Kettelerstraße
Benannt nach dem deutschen Diplomaten Clemens August Freiherr von Ketteler (1853-1900), der im Jahr 1900 in Beijing (Peking) ermordet wurde.
Clemens Freiherr von Ketteler wurde am 22. November 1853 in Potsdam geboren. Nach dem Tod des Vaters zog die Familie nach Münster - der Heimatstadt von Kettelers Mutter. Nach dem Besuch des Gymnasium Paulinum und des Gymnasiums in Coesfeld trat Ketteler in das Badische Leib-Grenadier Regiment ein und wurde später zur Kriegs-Akademie abkommandiert. 1880 begann seine Diplomatenlaufbahn im Generalkonsulat in Shanghai. Als Legationssekretär hielt er sich zudem mehrere Jahre in Beijing und Tientsin auf, wo er sich Kenntnisse in Mandarin aneignete. Anschließend lebte Ketteler in Tanger und von 1892 bis 1895 in den USA. Dort lernte er auch seine spätere Frau, die Tochter eines Eisenbahnmagnaten aus Detroit, kennen. 1896 übernahm er die Leitung der kaiserlichen Gesandtschaft in Mexiko-City und wurde 1898 schließlich Kaiserlich-Deutscher Gesandter in Beijing.
In China war die Lage Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund der imperialistischen Politik europäischer Staaten sowie der USA und Japans angespannt. Auch das Deutsche Reich versuchte seit einigen Jahren das Land zu kolonisieren. So hatten die Deutschen 1897 das Gebiet Kiautschou annektiert. Der Machtanspruch der Kolonialmächte sowie ihr steigender Einfluss auf Chinas Wirtschaft und Kultur riefen Widerstand in der chinesischen Bevölkerung hervor, vor allem den des Geheimbunds der sogenannten Boxer'. Die Boxer' waren anfänglich primär gegen die christliche Missionierung vorgegangen, setzten sich aber bald zum Ziel, China von jeglicher fremder Einflussnahme zu befreien. Im Frühjahr und Sommer 1900 kam es zu Angriffen auf Ausländer und zur Belagerung des Gesandtschaftsviertels in Beijing (Boxeraufstand'). Im Zuge des Aufstandes wurde Ketteler, der sich auf dem Weg zu Verhandlungen mit dem chinesischen Außenministerium befand, am 20. Juni 1900 erschossen.
Kaiser Wilhelm II. wollte den Tod Kettelers rächen und auf seine Initiative beschlossen die Kolonialmächte, gemeinsam gegen die Aufständischen vorzugehen. Das Deutsche Reich schickte 3000 Soldaten nach China, die Kaiser Wilhelm II. mit der berüchtigten Hunnenrede' verabschiedete. In dieser forderte er die Soldaten auf, keine Gefangenen zu machen und kein Pardon zu geben. Die alliierten Truppen, besonders auch deutsche Soldaten, töteten in China allerdings nicht nur Boxer', sondern plünderten Beijing, brannten anliegende Dörfer nieder, vergewaltigten und töteten mehrere tausend Zivilisten.
Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurde China in einem Friedensvertrag dazu verpflichtet, Ketteler ein Denkmal zu errichten, das 1903 in Beijing eingeweiht wurde. Auch in Münster wurde am 25. Oktober desselben Jahres ein Denkmal für Ketteler aufgestellt, das auf Wunsch seiner Mutter im Schlossgarten seinen Platz fand. Kettelers Leichnam war bereits 1902 nach Münster überführt und auf dem Zentralfriedhof bestattet worden.
Quellen und Literatur:
Stadtarchiv Münster, Persönlichkeitensammlung, Nr. 1931
Philipp Erdmann: Vom verklärten Sehnsuchtsort zur unbequemen Erinnerung. Koloniale Spuren in
Erinnerungsdiskursen der Stadt Münster, in: Westfälische Forschungen 69 (2019), S.
241-266.
Christian Preuße: Der Boxeraufstand, auf:
(www.dhm.de/lemo/kapitel/kaiserreich/aussenpolitik/boxeraufstand [zuletzt abgerufen am
4.8.2020]).
"Tod des Gesandten in Peking löste einen politischen Sturm aus", in: Auf Roter Erde/
Westfälische Nachrichten v. 30.1.2001.
Clemens von Ketteler *22.1.1853, 20.6.1900, Kaiserlicher deutscher Gesandter, in Peking
ermordet. Sein Grab befindet sich auf dem Zentralfriedhof, Bereich Kirchengemeinde St. Martini,
Alter Teil, an der Mauer.
Quelle:
Bernhard Müller-Cleve, Vom Central-Kirchhof 1887 zum Zentralfriedhof 1987,
Münster 1987
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