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Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
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Schorlemerstraße

Stadtbezirk:Münster-Mitte
Statistischer Bezirk: Bahnhof
Entstehung: 1905
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Benannt nach Burghard Freiherr von Schorlemer-Alst (1825-1895), Begründer des Westfälischen Bauernvereins.


Burghard von Schorlemer wurde auf Schloss Heringhausen im Kreis Lippstadt geboren und wuchs - bei katholischen Adeligen in Westfalen nicht ungewöhnlich - in einem strikt antipreußisch geprägten Klima auf. In eine Sächsische Militärakademie geschickt, bewarb er sich später selbst, wohl als Rebellion gegen die Eltern, beim preußischen Heer. Er blieb zeitlebens ein glühender Verehrer Preußens, auch wenn er später im Kulturkampf zum erbitterten Verfechter katholischer Interessen gegenüber dem deutschen Reichskanzler Bismarck werden sollte.
1852 verließ Schorlemer die Armee und ließ sich auf Haus Alst bei Horstmar nieder, um eine Familie zu gründen und sich als Autodidakt in Fragen der Landwirtschaft zu vertiefen. Er sah die Situation und Probleme der münsterländischen Bauern vor der aufziehenden Moderne und gründete 1862 den ersten westfälischen Bauernverein.
Über Jahrzehnte war der 'westfälische Bauernkönig' ein eifriger Streiter für die Anliegen der Bauern, die er auf christlicher Basis organisieren wollte. Ebenso engagierte er sich als Politiker und Abgeordneter der Zentrumspartei auf Kreis-, Provinz-, Landes- und Reichsebene.
Quelle: Markus Trautmann, Spurensuche in Münster - Der Stadtrundgang, Dialogverlag Münster 2005


Reichsfreiherr von Schorlemer-Alst wurde am 21. Oktober 1825 auf Schloss Herringhausen (Kreis Lippstadt) geboren. Von 1853 bis 1860 war er als Landwirt tätig und veröffentliche agrarfachliche, geschichtliche sowie sozialpolitische Werke. In dieser Zeit wurde er zum Direktor des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Steinfurt/Kreisdeputierter ernannt, wo er die freien Bauernvereine vorbereitete. 1863 wurde Burghardt von Schorlemer-Alst an das Preußische Kollegium für Landesökonomie berufen. Ab 1867 bekleidete er den Posten des Direktors des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für den Regierungsbezirk Münster. Sowohl in den norddeutschen Reichstag als auch in das preußische Abgeordnetenhaus zog er 1870. Von 1874 bis 1890 gehörte er dem Deutschen Reichstag an. 1884 folgte seine Wahl in den Preußischen Staatsrat. Reichsherr von Schorlemer Alst starb am 17. März 1895.

Staat misstraute erst Schorlemers Idee
Der freie und staatsunabhängige Bauernverein wurde in Westfalen am 10. Juni 1862 in Steinfurt-Wettringen in Anwesenheit von 37 Bauern gegründet, Freiherr von Schorlemer-Alst hatte dafür jahrelange Vorarbeit geleistet.

Die aufziehende Industrialisierung, das zunehmende Gewicht des Kapitals und allgemeine liberalisierende Tendenzen brachten viele Landwirte in Schwierigkeiten. Schorlemer zog daraus den Schluss, dass die Landwirtschaft ihre Belange gemeinsam gegenüber anderen Gruppen und dem Staat vertreten müsse.

Im Sommer 1862 legte Schorlemer in einer Schrift "Pro Memoria und Motive zu dem Statut für einen zu bildenden Bauernverein" drei Grundsätze dar:

  • Der bäuerliche Grundbesitz ist in seinem Bestehen gefährdet und zwar sowohl was den Besitz, als auch was die Wirtschaft betrifft.
  • Der bäuerliche Grundbesitz hat nicht das ihm zukommende Gewicht in unserem Staatsleben, denn er erfüllt Pflichten, ohne entsprechende Rechte zu empfangen.
  • Der Grundbesitz nimmt nicht die Rechte wahr, welche ihm durch das Gesetz eingeräumt sind und entbehrt deshalb schon jetzt der ihm gebührenden Vertretung.
Ein aktueller Anlass zur Gründung am 10. Juni 1887 des ersten freien Bauernvereins in Steinfurt-Wettringen war die Aufstellung eines neuen preußischen Grundbesitzkatasters.

Das Kataster war die Basis der Grundsteuer. Sie ermäßigte sich in Westfalen zwar um 43.502 Taler und erhöhte sich für Ost- und Westpreußen und Pommern erheblich, dennoch blieben die westlichen Staatsgebiete weiter benachteiligt, vor allem Bauern mit mittlerem Grundbesitz. Nach der ersten Bauernvereinsgründung ging es nun sehr langsam weiter. Erst 1868/69 folgten weitere Vereinsgründungen in Kirchhellen, Diestedde, Bochum, Coesfeld und Lippstadt.

Überörtliche Zusammenschlüsse waren anfangs verboten. So dauerte es nach 1862 neun Jahre, bis am 30. November 1871 in Anwesenheit von 2000 Bauern in Münster der "Westfälische Bauernverein" gegründet werden konnte. Vorsitzender: Schorlemer-Alst, Stellvertreter: Johannes Breuker, Kirchhellen.

Jahrzehntelang beobachtete die preußische Obrigkeit die Bauernvereine mit Misstrauen. Es gab auch juristische Verfahren.

Auch nach Aufhebung des Verbots überörtlicher Zusammenschlüsse und nach Gründung des Westfälischen Bauernvereins 1871 wurde z.B. den Staatsbeamten unter Androhung von Disziplinarstrafen verboten, an Veranstaltungen des Bauernvereins teilzunehmen.

Mit dem Ende des Kulturkampfes begann sich die Einstellung des preußischen Staates zu den Bauernvereinen zu ändern. Zudem erkannte man nun auch in Berlin ihre Nützlichkeit für den Staat. Das Korporationsrecht erhielt der Westfälische Bauernverein aber erst 1891. [...]
Quelle: Münstersche Zeitung vom 11.6.1987


An der Schorlemerstraße Hs.Nr. 15 sind wichtige Einrichtungen der westfälisch-lippischen Landwirtschaft ansässig:

  • Westf.-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V.
  • Arbeitgeberverband der Westf.-Lipp. Land- und Forstwirtschaft e.V.
  • Landwirtschaftlicher Hauptverein für den Reg. Bez. Münster
  • Landwirtschaftlicher Kreisverband


Gehört zum Thema:

  • Ortsbezug zum Westf. Lippischen Landwirtschaftsverband