Pfitznerstraße
Die Bezirksvertretung Münster-Mitte hat in ihrer Sitzung am 22.5.2012 die Umbenennung der Pfitznerstraße in Margarete-Moormann-Weg beschlossen.
Hans Pfitzner wurde am 5.5.1869 in Moskau geboren. Er starb am 22.5.1949 in Salzburg.
Pfitzner studierte zwischen 1886 und 1890 Komposition und Klavier in Frankfurt. Im Anschluss war er als Kapellmeister in Mainz und Berlin tätig. Zwischen 1908 und 1918 leitete er das Straßburger Konservatorium sowie die dortigen Philharmoniker. Er siedelte später in die Nähe Münchens über und übernahm eine Meisterklasse für Komposition an der preußischen Akademie der Künste. 1934 wurde er pensioniert.
Pfitzner legte 1917 mit „Palestrina“ sein Hauptwerk vor. Daneben verfasste er zahlreiche Opern und Instrumentalwerke. Pfitzner wirkte nicht nur als Komponist, sondern auch als Dirigent und Opernregisseur. Zudem verfasste er musiktheoretische Schriften, in denen er sich gegen die „Neue Musik“ wandte. In diesem Zusammenhang fühlte Pfitzner sich verpflichtet, „die antimusikalische und materialistische Stellungnahme zur Weltanschauung zu bekämpfen, die für mich identisch war mit dem demoralisierenden internationalen jüdischen Geist, der die Welt regierte.“ (nach: BAB Ehem. BERLIN DOCUMENT CENTERRK/W 0002)
Keine Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen
Pfitzner verstand sich selbst als „unpolitisch“ im Sinne von gefühlsmäßig deutschnational. Er äußerte sich vor, während und nach dem NS-Regime dezidiert antisemitisch. So begrüßte er die politische Erledigung der Judenfrage (BAB Ehem. BERLIN DOCUMENT CENTERRK/W 0002). Allerdings setzte sich Pfitzner während der nationalsozialistischen Herrschaft für einzelne seiner deutschnational gesonnenen jüdischen Freunde ein, so im Jahr 1933 für den Publizisten Paul Cossmann, der jedoch später in Theresienstadt umkam, nachdem sich Pfitzner bereits von ihm distanziert hatte. Allgemein war Pfitzners Interesse am Umgang des NS-Staates mit Juden und Andersdenkenden jedoch wenig ausgeprägt. (Busch 2001)
Er engagierte sich zwischen 1933 und 1945 intensiv im Sinne des NS-Staates, getrieben von dem Wunsch, als gewichtiger Vorkämpfer des Dritten Reiches Anerkennung zu finden: So unterzeichnete er den „Aufruf der Kulturschaffenden“ zur Vereinigung des Reichskanzler- und des Reichspräsidentenamtes in der Person Hitlers im August 1934. Er bekannte sich zudem zwischen 1933 und 1938 mehrfach öffentlich zur Sache des Nationalsozialismus.
Trotz der Abneigung, die einige führende Repräsentanten des NS-Regimes, insbesondere Hitler und Goebbels, für Pfitzner und sein Werk empfanden, wurde der Komponist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: So erhielt er die Goethe-Medaille, den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt, den Beethoven-Preis der Stadt Wien und als „Kämpfer für deutsche Art und Gesinnung“ den Wartheländischen Kulturpreis. Pfitzners Bedeutung als kulturelle Stütze des NS-Regimes lässt sich insbesondere daran ablesen, dass sein Name 1944 auf der Sonderliste der drei wichtigsten Musiker innerhalb der so genannten „Gottbegnadeten-Liste“ erschien. Auf diese Weise wurden ausgewählte Mitglieder der Reichskulturkammer vom totalen Kriegseinsatz ausgenommen. Pfitzners Verhältnis zu den nationalsozialistischen Machthabern war ambivalent, fühlte sich der Künstler, der sich als „deutschesten aller Komponisten“ betrachtete (Schreiben an Frl. Stoll, 10.10.1939, BAB R 55/20231a), vom NS-Regime nur unzureichend hofiert. So beklagte er u.a., dass die Ehrungen zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 1939 nur wenig prachtvoll ausfielen. Auch scheiterten im Jahr 1935 seine Bemühungen, in den Genuss eines staatlichen Ehrensoldes zu gelangen. Allerdings erhielt Pfitzner 1944 eine steuerfreie Dotation Hitlers in Höhe von 50.000 Reichsmark.
Pfitzner stand in engem freundschaftlichen Kontakt zu Hans Frank, der als Generalgouverneur in Krakau für die Ermordung Zehntausender verantwortlich war und 1946 als einer der Hauptkriegsverbrecher verurteilt und hingerichtet wurde. Ihm widmete er 1944 seine Komposition „Krakauer Begrüßung“, die am 2.12.1944 uraufgeführt wurde. Diese Aufführung verweist darauf, dass Pfitzner als „propagandistisch deutscher Vorzeigekünstler“ und kulturelles Aushängeschild oftmals in den besetzten Gebieten, so auch in Belgien und Frankreich, gespielt wurde. In diesem Kontext erhielt er auch in Posen im Jahr 1942 den Wartheländischen Kulturpreis. Dort benannten bereits die Nationalsozialisten eine Straße nach ihm. (Busch 2001)
Aus: Ernst Klee, Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt am Main 2007, S. 456 Pfitzner, Hans. Auf der Sonderliste der drei wichtigsten Musiker der GottbegnadetenListe (Führerliste). Reichskultursenator. * 5.5.1869 Moskau. Komponist. 1917 Hauptwerk Palestrina. 1923 Treffen mit Hitler. Pfitzner 1926 (zit. n. Prieberg): »Daß und wieweit an der international bolschewistischen Umsturzarbeit die Alljuden beteiligt sind -, darüber können gelehrtere Männer als ich, Politiker und Historiker, Aufschluß geben; zu leugnen ist diese Tatsache nicht.« April 1933 Unterzeichner des Protests von Honoratioren der Richard-Wagner-Stadt München gegen Thomas Manns Opus Leiden und Größe Richard Wagners (»Wir lassen uns solche Herabsetzung unseres großen deutschen Musikgenies von keinem Menschen gefallen«). Am 19.8.1934 Unterzeichner des Aufrufs der Kulturschaffenden zur Volksbefragung zwecks Vereinigung des Reichskanzler- und Reichspräsidentenamts in der Person Hitlers: »Wir glauben an diesen Führer, der unsern heißen Wunsch nach Eintracht erfüllt hat.« Am 26. Mai 1938, während der ersten Reichsmusiktage in Düsseldorf (mit der Schandschau Entartete Musik), Aufführung seines Werks Von deutscher Seele. Am 18.5.1942 Sonderkonzert mit der Krakauer Philharmonie des Generalgouvernements. Herbst 1943 Gast beim befreundeten Generalgouverneur Hans Frank (genannt Polenschlächter) in Krakau. Komposition Krakauer Begrüßung, Hans Frank gewidmet, Uraufführung am 2.12.1944 in Krakau (Krakauer Zeitung). NS-Ehrungen: 1934 Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft, Goethe-Preis der Stadt Frankfurt, Herbst 1942 Verleihung des Wartheländischen Kulturpreises durch seinen Förderer Gauleiter Greiser (»dem Kämpfer für deutsche Art und Gesinnung«), Mai 1944 Hitler-Dotation (steuerfreie Schenkung) von 50000 Mark, von Gauleiter Schirach Beethovenpreis und Ehrenring der Stadt Wien. 1947 Erinnerungen: Eindrücke und Bilder meines Lebens. Das Bändchen, etwa 1940 begonnen, blendet das Dritte Reich komplett aus. t 22. 5. 1949 Salzburg. Alma Mahler-Werfel: »Ich habe nie einen Menschen gesehen, der so absolut nichts sah als sich selbst.« Q.: Diensttagebuch.
Quellen und Literatur Bundesarchiv Berlin: R 43/1247 , R 55/377, R 55/20066, R 55/20231a, Ehem. BERLIN DOCUMENT CENTERRK/W 0002 Ehem. BERLIN DOCUMENT CENTERRK/D 0066
Sabine Busch: Hans Pfitzner und der Nationalsozialismus, Stuttgart/Weimar 2001. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945?, Frankfurt a. M. 2003, S. 459. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945?, Frankfurt a. M. 2007, S. 456