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Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
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Ostmarkstraße

Stadtbezirk:Münster-Mitte
Statistischer Bezirk: Mauritz-Mitte
Entstehung: 1939
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Das Straßennamenschild


Die Ostmarkstraße ist benannt nach der durch Karl dem Großen zum Schutze des Reiches als Grenzmark geschaffenen Ostmark.
Quelle: Beschlussfassung des Hauptausschusses aus dem Jahre 1958.

Der 50. Jahrestag der Machtergreifung
1983 veröffentlichten die Medien ausführliche Berichte zum 50. Jahrestag der Machtergreifung im Januar 1933. Nach diesen Berichten gingen bei der Stadtverwaltung Anträge auf Umbenennung der Ostmarkstraße ein. Über die Anträge hatte die Bezirksvertretung Münster-Mitte zu entscheiden.

Die Beschlussvorlage zur BV-Entscheidung hatte folgenden Inhalt:

Beschlussvorschlag:
Der Straßenname Ostmarkstraße wird beibehalten.
Begründung:
Der (..Antragsteller..) hat mit Schreiben vom 1.2.1983 angeregt, die Ostmarkstraße in Jacob-Kaiser-Straße oder Karl-Arnold-Straße umzubenennen. Zur Begründung wird angeführt, dass die Bezeichnung Ostmark an den 'Anschluss Österreichs' an das Nationalsozialistische Deutschland erinnere. Das gleiche Ziel verfolgt Herr (...), Münster, mit seiner von 25 Mitunterzeichnern getragenen Anregung vom 30.5.1983.

An der etwa 700 m langen Ostmarkstraße befinden sich mit den Hausnummern 4 - 101 ca. 500 Haushalte und zahlreiche Gewerbebetriebe. Die Umbenennung eines Teilstücks des Bohlweges in Ostmarkstraße erfolgte mit der Einführung von 70 weiteren Straßennamen im Jahre 1938 durch polizeiliche Anordnung des Polizeipräsidenten in Münster. Alle Benennungen - so auch die Ostmarkstraße - wurden nicht weiter begründet. Lediglich aus der Präambel der Anordnung ergibt sich, dass auf alte Flurnamen, bekannte Hofnamen und Namen bekannter Persönlichkeiten sowie auf Namen deutscher Dichter und Schriftsteller, Städte der deutschen Ostmark und auf deutsche Inseln Bezug genommen werden sollte.

Ratsausschüsse und Verwaltung haben sich im Jahre 1958 mit der Straßenbenennung Ostmarkstraße und deren Begründung befasst. Auf Vorschlag der Kommission zur Benennung von Straßen vom 29.7.1958 beschloss der Hauptausschuß in seiner Sitzung vom 1.12.1958, die Benennung Ostmarkstraße beizubehalten als Erinnerung an die durch Karl den Großen eingerichtete Ostmark. Die vom Hauptausschuss beschlossene Vorlage führte zur neuen Begründung der Ostmarktstraße wörtlich aus: Die Ostmarkstraße ist benannt nach der durch Karl dem Großen zum Schutze des Reiches als Grenzmark geschaffenen Ostmark.
Nach dieser Beschlussfassung des Hauptausschusses aus dem Jahre 1958 besteht kein Anlass für eine Umbenennung der Ostmarktstraße.
I.V.
Unterschrift
Stadtrat
Quelle: Beschlussvorlage Nr. 8/1983 zur Sitzung der Bezirksvertretung Münster-Mitte am 22.11.1983.

Abstimmung der Bezirksvertretung Münster-Mitte:   Mehrheitlich so beschlossen.

Aus dem Gutachten der Bezirksvertretung Münster-Mitte 2021:
Vergeben wurde der Name Ostmarkstraße 1938 im Rahmen eines thematischen Clusters zur leichteren Orientierung mittels Namen „von Städten der deutschen Ostmark“. Die Ostmarkstraße bildet innerhalb dieses Clusters den ideologischen Ankerpunkt.

Der Name Ostmark ist die deutsche Übersetzung des lateinischen marchia orientalis. Als deutsche Übersetzung des frühmittelalterlichen Quellenbegriffs fand die Bezeichnung Ostmark im 19. Jahrhundert Verbreitung innerhalb der deutschen Sprache.154 Die marchia orientalis war im 9. Jahrhundert eine Markgrafschaft, die als Grenzraum das Herzogtum Bayern gegen das angrenzende Mähren und ungarische Verbände sichern sollte. Dieser, territorial nicht genau zu bestimmenden, karolingischen Ostmark folgte später eine kleinere ottonische. Teile dieser wurden 996 erstmals als Ostarrichi bezeichnet, woraus das spätere Austria oder Österreich resultierte.

Hitler nutze bereits 1938 bei seiner Rede auf dem Wiener Heldenplatz anlässlich des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich den Begriff der Ostmark, um das Ereignis in eine breitere Geschichtskonstruktion einzubetten. Einerseits diente der Begriff dazu, die Eigenstaatlichkeit Österreichs zu verneinen und Österreich als historischen Teil des Deutschen Reiches seit dem Frühmittelalter, eben eine seiner Marken, zu behaupten. Die Eigenstaatlichkeit Österreichs sei vor allem in jüngerer Zeit vor allem zu dem Zweck behauptet worden, ein wahrhaft großes Deutsches Reich zu verhindern. Andererseits erhielt Österreich als neue Ostmark nun auch direkt eine geopolitische und historische Mission, schließlich sei die alte Mark stets ein Bollwerk des Reiches gewesen; diesem Auftrag würde auch die neue Mark gerecht werden – und den strategischen Raum für eine Expansion nach Süd-Osten öffnen, darf man hinzusetzen.

Dies war allerdings keine nationalsozialistische Erfindung. Auch während des allgemeinen Deutschen Katholikentages in Wien 1933 hatte zum Beispiel der spätere Kanzler des austrofaschistischen Regimes in Österreich, Kurt Schuschnigg, für Österreich eine Bollwerkfunktion in Anspruch genommen und die Österreicher als „Ostmarkwächter und Pioniere des deutschen Volkstums“ bezeichnet. Die Erinnerung an die Kriege gegen das Osmanische Reich wurde hier mit einem Abwehrkampf gegen den Sozialismus verschmolzen.

In nationalsozialistischer Lesart stand der Begriff der Ostmark allerdings für eine Geschichtskonstruktion, die die Eigenstaatlichkeit Österreichs negierte. Dies wird durch die allgemeinbildenden Lexika deutlich. In Meyers Konversationslexikon aus dem Jahr 1940 gab es zu „Österreich“ einen historischen Artikel zu einem untergegangenen Land. Der Hauptartikel war nun mit „Ostmark“ betitelt, die Bevölkerung der Ostmark laut Lexikon hauptsächlich „bayerischen Stammes mit fränkischem Einschlag” und der Bundesstaat Österreich ein schwaches, illegitimes Gebilde. Mit dem „Anschluss” Österreichs an das Deutsche Reich fand hier die Geschichte ein notwendiges Ende: „Damit ist das tausendjährige Ostmarkenland ins Reich zurückgekehrt.”

Unter der Bezeichnung „Ostmarkgesetz“ wurde 1939 die gewachsene politische Struktur Österreichs aufgelöst. Sieben Reichsgaue wurden reichsunmittelbar als höhere Verwaltungseinheiten installiert. Im Mai 1941 erging dann die Anweisung, den Begriff der Ostmark nicht mehr in der Presse zu benutzen. Die Länder der früheren Bundesrepublik Österreich wurden nun als Alpen- und Donaureichsgaue bezeichnet. Dies war jedoch keine Abkehr von den mit dem Begriff Ostmark verbundenen geschichtspolitischen Absichten, sondern deren konsequente Fortsetzung, sollte so doch jede Erinnerung an die Eigenstaatlichkeit Österreichs getilgt werden. Der Straßenname Ostmarkstraße steht somit für eine Art geschichtspolitischer Ruine des Nationalsozialismus.

In Westfalen wurde der Straßenname Ostmarkstraße während der NS-Diktatur zwölfmal vergeben, darunter dreimal in Fröndenberg. Mit Ausnahme von Münster und einer Straße in Fröndenberg wurde der Straßenname in allen westfälischen Städten wieder abgeschafft.

Münster hätte die Straße bereits 1947 in Ausführung der Kontrollratsdirektive 30 zusammen mit der Admiral-Scheer-Straße, der Admiral-Spee-Straße, dem Alfred-Krupp-Weg, dem Fehrbellinweg, der Langemarckstraße, der Manfred-von-Richthofen-Straße., der Otto-Weddigen-Straße, der Skagerrakstraße und der Tannenbergstraße umbenannt werden sollen.

Die Ostmarkstraße stand außerdem erneut 1958 und 1983 zur Debatte. Anregungen aus der Bevölkerung zur Umbenennung lehnte die Bezirksvertretung Münster bzw. der Rat damals ab.

Entgegen der Kritik, der Straßenname erinnere an den nationalsozialistischen Anschluss Österreichs, begründete der Hauptausschuss 1958 die Beibehaltung des Straßennamens mit der Begründung, die Straße erinnere an die durch Karl den Großen zum Schutze des Reiches als Grenzmark geschaffene Ostmark. Dies muss angesichts des Datums der Straßenbenennung, der Tatsache, dass im Jahr 1938 auch weitere Städte einen entsprechenden Straßennamen einführten und der der Tatsache, dass weitere Straßen nach österreichischen Städten bzw. Regionen benannt wurden, wie es auch die Begründung der polizeilichen Anordnung der Straßenbenennung angibt, als ahistorische Umdeutung des mit dem Straßennamen gemeinten Sinns gewertet werden, die die weitere Geschichte des Begriffs nach dem Frühmittelalter gleichsam künstlich und gewaltsam stillgelegt.

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