Jungfer-Willemin-Stiege
Statistischer Bezirk: Aegidii
Entstehung: 1958
Amtsblatt: Apr.59
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Im Jahre 1958 gab man dieser Straße ihren Namen nach der Jungfer Maria Anna Willemin, welche
die im Jahre 1760 von der Demoiselle La Branche im Kirchspiel Lamberti gegründete
Demoisellen-Schule übernahm. Das Testament der Willemin (1777) sollte den Bestand und die
Weiterführung der französischen Schule sichern.
Quelle: Wilhelm Kohl in: Münstersche
Zeitung, 24.3.1959
Jungfer Maria Anna Willemin
Der eigentliche Ausbau des höheren Mädchenschulwesens mit Gymnasialbildung begann in
Deutschland erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der auch die Münsteraner
Vorgängerschule des heutigen AnnetteGymnasiums durch eine dynamische Expansion geprägt war,
einer Zeit, in der erstmals die Bildungsbeschränkungen für Frauen im Kontext eines teilweise
massiven Protestes gegen die sonstigen sozialökonomischen, kulturellen und politischen
Benachteiligungen der Frau thematisiert wurden. Nicht zuletzt dadurch konnten die höheren
Mädchenschulen die seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert erfolgenden grundlegenden Reformen des
höheren Schulwesens für die männliche Jugend um 100 Jahre zeitversetzt ,nachholen'. Aus
sachlogischen Gründen kann demnach für die ersten 180 Jahre der Demoisellenschule in Münster
ein gedrängter Überblick genügen[1].
Die von Demoiselle de la Branche gegründete Schule übernahm die Jungfer Maria Anna Willemin,
nach der heute die Stiege benannt ist, die an der Westseite des heutigen Annette-Gymnasiums die
Verbindung von der Schützenstraße zur Grünen Gasse bildet. Jungfer Willemin - der Status des
Unverheiratet-Seins gehörte bis in die 20er Jahre unseres Jahrhunderts quasi zur Qualifikation
einer Lehrerin - vermachte ihrer französischen' Schule in ihrem am 25.8.1777
eigenhändig verfassten Testament die Summe von 300 Reichsthalern, die der löbliche
Magistrat in Münster zugunsten der Schule zu verwalten hatte. Die Zinsen dieses Legats
verbuchte die Schule bzw. deren Nachfolgeinstitutionen bis zu den Inflationsjahren nach dem 1.
Weltkrieg. Nach dem Tode der Jungfer Willemin am 11.8.1787 führte deren Schwester die Schule
weiter, unterstützt von ihrer Nichte, der Jungfer Anna Elisabeth Löper, die später das Haus an
der Syndikatstiege im Lambertikirchspiel, in dem die Schule untergebracht war, käuflich
erwarb.
Quelle im Internet: Schulgeschichte des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums
Was ist eine Stiege?
Der Flurname "Stiege" ist vor allem im Münsterland und auch im östlichen Westfalen
weit verbreitet, kann aber Ortsfremde in die Irre führen. Denn gewöhnlich weist dieses Wort ja
bergauf: Es meint einen Anstieg, einen Bergpfad oder auch eine Treppe. Auch in Westfalen war
das so: Das alte plattdeutsche Wort "Stiege" bezeichnete etwa die Treppe zur Upkammer, aber
auch die Hühnerleiter im Stall. "Stiege" nannten die Bauern auch den Querbalken, auf
dem sie einen Zaun oder eine Hecke übersteigen konnten.
Im Münsterland aber setzte sich eine weitere Bedeutung durch, denn "Stiege" sagten die
Bauersleute bald auch zu kleineren Flußwegen. Stiegen dienten als
Zufahrt zum Hof: Hülskotters Stegge (Gronau), Enxkers Stegge (Ammeloe), Berings Stiege
(Weseke), Hackmanns Stiege (Neuenkirchen), An der Nordorper Stiege (Borken), oder als
Weg zur Mühle: An der Mühlenstiege (Epe, Münster, Höster), Möllenstegge (Coesfeld), an de
Muhlenstegge (Neuenkirchen), als
Weg zur Kirche oder zum Friedhof: Kerkstegge (Coesfeld, Nateln bei Soest), Kierkstege
(Münster); Laichenstiege (Altenberge), Liekstegge (Groß Reken), Lickstegenkamp (Billerbeck)
oder als
Weg ins Nachbardorf: An de Wessumer Stiege, an der Wüllner Stegge (beide in Ahaus),
Himmighäuser Fußstiege (Snadebeck bei Höxter).
Die Stiege hat aber ihre ursprüngliche Bedeutung des Steigens und Kletterns nicht verloren. Das
klingt vor allem im Namen des Sauerlandes an wie etwa "Auf der Bergsteige" in Saalhausen oder
"Steigenberg" in Drolshagen. (...)
Quelle: Gisbert Strotdrees in Landwirtschaftliches Wochenblatt Westfalen-Lippe,
Münster, Ausgabe 15/2014
Im Stadtgebiet Münster gibt es 41 Straßennamen mit dem Grundwort Stiege. Nur ein Teil davon
sind historische Bezeichnungen wie Gasselstiege, Meesenstiege oder Woortstiege. Andere
'Stiege'-Namen sind leider Neuschöpfungen, die historisch klingen sollen.
Es sind:
Appelbreistiege,
Beelertstiege,
Bernsmeyerstiege,
Boeckmannstiege,
Brinkmannstiege,
Brüggstiege,
Coerdestiege,
Derßenbrockstiege,
Dingstiege,
Doris-Wortmann-Stiege,
Eckernstiege,
Feldstiege,
Feldstiegenkamp,
Feuerstiege,
Gartenstiege,
Gasselstiege,
Hagelbachstiege,
Haselstiege,
Jungfer-Willemin-Stiege,
Langenhorster
Stiege, Laustiege, Linnebornstiege,
Lühnstiege,
Luntenstiege,
Marks-Haindorf-Stiege,
Meesenstiege,
Mersmannsstiege,
Niedenstiege,
Ossenkampstiege,
Papenstiege,
Paula-Wilken-Stiege,
Pieperstiege,
Potstiege,
Schelmenstiege,
Schildstiege,
Schlautstiege,
Schlikötterstiege,
Sendener
Stiege, Uppenkampstiege,
Wittoverstiege
und Woortstiege.
Berliner Hufeisen-Nummerierung
In dieser Straße sind Hausnummern umlaufend vergeben worden, wie das in Preußen bis im 19. Jahrhundert üblich war. Damals wurden die Hausnummern auf einer Straßenseite stadtauswärts bis zum Ende der Straße fortlaufend vergeben. Dort wechselte die Nummerierung zur gegenüberliegenden Straßenseite und verlief stadteinwärts zum Anfang der Straße zurück. Diese Nummerierung wird "Berliner Hufeisen-Nummerierung" genannt. Es gibt sie in vielen historischen Altstädten. Die Nummerierung ist nicht "unlogisch", sondern verständlich für die Städte, die sich damals nicht weiter ausdehnen konnten als bis zur Stadtmauer. Mit der Ausdehnung der Bebauung über die Stadtmauern hinweg entwickelten die Städte die wechselseitige Nummerierung mit den ungeraden Nummern auf der linken Straßenseite und den geraden Nummern auf der rechten Straßenseite. In vielen Städten existieren beide Systeme nebeneinander für die Altstadt einerseits und die neuen Stadtbereiche andererseits.
In Münster gibt es die umlaufende Nummerierung in sämtlichen Altstadtstraßen und auch in der Johanniterstraße, der Friedrichstraße, der Badestraße und in den nur einseitig angebauten Straßen Am Kanonengraben, Kleimannstraße, Am Kreuztor und der Hüfferstraße bis Hausnummer 26. Warum außerhalb der Altstadt die genannten Straßen diese Nummerierung aufweisen, ist nicht überliefert. In Wolbeck und anderen Ortsteilen gibt es diese umlaufende Nummerierung nicht.
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