Vagedesweg
Statistischer Bezirk: Aaseestadt
Entstehung: 1960
Amtsblatt: Okt.60
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Benannt nach der Familie Vagedes (Bürgermeister und Architekten)
- Hofrat Friedrich Christian von Vagedes, Bürgermeister von 1784 bis 1792 und
- Clemens August von Vagedes, *1760, 3.12.1795, Architekt und
- Adolf Anton von Vagedes, *1777, 27.1.1842 in Düsseldorf, Architekt des Düsseldorfer Hofgartens
Münsters verkannter Architekt: Clemens August von Vagedes
Sollen wir das Palais abreißen oder aufbauen? Ältere Münsteraner werden sich noch an den heftigen Streit erinnern, mit dem in den 1950er Jahren um das historische Gebäude an der Engelenschanze gerungen wurde. Doch die Baubehörde wünschte einen bequemeren Straßenverlauf: Während das nicht minder kriegszerstörte Schlaunische Schloss äußerlich in altem Glanz erstrahlen durfte, trug man das Werk seines Enkelschülers Clemens August von Vagedes ab.
Seitdem erinnert in Münster nur noch der Druffelsche Hof (heute Sitz der Stadtsparkasse) an den bedeutenden Architekten, in Lippstadt blieb ein Bürgerpalais, Haus Epping, erhalten. So ist Vagedes fast vergessen, nicht einmal ein Porträt wurde überliefert.
Dank eines glücklichen Zufalls kann das Westfälische Landesmuseum am Domplatz aber zumindest wieder (bau)lückenlos an ihn erinnern. Im Herbst 1991 stöberte der Lübecker Forscher Dr. Thorsten Albrecht im Bückeburger Schloss einen bislang unbeachteten Stapel Mappen mit 2000 Architekturzeichnungen auf. Etwa 500 Blätter stammen aus der Feder des Clemens August von Vagedes - ein sensationeller Fund. Die wichtigsten Exponate wurden 1994, ergänzt durch heimische Bestände, im Westfälischen Landesmuseum der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Rundgang begann auf der ersten Etage mit den Lehrjahren. Vagedes, 1760 in Bonn geboren, war in Münster zur Schule gegangen und hatte 1775 beim Oberbaudirektor Wilhelm Ferdinand Lipper, einem Verwandten der Familie, seine Ausbildung zum Architekten begonnen. Lipper beschäftigte sich gerade mit dem von Schlaun unvollendet hinterlassenen Schloss. Er betraute seine Schüler mit sauberen Feder- oder Bleistiftzeichnungen der Inneneinrichtung, etwa des Treppenhauses, die - wie etliche Präsentationsvermerke bezeugen - dem Kurfürsten vorgelegt wurden.
Die Ausstellung bemühte sich, solche Detailskizzen als Teil eines Gesamtkonzepts erfahrbar zu machen. Verworfene Pläne (etwa ein Park mit vier Obelisken) werden ebenso präsentiert wie alte Fotos von längst Zerstörtem. Das theatralisch hinter einem Vorgang verborgene Aquarell von 1830, das vor vier Jahren aus London angekauft wurde und in leuchtenden Farben den gelben Salon abbildet, stimmt geradezu wehmütig.
Immerhin erhalten blieben drei Flügeltüren aus dem Nordpavillon, die - frisch restauriert - den Rundgang auf der Galerie um den Lichthof eröffneten. Hier erfuhr man, dass sich Vagedes auch an der Umgestaltung der 1771 geschleiften Wallanlage zur Promenade sowie am Bau des Romberger Hofes und des Komödienhauses beteiligte. Der Wiederaufbau nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 - 1763) und die an Berlin orientierten städtebaulichen Akzente des aufklärerischen Bischofs Franz von Fürstenberg, gaben den Architekten ein reiches Betätigungsfeld.
Dass Vagedes zudem ein belesener Mann war, belegen einige Bücher aus seiner einst 400 Bände umfassenden Privatbibliothek. Auch schrieb er sich 1780 an der neuen Universität ein, ohne das Studium indes je zu beenden. Denn zu dieser Zeit stand er beruflich längst auf eigenen Füßen. In Münster erhielt er Aufträge für mehrere Wohnhäuser und Adelshöfe, im Umland für Sakralbauten in Burlo und Herzfeld. 1786 in den Adelsstand erhoben, avancierte Vagedes 1790 zum Schaumburg-Lippischen Landbaumeister in Bückeburg.
Hier konnte er ganze Vielseitigkeit beweisen, wenn auch viele Pläne aus Kostengründen stark reduziert oder gar nicht verwirklicht wurden. Seine frühklassizistischen Fassaden wusste er geschmackvoll zu variieren, für die Interieurs entwarf er sogar Kachelöfen und Möbel selbst. Ob ein geweihbekränztes Forsthaus für den Fürsten oder ein Grenzgasthaus, in dem die lebensfrohe Fürstin Juliane private Feste feiern konnte - Vagedes wurde allen Anforderungen gerecht. Selbst ein Viehstall sah bei ihm noch schmuck aus.
Am schönsten wirkten auf den Betrachter Gartenanlagen wie im hessischen Phillippsthal oder mecklenburgischen Tieplitz, die Vagedes regelrecht inszenierte, wie eine eigene Beschreibung verrät. Ja, der Baumeister veröffentlichte auch kunsttheoretische Abhandlungen und gründete sogar einen Aufklärungszirkel. Die Arbeitsbelastung setzte dem ohnehin ewig Kränkelnden jedoch immer stärker zu. 1795 starb er - unverheiratet und erst 35 Jahre alt - an einem "Blutsturz".
Sein fast völlig zerstörtes Lebenswerk wurde 1994 wenigstens von der Wissenschaft
wiederendeckt: Eine Monografie war bereits in Arbeit.
Quelle: Münstersche Zeitung vom 14. Januar 1984, Autor:
Sebastian Loskant
- Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren Adolf Anton von Vagedes
In Münster gibt es 13 Straßennamen aus dem Themenbereich Architekten, Baumeister und
Geodäten. Es sind die
Alerdinckstraße, Bentelerstraße, Gropiusstraße,
Hanemannstraße, Hensenstraße, Hertelstraße, Pictoriusstraße, Schinkelstraße,
Schlaunstraße, Stübbenstraße, Vagedesweg, Von-Corfey-Straße und Von-Manger-Straße.
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