Simonsplatz
Statistischer Bezirk: Gievenbeck
Entstehung: 2020
Amtsblatt: 23/2020
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Benannt nach Familie Simons. Der Rechtsanwalt Dr. Erich Simons, seine Frau Elfriede, seine Kinder Ernst und Lore sowie seine Mutter wurden 1943-45 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung in Konzentrationslagern ermordet.
- Position des Stolpersteins im Stadtplan.
Erich Simons *16.4.1896 Olfen, studierte nach dem Abitur 1915 in Warendorf bis zu seiner Einberufung zum Militär Mitte 1916 in Heidelberg Jura. Im Ersten Weltkrieg erlitt er schwere Verwundungen an beiden Beinen. 1919 setzte er sein Jurastudium an der Universität Münster fort. Er war im Vorstand der jüdischen Studentenverbindung Rheno-Bavaria. 1923 promovierte er in Erlangen. Die Niederlassung von Dr. Simons als Rechtsanwalt in Münster erfolgte 1925. Im gleichen Jahr heiratete er Elfriede Abt.
Die Kanzlei befand sich zunächst am Prinzipalmarkt 5, ab ca. 1928 Salzstraße 35 und ab 1936 Bahnhofstraße 42. 1932 wurde er zum Notar ernannt. Mit dem Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933 bekam er Vertretungsverbot vor Gericht, das aufgrund seines Fronteinsatzes vorläufig zurückgenommen wurde, doch entzog man ihm das Notariat.
Seit Ende 1938 war er - als einziger jüdischer Jurist in Münster - als Konsulent nur für jüdische Klienten zugelassen und als Mittelsmann zwischen der jüdischen Gemeinde und den NS-Stellen eingesetzt.
Am 31.5.1938 beantragte er 1.000 Palästina-Pfund zur Emigration nach Palästina. Da er keine
Aussichten hatte, dort in seinem Beruf tätig zu sein, wollte er sich an einem Unternehmen
beteiligen. Nach dem Antrag erfolgte die Zwangsüberweisung seines Sparguthabens auf ein
Sperrkonto mit Pfändung von 25 % für die bei einer Auswanderung fällig werdende
Reichsfluchtsteuer.
Er hatte nach dem Novemberpogrom 1938 eine Judenvermögensabgabe von 23.000 Reichsmark zu
leisten. Noch 1941 hoffte er, in die USA entkommen zu können.
Nach Bombenschäden am Haus Bahnhofstraße 42 wurde er am 2. Februar 1942 mit seiner Familie in
das letzte münsterische Judenhaus Am Kanonengraben 4, der früheren
Marks-Haindorf-Stiftung, eingewiesen.
Nach der Deportation der letzten Juden aus Münster am 31. Juli 1942 verblieb die Familie noch
fünf Monate in diesem leeren Gebäude, bevor ihr im Dezember 1942 eine Wohnung in der
Ludgeristraße 110 zugewiesen wurde. Sie erhielt heimlich Lebensmittelunterstützung durch zwei
nichtjüdische Frauen. Am 10.5.1943 war Dr. Simons gezwungen, einen Heimeinkaufsvertrag
über 7.677 Reichsmark abzuschließen, der ihm vorgaukelte, sich in ein Altersheim einzukaufen.
Elfriede Simons geb. Abt *18.11.1900 in Lippstadt, heiratete 1925 Dr. Erich
Simons. Das Ehepaar hatte drei Kinder, *1926 bis 1933, das älteste starb im Kleinkindalter.
Elfriede Simons nahm nach dem Tod des Schwiegervaters (1933) ihre Schwiegermutter in den
Haushalt auf.
Zur Vorbereitung einer Emigration unterhielt Elfriede Simons in ihrer Wohnung einen englischen
Sprachzirkel. Dort erfolgte auch die Anfertigung von Filzblumen zum geplanten Verkauf im
Emigrationsland.
Ernst Simons *20.11.1926 in Münster, besuchte bis zum Herbst 1938 die jüdische Volksschule in Münster. Seit Oktober 1938 war er 3 Jahre lang Schüler einer jüdischen Oberschule in Berlin. Dafür musste sein Vater ein monatliches Schulgeld von 175 Reichsmark und weitere 175 Reichsmark für Verpflegung und Fahrgeld aufbringen.
Ernst Simons kehrte zu unregelmäßigen Besuchen, zum Beispiel in den Sommerferien, zur Familie nach Münster, Bahnhofstraße 42, zurück. Mit Beginn der Deportationen aus Berlin holten ihn seine Eltern am 21.10.1941 nach Münster zurück. Im Dezember 1941 wurde er als ungelernter Arbeiter im Arbeitseinsatz in einem Gartenbaubetrieb gegen einen Stundenlohn von 0,28 Reichsmark bei 60 Stunden Arbeitszeit wöchentlich zwangsverpflichtet.
Lore Simons *5.05.1933 in Münster, war seit 1939 Schülerin der jüdischen Volksschule in Münster. Im Sommer 1940 verbrachte sie 14-tägige Ferien in Ostwestfalen bei einer jüdischen Familie mit gleichaltriger Tochter. Nach zwei Deportationen von Münster nach Riga im Dezember 1941 und Januar 1942 verblieb sie als einziges jüdisches schulpflichtiges Kind in der Stadt.
Therese-Helene Simons geb. Eltzbacher *19.1.1867 in Neuenkirchen/Rietberg, lebte seit 1928 in Münster. Nach dem Tod ihres Mannes Aron Simon am 2.2.1933
wohnte sie zusammen mit der Familie ihres Sohnes, Rechtsanwalt Dr. Erich Simons, Salzstraße 35,
und seit 1936 Bahnhofstraße 42.
Nach der teilweisen Zerstörung dieses Hauses durch Bomben gelangte sie am 2.2.1942 in das
letzte münsterische Judenhaus Am Kanonengraben 4. Sie lebte dort mit Sohn und
Schwiegertochter sowie den beiden Enkelkindern in einem behelfsmäßig abgetrennten Raum.
Nach der Deportation der letzten in der Marks-Haindorf-Stiftung untergebrachten alten Menschen am 31.7.1942 blieb sie mit der Familie ihres Sohnes zunächst allein in dem Gebäude zurück bis sie mit ihrer Familie von der Stadt Münster am 11.12.1942 in das Haus Ludgeristraße 110 zwangseingewiesen wurde.
Am 12. Mai 1943 wurde Familie Simons mit der Großmutter, den Eltern und den beiden Kindern ins
Ghetto Theresienstadt deportiert. Dr. Erich Simons wurde am 9.10.1944 mit Frau und Tochter (der
Sohn bereits wenige Tage früher) ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Das zurückbleibende Vermögen wurde vom Deutschen Reich konfisziert und die Wohnungseinrichtung
versteigert.
Therese-Helene Simons, die vor ihrer Deportation einen Heimeinkaufsvertrag über 13.000
Reichsmark hatte unterzeichnen müssen, starb acht Wochen nach ihrer Ankunft in Theresienstadt.
Ernst Simons gelangte, getrennt von den anderen, vom Ghetto Theresienstadt am 28.9.1944 ins Vernichtungslager Auschwitz, wo er zur Arbeit zwangsverpflichtet wurde. Vor dem Anmarsch sowjetischer Truppen wurde er in Richtung Westen auf den Todesmarsch geschickt. Am 7. Januar 1945 wurde er in das Außenlager, Kaufering VII (Erpfting), des KZ Dachau überstellt und kam dort zwei Tage später um.
Quelle: Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945, Teil 1: Biographisches Lexikon, Münster 2001
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Als
das jüdische Leben in Münster erlosch
weiterer Bericht von Gisela Möllenhoff in Westfälische Nachrichten, Auf Roter Erde
Zwölf Straßennamen in der ehemaligen Oxford-Kaserne
Als in den Jahren ab 2014 die Umwandlung der ehemaligen Kaserne an der Roxeler Straße in ein
ziviles Wohnbaugebiet absehbar wurde, hat die Bezirksvertretung Münster-West am 4. Mai 2017
entschieden, dass die Straßen im Oxford-Quartier nach weiblichen Opfern von Krieg und Gewalt
benannt werden sollten.
Die Vorschläge für die Straßennamen stammen von den Autorinnen des Buches Jüdische Familien
in Münster 1918 - 1945 Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer.
Es sind die zwölf Straßennamen:
Edith-Miltenberg-Weg, Elfriede-Meyer-Weg, Else-Scheuer-Weg, Gumprichstraße, Henny-Uhlmann-Weg, Henriette-Hertz-Weg, Luise-Rappoport-Weg, Meta-Seelig-Weg, Nanny-Katz-Weg, Simonsplatz,
Sonja-Kutner-Weg und Sophie-Heimbach-Weg.
Im Stadtgebiet Münster gibt es 31 Straßen, die nach Menschen mit jüdischer Abstammung benannt
sind:
Alfred-Flechtheim-Platz, Baumgartenweg, Edith-Miltenberg-Weg, Edith-Stein-Straße, Einsteinstraße, Elfriede-Meyer-Weg, Eli-Marcus-Weg, Else-Scheuer-Weg, Goldenbergstraße, Gumprichstraße,
10
Hedwig-Feibes-Weg, Heilbronnweg, Helmut-Pins-Weg, Henny-Uhlmann-Weg, Henny-Waldeck-Weg, Henriette-Hertz-Weg, Henriette-Son-Straße, Hoffmannweg, Jacob-von-Korbach-Weg, Julius-Voos-Gasse,
20
Luise-Rappoport-Weg, Marks-Haindorf-Stiege, Meta-Seelig-Weg, Nanny-Katz-Weg, Philippsweg,
Reha-Mathel-Falk-Weg, Simonsplatz, Sonja-Kutner-Weg, Sophie-Heimbach-Weg, Weinbergweg und
30
Zwi-Schulmann-Weg.
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