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Ausschnitt eines alten Stadtplans von Münster aus dem Jahre 1862
 
Straßenschild Ringoldgasse
 
 
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Tannenbergstraße

Stadtbezirk:Münster-Mitte
Statistischer Bezirk: Kreuz
Entstehung: 1939
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Das Straßennamenschild


Im Jahre 1939 benannte man diese Straße nach der Schlacht bei Tannenberg im Ersten Weltkrieg, in der die russische 2. Armee, die Narew-Armee, vernichtend geschlagen wurde.
Quelle: Wilhelm Kohl in: Münstersche Zeitung, 1957

Innerhalb von neun Tagen, vom 23.-31. August 1914, kamen bei den Kämpfen 33.000 Soldaten auf russischer und deutscher Seite ums Leben.

Aus dem Gutachten der Bezirksvertretung Münster-Mitte 2021:
Tannenberg, polnisch Stębarg, ist ein Ort in Masuren, der heute zu Polen gehört. 1410 war Tannenberg Schauplatz einer Schlacht zwischen dem Deutschen Orden auf der einen und dem in Personalunion verbundenen Königreich Polen und dem Großfürstentum Litauen auf der anderen Seite. In dieser Schlacht wurde der Deutsche Orden empfindlich geschlagen. Polnisch wird diese Schlacht Bitwa pod Grunwaldem, Schlacht bei Grunwald, genannt. Grunwald, deutsch Grünfelde, ist ein Dorf drei Kilometer entfernt von Tannenberg.

Als im August 1914 russische Truppen unerwartet rasch auf das Gebiet des Deutschen Reichs vorrückten und Masuren besetzten, gelang es der deutschen 8. Armee unter ihren kurzfristig eingesetzten Kommandeuren Ludendorf und Hindenburg die russische 2. Armee zu umfassen und zu vernichten. Die Schlacht wurde von Anfang an propagandistisch aus- und aufgewertet. Sie galt als „eine der größten Einkreisungsschlachten der Weltgeschichte“ und stellte einen für die deutsche Propaganda dringend benötigten Gegenmythos zu den verlustreichen Materialschlachten an der Westfront dar. Die Schlacht, an der mehr als 153.000 Soldaten auf beiden Seiten beteiligt waren, fand innerhalb eines breiten Operationsgebietes statt, in dem auch Tannenberg lag.

Die Benennung der Schlacht nach dem Ort Tannenberg war nicht zwingend und soll auf eine Initiative Hindenburgs zurückgehen, der so die Schlacht des Ersten Weltkriegs in eine historische Traditionslinie zur Schlacht des Mittelalters setzte, die in der nationalhistorischen Lesart Heinrich von Treitschkes zur „deutsch-slawischen Entscheidungsschlacht“ geworden war. Um die Schlacht bei Tannenberg rankte sich alsbald ein Mythos, der eng mit dem Mythos Hindenburgs als Feldherr verknüpft war. Hindenburgs spätere politische Rolle als Reichspräsident der Weimarer Republik speiste sich aus seinem Nimbus als Feldherr von Tannenberg. Dieser Mythos war strikt antirepublikanisch orientiert. Die siegreiche Schlacht von Tannenberg galt als Beleg für das im Felde unbesiegte Heer und befeuerte damit die Dolchstoßlegende, die sich gegen die republikanischen Verfassung richtete. Bei Tannenberg wurde – finanziert durch private Spenden – eine große Denkmalanlage errichtet, an der nun alljährlich Tannenbergfeiern stattfanden. Ludendorf gründete den extrem rechten, strikt antisemitischen und antirepublikanischen, allerdings auch wenig erfolgreichen Tannenbergbund als Sammelbecken für rechte Kräfte.

Auch die Nationalsozialisten benutzten den Mythos Tannenberg, um an der Popularität Hindenburgs zu partizipieren. Hitler nahm selbst an den Tannenbergfeiern teil, bei denen quasi ein „Sakraltransfer“ von Hindenburg auf Hitler vollzogen wurde. Nach dem Tod Hindenburgs wurde das Denkmal in Tannenberg um eine pompöse Grabstätte für Hindenburg erweitert, das Denkmal von Hitler zum Reichsehrenmal und „Heiligtum der Nation“ erhoben. Mit der Verschmelzung der Ämter von Reichskanzler und Reichspräsident in der Person Hitlers war die Verschmelzung von altem Feldherrnmythos und neuem Führermythos dann auch institutionell abgeschlossen. Der Tannenbergmythos verlor für den Nationalsozialismus an propagandistischem Wert, jedoch bestand 1940 noch ein Führerhauptquartier im Schwarzwald unter dem Namen Tannenberg.

Die Straße hätte in Münster bereits 1947 in Ausführung der Kontrollratsdirektive 30 zusammen mit der Admiral-Scheer-Straße, der Admiral-Spee-Straße, dem Alfred-Krupp-Weg, der Ostmarkstraße, dem Fehrbellinweg, der Manfred-von-Richthofen-Straße., der Otto-Weddigen-Straße, der Skagerrakstraße und der Langemarckstraße umbenannt werden sollen.

In Westfalen wurden zwischen 1933 und 1940 nach Tannenberg achtzehnmal Straßen oder Plätze benannt. Mit Ausnahme von Münster und Olpe wurde der Name nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs überall geändert.

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