Martin-Niemöller-Straße
Statistischer Bezirk: Kinderhaus-West
Entstehung: 1985
Amtsblatt: 13/1985
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Martin Niemöller, *14.1.1892 Lippstadt, 6.3.1984 Wiesbaden, evangelischer Theologe.
Martin Niemöller studierte in Münster seit 1919 evangelische Theologie, legte
hier im Jahre 1923 das erste theologische Examen ab und wurde 1924 Geschäftsführer der Inneren
Mission. Vom 4.6.1930 bis 20.5.1931 war Martin Niemöller Stadtverordneter in Münster. 1931
wurde er als Pfarrer nach Berlin-Dahlem berufen. Martin Niemöller war von 1937 bis 1945 in den
Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau inhaftiert. Er verstarb 1984. Er ist beerdigt auf
dem Friedhof in Lotte-Wersen (Kreis Steinfurt, NRW).
Quelle: Beschlussvorlage Nr. 1/1985
Martin Niemöller - Patriot und Pazifist,
Provokateur und Prediger in einer Person
100 Jahre alt wäre Martin Niemöller 1992 geworden. Sein Name werde noch lebendig sein,
"wenn wir alle vergessen sein werden", sagte Niemöllers innerkirchlicher Gegenspieler,
Bischof Otto Delius, voraus.
Am 14. Januar 1892 wurde Martin Niemöller in dem westfälischen Städtchen Lippstadt geboren. Unvergessen bleibt dieses Leben aus drei Gründen. Einmal spiegelt Niemöllers Weg vom Patrioten zum Pazifisten beispielhaft die Brüche der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Sodann wurde Niemöller als Begründer der Bekennenden Kirche und "persönlicher Gefangener des Führers" in Dachau weltweit zum Symbol des kirchlichen Widerstandes gegen den Nazi-Totalitarismus. Schließlich war er nach 1945 Repräsentant des "anderen Deutschlands" für die Völker und Kirchen der Welt. "Vergessen ist, dass wir Martin Niemöller verdanken, dass man unsere Kinder nicht verhungern ließ nach 1945", so im Todesjahr 1984 Pfarrer Heinrich Albertz.
Vom Patrioten zum Pazifisten, ein weiter Weg: Niemöller kämpft im ersten Weltkrieg für das Kaiserreich als "erfolgreicher" Kommandant des U-Bootes U 67. In der Weimarer Republik zieht der Theologiestudent und Kapitänleutnant a. D. als Bataillonsführer der "Akademischen Wehr" gegen die linken Spartakisten.
Nach 1945 wird er zur Gallionsfigur der deutschen Friedensbewegung. Der unerbittliche Verfechter der Bergpredigt Jesu wird zum radikalen Pazifisten, seit ihm der Atomphysiker Otto Hahn 1954 klar machte, dass der Mensch die Menschheit auslöschen kann. 1959 entfacht er mit seiner Kasseler Rede einen Sturm der Entrüstung in Staat und Kirche mit den Sätzen: "Mütter und Väter sollen wissen, was sie tun, wenn sie ihren Sohn Soldat werden lassen. Sie lassen ihn zum Verbrecher ausbilden."
Acht Jahre in KZ-Haft
Niemöller gründet 1933 den Pfarrernotbund, den Vorläufer der Bekennenden Kirche. Ein Jahr
später widersteht er Adolf Hitler, der in Berlin den evangelischen "Kirchenführern" sagt:
"Die Sorge um das deutsche Volk überlassen Sie ruhig mir." Niemöller antwortet:
"Herr Reichskanzler, Gott selbst hat uns die Verantwortung für unser Volk übertragen und
keine Macht der Welt ist berechtigt, sie von uns zu nehmen." Sein Mut kostet ihn acht
Lebensjahre in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau.
Der KZ-Häftling hat sich eigentlich nichts vorzuwerfen, aber nach der Befreiung durch die Amerikaner im Jahr 1945 wird das Opfer Hitlers unbeirrt zum Prediger der Schuld. Seine Unterschrift steht nicht nur unter dem Stuttgarter Schuldbekenntnis der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Niemöller spricht auch von seiner persönlichen Schuld: "Als die Nazis die Kommunisten abholten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist; als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Sozialdemokrat; als sie die Katholiken holten, habe ich nicht protestiert, ich war ja kein Katholik. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte."
Moralischer Rigorismus
Mit diesem biblisch-moralischen Rigorismus wird Niemöller in der Welt und in der
Weltchristenheit zum Botschafter des "anderen Deutschland" unter einer "anderen Kirche".
Philipp Potter, der spätere Generalsekretär des ökumenischen Rates der Kirchen, in dem
Niemöller Präsident ist, erzählt, dass Schicksal Niemöllers habe ihn zum Theologiestudium
bewogen. Auf Hunderten von Reisen predigte der Leiter des EKD-Außenamtes in fast allen Ländern
der Welt Versöhnung. Bevorzugte Reiseziele Niemöllers waren die Vereinigten Staaten und die
Sowjetunion.
Im eigenen Land bleibt der Streitbare umstritten. Er wird zum Außenseiter im Adenauer-Staat und in seiner Kirche, der er Restauration des Alten vorwirft. "Ich habe unter der Kirche nach 1945 mehr gelitten als unter dem ganzen Nationalsozialismus". Er provoziert alle, die ihn mit ihren höchsten Orden auszeichnen. Die Bundesrepublik, die ihm das Großkreuz des Verdienstordens verleiht, ist ihm ein Wechselbalg: "in Rom gezeugt, in Washington geboren". Die DDR bezeichnet er bei der Übergabe der goldenen Friedensmedaille als eine "Kolonie". Die Vertreter der Sowjetunion, die ihn mit der Leninmedaille in Gold ehrt, traktiert er mit dem Trinkspruch: "Liebe sowjetische Freunde, unser Herr Jesus hat gesagt ...".
Prediger des Evangeliums
Ein französischer Freund sagte nach dem Tod des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Martin
Niemöller im Jahr 1984: "Was wir auch an ihm bewundern, ist, dass er unablässig seinen
eigenen Ruhm zerstört." Er konnte nicht anders, weil er im letzten Prediger des
Evangeliums war. Ein Dokumentarfilm, der am Ende seines Lebens entstand, trägt den Titel der
einfachen Lebensmelodie Martin Niemöllers: "Was würde Jesus dazu sagen?".
Autor: Hans Hafenbrack
Quelle: Münstersche Zeitung vom 28.1.1992
- Eintrag in der Neuen Deutschen Biographie Martin Niemöller
Neben mehr als 110 Straßennamen aus dem Themenbereich katholisches Münster, gibt
es 14 Straßennamen nach Personen aus dem Bereich der evangelischen Kirche. Es sind die
Albert-Schweitzer-Straße, Bodelschwinghstraße, Bonhoefferstraße, Clemens-Theodor-Perthes-Weg, Dorothea-Petersmann-Weg, Ellen-Scheuner-Weg, Fliednerstraße, Jochen-Klepper-Straße, Junker-Jörg-Platz, Martin-Luther-Straße,
10
Martin-Niemöller-Straße, Paul-Gerhardt-Straße, Wichernstraße und Wilhem-Spieker-Straße.