boykott jüdischer Geschäfte wirkte in
Münster erst nach wiederholten Anprangerungen in der NS-Presse. So hieß es im Dezember 1937 im
Stimmungsbericht der NSDAP-Ortsgruppe, "sehr viele Parteigenossen" kauften noch immer
bei Feibes ein. 1938 ließ sich der Niedergang des Geschäfts jedoch nicht mehr aufhalten, ein
Teil der Räume musste untervermietet werden. Im Herbst 1938 bekräftigte Fritz Feibes bei der
Devisenstelle, das Geschäft weiterführen zu wollen und nach Bedarf "kleiner zu stellen".
Obwohl zu dem Zeitpunkt keine Emigration geplant war, wurde das Firmenvermögen am 17.9.1938 per
"Sicherungsanordnung" gepfändet, um die finanziellen Ansprüche des Staates
(Reichsfluchtsteuer, "Judenvermögensabgabe" ) zu sichern. Das bedeutete den Ruin.
Im Novemberpogrom 1938 wurden antijüdische Inschriften an den Scheiben des Kaufhauses
angebracht, die Schaufensterdekoration geplündert und die Ladeneinrichtung zerstört bzw. Teile
in Brand gesetzt. Die Feuerwehr hinderte man am Löschen.
Fritz Feibes konnte vor den tätlichen Angriffen zunächst flüchten, erhielt dann jedoch eine
Schussverletzung und wurde in den Kanonengraben getrieben, später ins Polizeigefängnis
gesperrt. Unter Druck musste er der Aufgabe des Geschäftes zustimmen. Ein Abwickler wurde mit
der Liquidation beauftragt.
Die Verordnung vom 12.11.1938 "zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen
Wirtschaftsleben" untersagte zum 1.1.1939 den weiteren Betrieb des Geschäftes. Die seit
1849 im Zentrum der Stadt etablierte Firma "J.M. Feibes" war das letzte Geschäft, das im
Zuge der "Entjudung der deutschen Wirtschaft" in Münster "arisiert" wurde.
Fritz Feibes erhielt seit dem 7.12.1938 monatlich 350 RM von seinem Konto zugeteilt. Er
flüchtete am 23.8.1939 nach England, wo sich seit einigen Wochen die Tochter aufhielt. Am
24.1.1941 wurde das Unternehmen Feibes für 325.000 RM (Einheitswert 380.000 RM) verkauft.
Nach der Emigration ihrer Tochter und ihres Mannes wohnte Hedwig Feibes weiterhin - nun
zusammen mit ihrer Mutter, Sartine Cohn, ihrer Schwester, Erna Falk, und ihrer Ende 1938
geborenen Nichte Reha Mathel sowie weiteren Juden - im Haus Salzstraße 3, das Mitte 1939
zum "Judenhaus" erklärt wurde.
Da am 14.4.1939 eine "Sicherungsanordnung" gegen Hedwig Feibes erlassen worden war,
konnte sie nur mit Zustimmung der Devisenstelle über ihr Geld verfügen. Seit 1940 verdiente sie
etwas zusätzlich, indem sie den Hausflur ihres Wohnhauses, des Gebäudes der sich in Abwicklung
befindenden Firma Feibes, reinigte. Sie leistete seit November 1941 Zwangsarbeit in der
"Kasein- und Trockenkartoffelfabrik Strohmeyer, Rodatz & Co." in Ostbevern-Brock.
Ihr wöchentlicher Nettolohn von 10 bis 12 RM wurde trotz der kümmerlichen Summe auf ein
Sperrkonto eingezahlt. Den nichtjüdischen Frauen aus der näheren Umgebung, mit denen sie dort
gemeinsam tätig war, war sie bekannt: "Jeder ... wußte, daß sie aus dem größten und
bekanntesten Textilkaufhaus in Münster an der Salzstraße kam."
Den Ostbevernerinnen blieb auch die bevorstehende "Verschickung" der Juden in den Osten
nicht verborgen. Zunächst war Hedwig Feibes für die erste Deportation nach Riga am 13.12.1941
vorgesehen, wurde aber zur Pflege ihres Schwiegervaters, Julius Feibes zurückgestellt. Nach
dessen Tod am 8.1.1942 und den ersten beiden Deportationen Münsteraner Juden im Dezember
1941/Januar 1942 wurde sie ab Januar 1942 im letzten münsterischen "Judenhaus" ,
Am Kanonengraben 4 (Marks-Haindorf-Stiftung), untergebracht.
Am 2.4.1942 wurde Hedwig Feibes nach Burgsteinfurt verlegt. Dort betreute sie kranke und
hilfsbedürftige Juden aus dem Münsterland. Sie wurde am 31.7.1942 mit ihrer Schwester Erna Falk
und ihrer Nichte Reha Mathel Falk
(nach der eine Straße in Münster benannt ist) über Münster ins Ghetto Theresienstadt
deportiert. Zu diesem Zweck hatte sie am 25.7.1942 einen "Heimeinkaufsvertrag" über
5.400 RM abgeschlossen, der ihr vorgaukelte, sich in ein Altersheim eingekauft zu haben.
Nach sechs Monaten unter unwürdigen Umständen im Ghetto Theresienstadt wurde sie am 23.1.1943
ins Vernichtungslager Auschwitz verbracht und dort ermordet.
Vier Wochen nach ihrer Deportation verfiel ihr Rest-Vermögen dem Deutschen Reich. Das
Amtsgericht Burgsteinfurt erklärte sie 1951 für tot.
Quelle: Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945, Teil 1: Biographisches Lexikon, Münster 2001
-
Als
das jüdische Leben in Münster erlosch
weiterer Bericht von Gisela Möllenhoff in Westfälische Nachrichten, Auf Roter Erde -
Im Stadtgebiet Münster gibt es 31 Straßen, die nach Menschen mit jüdischer Abstammung benannt sind:
Alfred-Flechtheim-Platz, Baumgartenweg, Edith-Miltenberg-Weg, Edith-Stein-Straße, Einsteinstraße, Elfriede-Meyer-Weg, Eli-Marcus-Weg, Else-Scheuer-Weg, Goldenbergstraße, Gumprichstraße,
10
Hedwig-Feibes-Weg, Heilbronnweg, Helmut-Pins-Weg, Henny-Uhlmann-Weg, Henny-Waldeck-Weg, Henriette-Hertz-Weg, Henriette-Son-Straße, Hoffmannweg, Jacob-von-Korbach-Weg, Julius-Voos-Gasse,
20
Luise-Rappoport-Weg, Marks-Haindorf-Stiege, Meta-Seelig-Weg, Nanny-Katz-Weg, Philippsweg, Reha-Mathel-Falk-Weg, Simonsplatz, Sonja-Kutner-Weg, Sophie-Heimbach-Weg, Weinbergweg und
30
Zwi-Schulmann-Weg.Gehört zum Thema: