Seiteninhalt
Ein heimlicher Gebetsraum
Erinnerung an jüdisches Leben in Billerbeck
Spürbar von vielen Menschen abgetreten sind die Treppenstufen, die hinunter in den Gewölbekeller der Münsterstraße 2 in Billerbeck führen. Man gelangt in einen Gebetsraum, den die ehemaligen jüdischen Familien aus Billerbeck Anfang des 20. Jahrhunderts heimlich nutzten – diejenigen, die noch verblieben und nicht bereits ausgewandert oder umgezogen waren. Wo heute ein kleines Modegeschäft seinen Sitz hat, befand sich damals das Textilgeschäft der jüdischen Familie Stein/Bendix.
Der Gewölbekeller ist nun seit dem 14. Dezember letzten Jahres ein Gedenkort für die jüdischen Familien, die bereits seit dem 18. Jahrhundert in Billerbeck wohnten. Initiiert und gestiftet wurde das Projekt von der Wolfgang-Suwelack-Stiftung, die sich seit vielen Jahren im Bereich der Gedenkkultur und Erinnerungsarbeit in Billerbeck engagiert.
„Der Gebetsraum war völlig in Vergessenheit geraten“, berichtet Wolfgang Suwelack, Vorsitzender und Gründer der Stiftung, „er war bloß eine Rumpelkammer!“. Der Raum wurde entrümpelt, renoviert und schließlich mit einer Bilderwand ausgestattet. Die Bilder informieren über die Lebensgeschichten der Billerbecker jüdischen Familien und ordnen diese in die historischen Ereignisse ein. Beim Besuch des Gedenkortes wird deutlich: die Bilanz der nationalsozialistischen Verfolgung in der Domstadt ist bitter. Waren 1933 noch 31 Mitglieder in der jüdischen Gemeinde gemeldet, so gab es ab 1940 kein jüdisches Leben mehr in der Stadt. Mindestens 19 in Billerbeck geborene Jüdinnen und Juden wurden in Konzentrationslagern oder Ghettos ermordet, nur wenige schafften die Flucht ins Ausland.
Anna Uhlmann, geb. Albersheim, ist eine dieser Überlebenden. Sie emigrierte 1939 mit ihrem Ehemann in die USA und traf sich im Jahr 2001 mit Wolfgang Suwelack in ihrer neuen Heimat Chicago. Durch sie erfuhr der Stifter erstmals von der ursprünglichen Nutzung des Gewölbekellers als Gebetsraum.
Nun steht der Gedenkort, in dem auch einige Filme einen Einblick in die Arbeit der Suwelack-Stiftung bieten, Besuchenden offen. Interessierte können sich während der Öffnungszeiten des Modegeschäfts im Haus den Raum ansehen oder Führungen über die Stiftung anfragen. In Zukunft soll der Ort auch in die historische Stadtführung durch Billerbeck eingebunden werden sowie einen Ort der außerschulischen Bildung für Schulklassen darstellen.
Mehr Informationen über den Gebetsraum sowie die Kontaktdaten der Ansprechpartner und -partnerinnen finden sich auf der Website der Wolfgang Suwelack-Stiftung.
Öffnungszeiten des Ladenlokals „die Kleiderei“:
- Dienstag und Miittwoch: 10–13 und 15–18 Uhr
- Donnerstag und Samstag: 10– 13 Uhr
- Freitag: 10–13 und 14.30–18 Uhr
Website der Wolfgang-Suwelack-Stiftung