Henriette-Hertz-Weg
Statistischer Bezirk: Gievenbeck
Entstehung: 2020
Amtsblatt:
Henriette Hertz um 1935
Henny Hertz besuchte von 1920 bis zur Mittleren Reife 1930 die Annette-Schule,
wo sie am katholischen Religionsunterricht teilnahm. Sie sollte aufgrund ihrer jüdischen
Herkunft in den 1920er Jahren nur ausnahmsweise in einen Tennisclub aufgenommen werden, was
ihren Vater dazu veranlasste, sie in einem anderem Club anzumelden, in dem sie auch nach dem
Ausschluss von Juden aus Sportverbänden noch verblieb. Danach wurde sie Mitglied in einem
jüdischen Tennisclub.
Als Jüdin fand sie 1933 keine Lehrstelle und musste ihren Plan, Modezeichnerin zu werden,
aufgeben. Sie besuchte daraufhin die Frauenoberschule St. Hildegard und machte eine Ausbildung
im Büro, um ihrem Vater in der Kanzlei helfen zu können.
1934/35 hielt sie sich sechs Monate in Spanien bei einem Onkel auf, der Korrespondent der
Frankfurter Zeitung in Madrid war. Zurück in Münster erteilte sie Juden zur
Auswanderungsvorbereitung Spanischunterricht. Sie wollte mit Hilfe von Verwandten, die ihr ein
Visum verschafft hatten, in die USA auswandern. Dieses Vorhaben kam aber nicht zustande. Sie
musste sowohl Radio als auch Fotoapparat laut NS-Gesetzgebung bei der Gestapo abliefern.
Der ersten Deportation aus Münster am 13.12.1941 entging sie, weil sie ihren schwerkranken
Vater - die Mutter war inzwischen verstorben - pflegen musste. Nach seinem Tod wurde sie von
einem SS-Mann vor ihrer bevorstehenden Deportation nach Riga gewarnt. Außerdem intervenierte
ein Frontoffizier auf Heimaturlaub, der ehemalige Nachbar Günther Schmidt-Hern, für sie bei der
Gestapo. Henny Hertz fasste den Entschluss, Deutschland illegal zu verlassen bzw.
unterzutauchen. Nachdem ersteres nicht gelang, legte sie sich einen anderen Namen zu und konnte
mit Unterstützung von Bekannten Unterkunft und schließlich auch Arbeit im Rheinland finden.
Verwandte, die mit nichtjüdischen Partnern verheiratet waren, halfen ihr mit
Lebensmittelkarten, so dass sie bis Kriegsende in der Illegalität überleben konnte.
Am 21.2.1942 wurde ihr restliches Vermögen, u.a. das Haus Prinz-Eugen-Straße 39, vom Deutschen
Reich beschlagnahmt. Nach langen Bemühungen erhielt sie drei Jahre nach der Befreiung eine
Einwanderungsgenehmigung in die USA, entschloss sich jedoch nach einjährigem Aufenthalt nach
Deutschland zurückzukehren.
Quelle: Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945, Teil 1: Biographisches Lexikon, Münster 2001
Zwölf Straßennamen in der ehemaligen Oxford-Kaserne
Als in den Jahren ab 2014 die Umwandlung der ehemaligen Kaserne an der Roxeler Straße in ein
ziviles Wohnbaugebiet absehbar wurde, hat die Bezirksvertretung Münster-West am 4. Mai 2017
entschieden, dass die Straßen im Oxford-Quartier nach weiblichen Opfern von Krieg und Gewalt
benannt werden sollten.
Die Vorschläge für die Straßennamen stammen von den Autorinnen des Buches Jüdische Familien
in Münster 1918 - 1945 Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer.
Es sind die zwölf Straßennamen:
Edith-Miltenberg-Weg, Elfriede-Meyer-Weg, Else-Scheuer-Weg, Gumprichstraße, Henny-Uhlmann-Weg, Henriette-Hertz-Weg, Luise-Rappoport-Weg, Meta-Seelig-Weg, Nanny-Katz-Weg, Simonsplatz,
Sonja-Kutner-Weg und Sophie-Heimbach-Weg.
Im Stadtgebiet Münster gibt es 31 Straßen, die nach Menschen mit jüdischer Abstammung benannt
sind:
Alfred-Flechtheim-Platz, Baumgartenweg, Edith-Miltenberg-Weg, Edith-Stein-Straße, Einsteinstraße, Elfriede-Meyer-Weg, Eli-Marcus-Weg, Else-Scheuer-Weg, Goldenbergstraße, Gumprichstraße,
10
Hedwig-Feibes-Weg, Heilbronnweg, Helmut-Pins-Weg, Henny-Uhlmann-Weg, Henny-Waldeck-Weg, Henriette-Hertz-Weg, Henriette-Son-Straße, Hoffmannweg, Jacob-von-Korbach-Weg, Julius-Voos-Gasse,
20
Luise-Rappoport-Weg, Marks-Haindorf-Stiege, Meta-Seelig-Weg, Nanny-Katz-Weg, Philippsweg,
Reha-Mathel-Falk-Weg, Simonsplatz, Sonja-Kutner-Weg, Sophie-Heimbach-Weg, Weinbergweg und
30
Zwi-Schulmann-Weg.
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