Kanalpromenade
Statistischer Bezirk: Gremmendorf-West
Entstehung: 1974
Amtsblatt: 37/1974
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Benannt nach der örtlichen Funktion. Es ist der Seitenweg am Kanal.
Kanalbauarbeiter aus der Fremde
Die städtische Entwicklung seit Einzug der Preußen brachte auch eine Erweiterung der Verkehrs-
und Transportwege mit sich. Erforderlich war in jedem Fall eine Wasserstraße, um den direkten
Anschluss an die Überseehäfen zu gewährleisten. Als schließlich 1892 der Bau des
Dortmund-Ems-Kanals begann, benötigte man allein für den Streckenabschnitt Münster mehr als
1.200 Arbeiter. Wanderarbeiter aus ganz Deutschland, insbesondere jedoch ausländische
Arbeitskräfte mussten deshalb angeworben werden.
Wirtschaftliche Not in der Heimat trieb vor allem russische Polen, Holländer, aber auch
Italiener nach Münster. Für den Kanalbau war diese Entwicklung günstig, zeichneten sich die
fremden Arbeitskräfte doch durch Fleiß, mäßige Lebenshaltung und niedrige Lohnansprüche
aus. Denn die Arbeit beim Kanalbau war durchaus kein Zuckerschlecken, und reich konnte man
dabei auch nicht werden. Durchschnittlich verdiente ein Kanalbauarbeiter an einem 15-stündigen
Arbeitstag etwa 2,50 Mark. Unterkunft und Verpflegung kosteten aber mindestens eine Mark, so
dass zum Sparen kaum etwas übrig blieb.
Bei anspruchsvolleren Arbeiten gab man den Italienern den Vorzug. Diese stammten zumeist aus
der Lombardei und waren direkt dort angeworben worden. Sie galten als Spezialisten für die
Bearbeitung des steinigen Bodens und waren kunsthandwerklich geschickt. Dagegen mussten die
russischen Polen Arbeiten verrichten, die man Deutschen nicht zumuten wollte. Untergebracht
wurden die Arbeiter in Baracken, nach Nationalitäten getrennt voneinander, denn Italiener
galten als rasch auflodernd in Leidenschaft und Polen schrieb man Zügellosigkeit,
Leichtsinn, Jähzorn und Unzuverlässigkeit zu. Doch die italienischen und holländischen
Arbeiter kochten sowieso meistens ihr eigenes Süppchen. Das heißt: Sie mieteten bei einem
Bauern einen separaten Schuppen oder bauten eine Baracke nur für ihre Landsleute.
Im Jahre 1899 waren die Arbeiten weitgehend abgeschlossen. Bis auf einige wenige Männer
erhielten alle Arbeiter - in Münster etwa 100 Ausländer - ihre Entlassungspapiere. Die meisten
Wanderarbeiter zogen weiter, um woanders Arbeit und Brot zu suchen. Für die Auslandspolen aus
Russland und Galizien bestimmte der preußische Innenminister die Abschiebung in ihr Heimatland.
Von den Inlandspolen aus den Provinzen Ost- und Westpreußen, Posen und Schlesien sowie von den
Holländern und Italienern ließen sich viele dort nieder, wo sie fast sechs Jahre lang
gearbeitet hatten. In Münster waren dies die Straßenzüge in Kanalnähe.
Als Maurer, Bauhandwerker oder als Hilfsarbeiter suchten die häufig unverheirateten Männer
Arbeit im neuen Stadthafen. Allmählich fanden sie aber auch in anderen Bereichen Beschäftigung.
So wurde der Holländer Gerrit Winkelmann, der auf der Wolbecker Straße 147 wohnte,
Ritschenschieber der münsterischen Straßenbahn. Der italienische Landsmann Alfonso
Ognibeni arbeitete beim Bau des Aasees mit und stieg schließlich zum Meister in den städtischen
Rieselfeldern auf. Ognibeni fand hier aber auch sein privates Glück. Seine zweite Ehefrau, eine
gebürtige Wolbeckerin, schenkte ihm sieben Kinder. Spuren des Holländers Otto Meier to Berens
sind noch heute im Haus Ottostraße 15 zu sehen. Er verewigte im Hausflur die aus den
Niederlanden mitgebrachte Mosaikkunst. Auch finden sich noch im Adressbuch von 1914 Namen wie
Beerboom, Boomgaren oder Hilje, allesamt holländische Arbeiter oder Handwerker, die hier
hängen geblieben waren. Im Volksmund wird dieses Stadtviertel Klein-Muffi genannt. Woher diese Bezeichnung stammt, wissen
jedoch nicht einmal mehr alteingesessene Bewohner. Vermutlich war Muffe ein
Fachbegriff beim Kanalbau, der sich dann langsam bei den ehemals Fremden eingebürgert hat, die
in Münster eine neue Heimat fanden.
Quelle: Stadtarchiv Münster, Im Wandel der Zeit - 1200 Jahre Münster, Zwolle 2000,
Seite 308-309
Schlägerei am Kanal
An den Wochenenden, wenn die mit dem Bau des Dortmund-Ems-Kanals befassten Arbeiter reichlich
getrunken hatten, kam es des öfteren zu handfesten Prügeleien. So berichtete der
Münsterische Anzeiger im März 1893 über eine Massenschlägerei unter den
Kanalbauarbeitern. Zwischen den Kanalarbeitern in der Bauerschaft Gelmer entstand gestern
Abend aus geringfügiger Veranlassung ein Wortwechsel, der in eine blutige Schlägerei ausartete.
Messer und Revolver spielten bei derselben eine große Rolle. Die Raufbolde, theilweise selbst
schwer verletzt, sind heute ins Gerichtsgefängnis abgeführt. Beschuldigt wurden von der
Kanalbaukommission polnische Arbeiter, die das Arbeitsverhältnis bereits aufgelöst hätten
und stark betrunken waren, als sie die Ausschreitungen begingen.
Hatte sich ein Kanalbauarbeiter etwas zu Schulden kommen lassen, griff die Kanalbaukommission
hart durch. Der Betreffende wurde sofort entlassen und durfte nie wieder beim Bau des
Dortmund-Ems-Kanals beschäftigt werden. Einige machten aber aus der Not eine Tugend und
erschwindelten sich einen neuen Arbeitsplatz. Dem Holländer Franz Hilting aus Schlagweddel war
im Oktober 1893 gekündigt worden. Er zog daraufhin mit seiner Ehefrau und seinem 17-jährigen
Sohn von Bauabschnitt zu Bauabschnitt und fand immer wieder unter falschem Namen Arbeit.
Nachdem der Lügner aufgeflogen war, wurden die Entlassungspapiere um eine Personenbeschreibung
ergänzt. Per Steckbrief war es dem großen und schlanken Franz Hilting nun verboten, am
Kanal zu arbeiten.
Quelle: Stadtarchiv Münster, Im Wandel der Zeit - 1200 Jahre Münster, Zwolle 2000,
Seite 308
Die Straße hieß vor 1975 Promenade-Nord.