Überwasserstraße
Im Jahre 1954 wurde die Überwasserstraße auf Wunsch zahlreicher Bewohner dieses Straßenviertels
benannt. Die Überwasserstraße ist eine der neuen Durchbruchstraßen, deren Anlage nicht zuletzt
durch die starken Kriegszerstörungen in diesem Stadtviertel möglich geworden war.
Quelle: Wilhelm Kohl in: Münstersche
Zeitung, 5.7.1957
Das Überwasserviertel
Da die Liebfrauenpfarre die erste war, die vom Dom abgepfarrt wurde, ist das Viertel um
Liebfrauen-Überwasser eines der ältesten der Stadt. Vor allem an der Hollenbeckerstraße hatten
sich bald nach Gründung der Domburg zahlreicht Kaufleute und Handwerker niedergelassen. Die
Siedlung an der Hollenbeckerstraße besaß bereits den Namen Überwasser, ehe die
Überwasser-Kirche gebaut wurde. Die Vorstadt Überwasser blieb lange Zeit ein eigener
unabhängiger Wohnbereich. Erst 1170, mit dem Bau der neuen geschlossenen Stadtmauer, wurde
Überwasser in das Stadtgebiet integriert.
Zwei Krankenhäuser lagen innerhalb des Überwasserviertels, das große Magdalenenhospital und die
Elende Marientrost, ein Spital für durchreisende Fremde. Fünf Armenhäuser*,
die insgesamt 24 Männer und 39 Frauen aufnehmen konnten, befanden sich außerdem hier. Das
bekannteste Armenhaus Münsters, das so genannte Zwölfmännerhaus am Katthagen, gehörte
auch dazu.
Noch bis in das 20. Jahrhundert hinein standen die Gassen des Überwasserviertels, vor allem
Katthagen, Tasche, Brink und Ribbergasse in zweifelhaftem Ruf. Arme Leute wohnten hier, kleine
Gauner, Luden (Zuhälter) und Taschendiebe. Es gab ungewöhnlich viele Gasthöfe und Herbergen
südlich des heutigen Kuhviertels. Der Zweite Weltkrieg hat diese Viertel stark getroffen. Die
Gassen Tasche, Brink und Ribbergasse sind völlig aus dem Stadtbild verschwunden. Heute
erschließt die Überwasserstraße das Kuhviertel und das Überwasserviertel.
Quelle: Detlef Fischer, Münster von A bis Z, Münster 2000
* Armenhaus = Gotteshaus
Armenhäuser, wie sie zwischen 1300 und 1620 in großer Zahl in Münster entstanden, galten als
Gotteshäuser - aus drei Gründen: Hier wurde gebetet, an jedem Tag und zu allen
Tageszeiten. Die armen Bewohnerinnen und Bewohner, die hier, vor allem als alte Menschen,
Obdach und Verpflegung erhielten, beteten für ihre Wohltäter und für das Heil der Stadt. Ihr
Leben war nach klösterlichen Grundsätzen ausgerichtet, auch wenn sie keine Gelübde ablegten.
Die Hausordnungen schrieben den täglichen Gottesdienstbesuch vor. Im Armenhaus Jüdefeld am
Buddenturm waren außerdem täglich 25 Paternoster und Ave Maria zu beten. Gotteshäuser waren es
zudem, weil sie dem Heiligen Geist geweiht waren, der die Menschen zur Nächstenliebe (caritas)
und besonders die Wohlhabenden zur Armenfürsorge anleitete. Noch heute gibt es in Deutschland
und anderen europäischen Ländern Heilig-Geist-Spitäler. Ihre Wurzeln reichen sehr weit ins
Mittelalter zurück. Gotteshäuser waren es schließlich aber auch, weil die Bedürftigen auch
Gottesarme genannt wurden. Sie hatten allein das zur Verfügung, was Gott und gute Menschen
ihnen gaben, wie es in vielen historischen Zeugnissen formuliert ist. Dies war im Gegensatz
gemeint zu den übrigen Armen, die sich durch ihre Arbeitskraft notdürftig selbst ernähren
konnten.
Quelle: Stadtarchiv Münster, Im Wandel der Zeit - 1200 Jahre Münster, Zwolle 2000,
Seite 163
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