Kirchherrngasse
Diese Straße gab es bereits im mittelalterlichen Münster. Auf alten Stadtplänen ist sie als
Kerkhering-Stege, nach der Wohnung des Kirchherrn von St. Lamberti, ausgewiesen. Kerkhering
bzw. Kerkering nannte sich seit dem 13. Jahrhundert eines der angesehensten und noch heute
blühenden Erbmännergeschlechter Münsters. Ungewiß ist, wie der Ahnherr des Geschlechts zu
seinem Namen gekommen ist.
Quelle: Wilhelm Kohl in: Münstersche
Zeitung, etwa 1957
Die Kirchherrengasse gehört zu den Straßenzügen, deren Namen von einer Zeit, die den Sinn der
ursprünglichen Bedeutung anscheinend nicht erfasst hatte, willkürlich gedeutet wurde. Im
Volksmund nannte man sie bis in das 20. Jahrhundert hinein kaum anders als
Kiärklingsstiege. Den romantisierenden Sprachdeutern bei der Stadtverwaltung aber
scheint die erste Silbe Veranlassung gewesen zu sein, sie mit Kirche in Verbindung zu
bringen.
Und was lag da näher, als an die benachbarte Lambertikirche zu denken, deren Pfarrer seit
Kappens Zeiten, also etwa seit Anfang der siebziger Jahre, dort ihr Pfarrhaus haben. Auch etwa
aus dieser Zeit wird die künstliche Benennung mit der heutigen Bezeichnung stammen. Denn der
alte Name ist Kerckerincksstiege und in dieser Form findet er sich auf Alerdincks
Vogelschau von 1636.
Zwar machen uns Adolph Tibus und Eugen Müller mit einer ganzen Reihe von Mitgliedern des
altmünsterischen Geschlechts der Kerckerinck, das neben der Familie Droste zu Hülshoff die
einzige vollbürtige Erbmännerfamilie ist, bekannt. Aber weder bei Tibus noch bei Müller findet
sich ein konkreter Nachweis darüber, dass diese Familie, wie man billigerweise annehmen dürfte,
an der Kerckerincksstiege irgendein Besitztum, geschweige denn ihren Stammsitz hatte.
Tibus sagt zwar sehr unbestimmt: Man hält das Haus zur rechten Hand beim Eintritt in die
Kerckerincksstiege für die alte Wohnstatt der Familie, die sich nach und nach über mehrere
Stadtteile verzweigt hat. Aber selbst bei Geisberg, der das fragliche Haus (Alter Steinweg
8) geschichtlich und architektonisch behandelt, findet sich keine Bestätigung dieser Vermutung.
Trotzdem aber kann analog der Entstehung der Namen für die Bolands-, Ringolds-, Voßgasse usw.
mit allerhand Bestimmtheit angenommen werden, dass die Familie Kerckerinck dort früher ein
bemerkenswertes Besitztum gehabt und die Straße danach ihren ursprünglichen Namen erhalten
hat.
Quelle: Walter Werland in den Westfälischen Nachrichten am 25.4.1981
- Zum Straßennamen Kerkerinckstrasse
Berliner Hufeisen-Nummerierung
In dieser Straße sind Hausnummern umlaufend vergeben worden, wie das in Preußen bis im 19. Jahrhundert üblich war. Damals wurden die Hausnummern auf einer Straßenseite stadtauswärts bis zum Ende der Straße fortlaufend vergeben. Dort wechselte die Nummerierung zur gegenüberliegenden Straßenseite und verlief stadteinwärts zum Anfang der Straße zurück. Diese Nummerierung wird "Berliner Hufeisen-Nummerierung" genannt. Es gibt sie in vielen historischen Altstädten. Die Nummerierung ist nicht "unlogisch", sondern verständlich für die Städte, die sich damals nicht weiter ausdehnen konnten als bis zur Stadtmauer. Mit der Ausdehnung der Bebauung über die Stadtmauern hinweg entwickelten die Städte die wechselseitige Nummerierung mit den ungeraden Nummern auf der linken Straßenseite und den geraden Nummern auf der rechten Straßenseite. In vielen Städten existieren beide Systeme nebeneinander für die Altstadt einerseits und die neuen Stadtbereiche andererseits.
In Münster gibt es die umlaufende Nummerierung in sämtlichen Altstadtstraßen und auch in der Johanniterstraße, der Friedrichstraße, der Badestraße und in den nur einseitig angebauten Straßen Am Kanonengraben, Kleimannstraße, Am Kreuztor und der Hüfferstraße bis Hausnummer 26. Warum außerhalb der Altstadt die genannten Straßen diese Nummerierung aufweisen, ist nicht überliefert. In Wolbeck und anderen Ortsteilen gibt es diese umlaufende Nummerierung nicht.
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