Landwirtschaft fürs Klima
Vom Domplatz aus startete die gemeinsame Tour mit Münsters erstem und einzigen elektrischen Doppeldeckerbus zu Bio-Landwirt Patrick Pohlmann. Dessen neue, innovative Halle zwischen Gelmer und Mariendorf war zum Zeitpunkt der Führung erst zwei Wochen alt, so kannte selbst der Busfahrer den Weg dorthin noch nicht auf Anhieb. Bei dem Bio-Landwirt werden beispielsweise Kürbisse gelasert statt in Plastik eingepackt, um sie für den Einzelhandel als Bio-Ware kenntlich zu machen. Und damit die angebauten Kräuter und Gemüse keine Unkrautvernichter benötigen, harkt der Traktor mit Hilfe von GPS und Kameras zentimetergenau um die Pflanzen herum. Selbst vollautomatische, KI-gesteuerte Roboter sind beim Landwirt Pohlmann schon testweise schon im Einsatz.
Der zweite Stop der Tour führte zum Bioland Hofgut von Victoria und Jörg Schulze Buschhoff in Handorf. Diese haben sich unter dem Namen Ökullus auf den Direktvertrieb spezialisiert und liefert Kisten (inkl. Rezepte) an Privathaushalte sowie Schulen in Münster. Zudem sind sie auf den Wochenmärkten vertreten und bieten in vorgepflanzten Genussgärten die Möglichkeit selbst zu ernten. Auch hier konnten die Teilnehmenden wieder viele Fragen direkt an die Eigentümer*innen stellen und zum Schluss auch noch ein Huhn streicheln.
Zum Abschluss lud David Büchler von biolee an seinem mobilen Stand zur Verkostung der eigenen Kartoffeln in Form von frischen Pommes mit selbstgemachten Soßen ein und erzählte dabei, wie kostspielig landwirtschaftliche Flächen sind und wie sie erfolgreich mit Hilfe einer Genossenschaft und Unterstützung vieler nun bald doch langfristige Planungssicherheit haben. Die Fritten aus Roxel gibt es übrigens auch auf dem Münsteraner Weihnachtsmarkt.
Energetische Sanierung
Die Wohn + Stadtbau bietet mit 6.347 Mietwohnungen nicht nur nur wichtigen und bezahlbaren Wohnraum für Münster - auch das Thema der energetische Sanierung steht dabei fest auf der Agenda für die nächsten Jahre. Sebastian Albers erläutert den Teilnehmenden der Tour, dass die Wohn + Stadtbau dazu einen konkreten Investitionsplan beschlossen hat - um bis 2045 klimaneutral sein zu können. Ein Beispiel ist sind die Gebäude in der Aaseestadt, konkret an der Leuschnerstraße, bei der die Wohn + Stadtbau aktuell 3,64 Millionen Euro für energetische Modernisierungen investiert. Diese umfassen unter anderem die Dämmung und Neuverklinkerung der Fassaden, Erneuerung der Fenster und Hauseingangstüren, zusätzliche Dachdämmung und Erneuerung der Dachhaut, Anschluss an das Fernwärmenetz. Das bringt nicht nur das Ziel der Klimaneutralität ein kleines Stück näher, sondern spart den Mieter*innen ganz konkret bis zu 40 Prozent Energie. Aber auch an der angrenzenden Von-Stauffenberg-Straße wurde investiert und zwar in 1.000 m² Dachfläche mit Photovoltaikmodulen, die bis zu 100t CO² jährlich einsparen sollen. Die Teilnehmenden zeigten reges Interesse und fundiertes Vorwissen, so dass viele Detailfragen auch am konkreten Objekt geklärt werden konnten.
Mehr als eine Klimaausstellung
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist in unterschiedlichsten Bereichen tätig: Von wohnortnahen Kliniken für Psychiatrie, spezialisierte Förderschulen für Kinder mit Behinderungen bis hin zu Museen. Mit ca. 20.000 Beschäftigten sorgt der Kommunalverband in den 27 Städten und Kreisen in der Region, im urbanen wie auch im ländlichen Raum für gleiche Lebensverhältnisse. Dazu gehört schon seit längerem auch das Thema Klimaschutz, den Stefano Rossi von der Stabsstelle Klima des LWL im Seminarraum des Naturkundemuseums stolz präsentiert. Denn bereits um 1990 hat der LWL damit begonnen, auf fossile Brennstoffe zu verzichten und damit wesentliche CO2 Einsparungen erreicht. Da die Gebäude der über 200 betriebenen Einrichtungen den größten Anteil des verbleibenden CO2-Fußabdruckes ausmachen, konzenrtriert sich der LWL unter anderem auf die energetische Sanierung des Gebäudebestandes. Bis 2030 will der LWL klimaneutral sein und den Rest nicht durch gekaufte CO2-Zertifikate kompensieren, sondern durch eigene Projekte: von der Produktion von Solarstrom über den eigenen Bedarf hinaus bis hin zum Wiederaufbau von Mooren zur CO2-Speicherung. Im zweiten Teil zeigte das Naturkundemuseum als eine Einrichtung des LWL bei der Sonderausstellung „Unser Klima“ wie das Klima sich bereits in der Weltgeschichte mehrfach änderte und welche weitreichenden Konsequenzen das auf das Leben auf der Erde hatte. Vor vielen Millionen Jahren war der Wandel noch natürlich und sehr langsam - heute ist er menschgemacht und viel schneller.
Tipp: Wer nicht bei der Führung dabei sein konnte, kann sich darüber freuen, dass die Sonderausstellung Klima im LWL Naturkundemuseum verlängert wurde und nun noch bis zum 14. Januar 2024 besucht werden kann.
Bestand hat Zukunft
Als vor 20 Jahren das Bau- und Demonstrationszentrum der Handwerkskammer (HWK) Münster gebaut wurde, steckte der Klimaschutz beim Bau von Gebäuden - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung - noch eher in den Kinderschuhen. Effektive Dämmung aus verschiedenen Naturmaterialien, eine zuverlässige Wärmepumpe, nachhaltige Baustoffe, der Verzicht auf Bauschaum, weitere Maßnahmen sowie eine ansprechende Architektur zu vereinen waren damals eine große Herausforderung. Diese wurde aber zusammen mit dem Handwerk erfolgreich umgesetzt. Dr. Susanne Diekmann von der HWK kennt die Entstehungsgeschichte des Paul-Schnitker-Hauses gut und berichtete beispielsweise über die vielen verbauten Sensoren, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in den verschiedenen Schichten des Mauerwerks kontinuierlich messen und wie diese Daten, die öffentlich zugänglich sind, für die Weiterentwicklung von Empfehlungen für klimafreundliches Bauen genutzt werden. So kann beispielweise abgeschätzt werden, welche Materialien auch unter widrigen Umständen eine gute Dämmwirkung haben und gleichzeitig wetterbeständig bleiben. Dabei dient das Bau- und Demonstrationszentrum keineswegs nur als innovatives Vorzeigebauwerk sondern wird regelmüßig zur Fortbildung von Handwerker*innen genutzt. Schließlich müssen die Betriebe die Kund*innen zu den zukunftsfähigen Technologien auch fachgerecht beraten können und diese einbauen. Heute lässt sich sagen, dass sich einige, damals experimentelle Methoden und Materialien zum Standard entwickelt haben und die Ausbildung des Handwerks hin zu mehr Nachhaltigkeit große Fortschritte gemacht hat. Darauf will sich die HWK aber keineswegs ausruhen und plant schon weiter Schritte, um noch höhere Ansprüche für den Klimaschutz zu erfüllen und zum Standard zu machen.
Klimaführung im Allwetterzoo
Der Allwetterzoo Münster hatte glücklicherweise noch einen Zusatztermin angeboten, so dass möglichst viele Anmeldungen positiv bestätigt werden konnten - denn die Nachfrage an dieser Veranstaltung im Rahmen der Klimastadt-Woche war groß. Schließlich wurde hier nicht ein normaler Zoo-Besuch angeboten, sondern eine spezielle Führung zum Thema Klimawandel, wie sich die Tiere (schon heute) daran anpassen müssen und was der Zoo auch selbst für den Klimaschutz tut. So lernten beispielsweise Jung und Alt, dass die Schnäbel von manchen Vögeln selbst in Deutschland messbar größer werden, da durch die größere Oberfläche der durchbluteten Schnäbel mehr Hitze abgegeben werden kann. Zudem wandern viele Tiere kontinuierlich in Richtung der kühleren Pole - jeden Tag im Schnitt 5 Meter. Auch die Eier der Schildkröten werden von den Temperatur beeinflusst - normalerweise liegt die Hälfte im Schatten und die Hälfte in der Sonne und es gibt gleich viele Männchen wie Weibchen. Wegen der gestiegenen Temperaturen lassen sich bereits eine Häufung von Weibchen beobachten. Auf Wunsch der Teilnehmenden besuchten alle zum Abschluss die neue Meranti-Halle, welche dank Geothermie, Photovoltaik und einer Speicherung der Wärme durch viele Rohre in den Wänden und einer speziellen Folien-Dach-Konstruktion nahezu ganzjährig bis zu 100 Prozent klimaneutral betrieben wird.
Veganer Mitbring-Brunch
Wer denkt, dass es beim veganen Mitbring-Brunch nur Brot, Marmelade und Salat gibt, wird überrascht sein. Es gab am Sonntag so viel Auswahl, dass man mindestens zwei Mal gehen musste, um von allem ein bisschen zu probieren. Das Besondere an dem Vormittag sind nicht nur die vielfältigen Leckereien, die jeden Monat aufgetischt werden, und der Austausch über Rezepte, sondern auch die tollen Begegnungen und Gespräche zwischen neuen und erfahrenden Freund*innen der pflanzlichen Lebensweise sowie Interessierten. Der Mitbring-Brunch ist keine Erfindung der Klimastadt-Woche sondern wird bereits seit 2010 privat, aktuell jeden 4. Sonntag im Monat um 11:30 Uhr im Gleis 22, organisiert und steht allen offen. Der Eintritt ist die selbstgemachte, vegane Essensspende. Aktuelle Infos und Terminerinnerungen können über den Telegram-Kanal abonniert werden: Zum Telegram-Kanal
Wege bereiten fürs Radeln und fürs Klima
Die nahezu durchgehende Fahrrad-Infrastruktur in Münster war historisch gesehen eigentlich ein (Neben-)Produkt der autogerechten Stadt - sprich sie sollten die Fahrradfahrer*innen von den Autos separieren. Heute sind es günstige Rahmenbedingungen für die Fahrradstadt Münster, bei der der Modal-Split viel stärker vom Fahrrad beeinflusst wird als in vergleichbar großen Städten. Dass die hohe Quote an Fahrrädern nicht nur Teil der Münsteraner DNA ist sondern auch ein wesentlicher Faktor beim Klimaschutz darstellt, versteht sich heute von selbst. Darüber hinaus gibt es aber auch sehr viele aktuelle Entwicklungen rund um den Radverkehr in Münster, wie Katharina Thomalla und Malte Konrad vom Fahrrad-Büro bei verschiedenen Stops während der circa 17km langen Fahrradtouren erläutern. So wurde beispielsweise der gerade fertig gestellte Bohlweg als Teil der Velorouten (in diesem Fall nach Telgte) gezeigt. Dabei wurden insbesondere die Gedanken und Abwägungen bei der Führung der Autos dargelegt. Auch die beiden Radstationen am Bahnhof wurden gezeigt. Die Radstation vorne als – immernoch - größte Radstation Europas und die Radstation am Hintereingang des Bahnhofs, die bei vielen Münsteraner*innen noch nicht so bekannt ist. Auch die älteste Radstraße Münsters – die Schillerstraße - lag dabei auf der Route. Dabei wurden Pläne vorgestellt, wie die Straße den heutigen Ansprüchen an eine Fahrradstraße besser gerecht werden kann. Die Promenade ist wahrscheinlich eine der bekanntesten Fahrradwege in Münster und wird intensiv genutzt. Hier wurde ein Rückblick auf einen Verkehrsversuch vorgenommen, bei dem getestet wurde, ob die Promenade an einem der Kreuzpunkte Vorfahrt bekommen kann.
Zur Webseite des städtischen Fahrradbüros
Solar-Nachbarschaftsfest
Münsters erstes Solar-Nachbarschaftsfest fand während der Klimastadt-Woche bei Familie Bruns im Geistviertel statt. Das von der Stadt finanziell unterstützte Format dient dazu, dass Besitzerinnen und Besitzer von Solaranlagen vor Ort ihre persönlichen Erfahrungen und Herausforderungen von der Installation bis zur Nutzung teilen. Hans Bruns, gelernter Physiker und schon seit langem Solar-Pionier, hat hier viel zu berichten. Dazu kam Thomas Werner, der Solarexperte der Verbraucherzentrale NRW und erläuterte beispielsweise Münsters Solarkataster.
Was dabei besonders freut: Kurz nach der Klimastadt-Woche wurde bekannt, dass Münster deutschlandweit Spitzenreiter beim Ausbau privater Photovoltaik-Anlagen in Deutschland ist. Pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner sind im Zeitraum von Januar bis September diesen Jahres insgesamt 513 private PV-Anlage in der Stadt installiert worden. Und damit das so bleibt, sucht die Stadt Münster für zukünftige Solar-Nachbarschaftsfeste Interessierte, die ihr Wissen oder Erfahrungen über Solarenergie in ihre Nachbarschaft bringen möchten. Die Stadt unterstützt Haushalte bei der Durchführung eines Photovoltaik-Nachbarschaftsfestes ab sofort einmalig über eine pauschale Aufwandsentschädigung. Ausrichter von Festen, auf denen eine Stecker-PV-Anlage vorgestellt wird, erhalten 150 Euro. Bei Veranstaltungen mit netzgebundenen PV-Anlagen zahlt die Stadt eine Pauschale in Höhe von 300 Euro. Weitere Informationen dazu gibt es online unter www.klima.muenster.de
KneipenScience
In der Kooperation mit der Allianz für Wissenschaft wurde beim KneipenScience gleich an zwei Orten Münsters Wissen frisch gezapft. Wissenschaftler*innen von der Universität Münster, der Fachhochschule Münster und der Fraunhofer Gesellschaft stellten im F24 und im Hotel Galactica ihre jüngsten Forschungen dar und luden zum offenen Austausch bei kühlen Getränken ein.
Lisa Kamphaus (Doktorandin der Human- und Stadtgeographie an der Uni) berichtete von den Ergebnissen des Kooperationsproojekts "Gesundheit in der nachhaltigen Stadt", in dem unter anderem erfolgreich neue Wege der Beteiligung erprobt wurden: Stadtteilforscher*innen schließen die Lücke zwischen Stadtteilzentren und Quartiersmanagement - sie kommen leicht in Kontakt mit Menschen, die sich sonst nicht beteiligen wollen oder können.
Jonas Finn Kutschmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Energietechnik bei der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB), erläuterte die Funktionsweise einer Gigafactory und was die Fraunhofer-Einrichtung in Münster für die BatteryCity leistet. Diese schließt die Lücke zwischen der Grundlagenforschung und der (unflexiblen) Serienproduktion in der BatteryCity. Nicht nur die noch effektivere Batteriezelle sondern auch die effizientere Produktionsbedingungen stehen dabei im Vordergrund.
Jana Weber (Doktorandin Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung an der FH Münster) zeichnete den Prozess von der Anti-Atomkraftbewegung der 60er-/70er-Jahre bis bin zum Ziel der Klimaneutralität 2030 nach. Viele kleine Innovationen - technisch wie sozial - unterstützten den notwendigen gesellschaftlichen Wandel. Daran anknüpfend stellte sie zum Schluss die offene Frage an alle Teilnehmenden, wo die Stadt Münster aktuell aus den unterschiedlichen, individuellen Perspektiven steht.
Jens Haberkamp (Umweltingenieur und Professor an der FH Münster) stellte vor, welche Möglichkeiten Abwasser bietet, um der Knappheit im Zuge des Klimawandels entgegenzuwirken und zog dabei auch Vergleiche zu anderen Ländern. So kann Abwasser mit UV-Strahlung desinfiziert, Gemüse auch mit Abwasser gewässert und sogar Bier gebraut werden. Genauso hergestelltes Bier, genannt Reuse Brew, hatte er auch mit dabei.
Digitale Tour: Fraunhofer-Einrichtung
Aktuell sind Teile der Forschungsfertigung Batterie (FFB) im Bau - daher war eine Besichtigung vor Ort (noch) nicht möglich. Doch die Fraunhofer-Einrichtung beteiligte sich auf andere Weise an der Klimastadt-Woche. Sei es mit Referentinnen und Referenten im MEET Batterieforschungszentrum der Universität Münster oder beim Kneipen-Science aber auch eine digitale Tour macht einen Einblick schon jetzt möglich, denn die FFB stellt sich im Video vor. Sechs Mitarbeitende der jungen Forschungseinrichtung mit Sitz in Münster geben Einblick in die Batterieproduktion. Erfahren Sie, warum die Batterie die Schlüsseltechnologie zur Erreichung von Klimaneutralität und Energiewende ist.
Battery City - Kurze Wege für Klimainnovationen
MEET steht für "Münster Electrochemical Energy Technology" und ist das Batterieforschungszentrum der Universität Münster und stellt zusammen mit dem Helmholtz-Institut Münster für die heutige Battery City Münster den Nukleus dar. Rund um das Team von Prof. Dr. Martin Winter beschäftigen sich die Forscherinnen und Forscher alles rund um die Lithium-Ionen-Batterie. Und die Battery City wächst: Die Fraunhofer Gesellschaft hat nun das erste Gebäude (PreFab) der Forschungsfertigung Batteriezelle in Amelsbüren vom Land übergeben bekommen und auch private Wirtschaftsbetriebe rund um das Zukunfthema der Batterien siedeln sich in Münster an. Das bedingt kurze Wege und viel Know-How für Innovationen in Münster. Das MEET und das Helmholtz-Institut übernehmen dabei vereinfacht gesagt den ersten Schritt und erforschen die Grundlagen für neue Zusammensetzungen von Batterien - schließlich gibt es hier viele tausende Kombinationsmöglichkeiten, die größtenteils noch unerforscht sind. Dabei liegt das Augenmerk nicht nur auf der Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Batteriezellen sondern zunehmend auf der Nachhaltigkeit und (konfliktfreien) Verfügbarkeit der dafür benötigten Rohstoffe. Die Teilnehmenden bekamen daher einen Einblick in die sonst streng gehüteten Labore des MEET. Von der Anmischung, über die Auswalzung, bis hin zur Erprobung unter verschiedensten Bedingungen. Dieser Einblicke durfte selbst der Fotograf nicht festhalten, der die Teilnehmenden dieser Tour begleitete. Aber auch so mancher populärer Mythos konnte durch die Expert*innen Dr. Adrienne Hammerschmidt und Dr. Falko Schappacher vom MEET aufgeklärt werden: Die medial häufig berichteten Brände von Elektroautos sind statistisch gesehen um ein vielfaches seltener, als die von "normalen" Autos mit Verbrennermotor.
Energie-Zentrum am höchsten Berg Münsters
Nicht der Horsteberg ist die höchste Erhebung Münsters, sondern mit 45 Meter die ehemalige Deponie der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster (awm) im Abfallwirtschaftszentrum in Coerde. Heute ist die Deponie von oben und unten abgedichtet, trägt die größte Solar-Anlage Münsters, Schafe grasen und Schülerinnen und Schüler werden beim Erlebnis-Pfad für Abfalltrennung und dem Zusammenhang mit Klima sensibilisiert. Die Führungen für Schulen sind üblicherweise schnell ausgebucht und für Erwachsene gibt es für das abgesperrte Gelände - wie auch für den Rest des Energiezentrums - normalerweise keinen Zugang. Für die Klimastadt-Woche machten die awm jedoch eine Ausnahme. Die Tour begann bei der biologischen Verwertungsanlage (BVA), in der durch Sortierung und Vergärung Biogas erzeugt wird. Ein ausgeklügeltes Gleichgewicht wird benötigt, damit das Biogas für die Stromerzeugung entstehen kann. Fremdstoffe im Bioabfall (Plastik, Metall & Co) müssen vorher über viele Förderbänder, Siebe und Schnecken aussortiert werden – ca. 80 % können verwertet werden. Die im eigenen Blockheizkraftwerk gewonnene Energie genügt, um die eigenen Anlagen inklusive der benachbarten Kläranlage zu betreiben. Über viele Treppen und Anstiege konnten die Teilnehmenden selbst einen Blick hinter die Kulissen werfen und die Aussicht vom Deponie-Berg genießen. Der elektrische Doppeldeckerbus bracht nach der großen Entdeckungstour wieder alle Teilnehmenden zurück zum gemeinsamen Ausgangspunkt, dem Domplatz.
Die Heimat der E-Busse
Die Stadtwerke Münster waren im Jahr 2015 eine der ersten Städte, die einen E-Bus im Einsatz hatten. Auf Grund des frühen Entwicklungsstadiums wurden E-Busse zusammen mit dem Hersteller getestet und weiterentwickelt. Heute sind 40 E-Busse im Einsatz, bis Ende des Jahres sind 30 weitere bestellt. Spätestens bis 2029 sollen alle 110 Busse der Stadtwerke rein elektrisch unterweg sein. Dafür wurde viel getan, so wurde die Bus-Halle mit der notwendigen Ladeinfrastruktur nachgerüstet und an mehreren Endhaltestellen wurden Schnell-Ladesäulen aufgebaut. So kann selbst ein E-Bus mit weniger Batterien den ganzen Tag im Stadtgebiet im Einsatz sein und steht den bisherigen Diesel-Bussen in nichts nach. Die Preisunterschiede in der Anschaffung werden durch Fördermittel und wegfallende Kosten für den Diesel kompensiert. Und natürlich werden die Busse mit dem eigenen Ökostrom betankt - auch auf dem Dach der Halle befinden sich dafür viele Solar-Panele. Auch die Werkstatt wurde umgerüstet - schließlich gibt es weniger Verschleißteile, dafür muss auf dem Dach der Busse sicher mit Hochspannung umgegangen werden. Aus der einstündigen Führung wurden durch das große Interesse der Teilnehmenden mit vielen Fragen und dem großen Wissen der Stadtwerke-Mitarbeiter (plus einer spontanen Fahrt durch die Bus-Waschanlage) fast zwei Stunden. Münster ist eben wahrlich eine Heimat für E-Busse.
Chemie & Nachhaltigkeit - geht das überhaupt?
Die Firma Weicon im Norden von Münster ist ein Spezialist für Kleb- und Dichtstoffe, technische Sprays, Hochleistungsmontagepasten & Fette sowie Abisolierwerkzeuge. Somit stand die Frage im Raum: Klimaschutz und Chemie, wie geht das eigentlich? Zu Beginn wurde das Nachhaltigkeitskonzept der Firma Weicon vorgestellt. Dabei wurde deutlich, dass sich das international agierende Familienunternehmen ernsthaft mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt und sehr konsequent in den Kategorien „vermeiden“, „reduzieren“ und „kompensieren“ agiert. Als Beispiele wurde der Umgang mit Ökostrom und in die eigenen Photovoltaikanlagen, das vegetarische Bistro für Mitarbeitende und besonders die eigene Werkzeugreihe „GreenLine“ vorgestellt, bei der klassischer Kunststoff auf Erdölbasis durch Biokunststoff ersetzt werden konnte.
Bei der anschließenden Führung über das Firmengelände wurden uns die Produktions- und Abfüllbereiche gezeigt. Einen besonderen Eindruck bei den Teilnehmer*innen hinterließ der eigene Schwimmteich mit den dazugehörige Sitz- und Ausruhgelegenheiten als kurze Auszeit- und Pausenbereiche für die Mitarbeitenden.
Viele Unternehmen in Münster haben in Münster schon eine Selbstverpflichtung unterzeichnet ihren Endenergieverbrauch zu reduzieren und sich klimafreundlicher aufzustellen. Sie sind über das Netzwerk „Münsters Allianz für Klimaschutz“ der Stabsstelle Klima organisiert und tauschen sich regelmäßig aus. Weitere Informationen unter: https://www.stadt-muenster.de/klima/wirtschaften-arbeiten/allianz-fuer-klimaschutz
KlimaTraining macht Schule
Die Stadt Münster bietet mit dem KlimaTraining, das aus der Strategie für klimafreundliche Entscheidung hervorgegangen ist, bereits seit 2018 einen Ansatz, um die Selbstwirksamkeit von Bürgerinnen und Bürgern zu stärken. Im Rahmen der Klimastadt-Woche fand die Auftaktveranstaltung für das Projekt KlimaTraining macht Schule statt. Dabei bekommt der Coaching-Ansatz, den das Projekt ausmacht, noch einmal eine ganz besondere Bedeutung. Denn zukünftig sind es die Oberstufenschüler*innen der Mathilde-Anneke-Schule, die Grundschüler*innen im Offenen Ganztag auf ihrem Weg zum klimafreundlicheren Alltag begleiten.
Die Stabsstelle Klima stellte in der Klimastadt-Woche zusammen mit der Agentur Gertec das Projekt vor und mindestens zehn Schüler*innen meldeten daraufhin ihr Interesse an. Kaum vorgestellt, wurde das Projekt auch direkt prämiert: Die Stiftung für aktive Bürgerschaft hat das Projekt KlimaTraining macht Schule mit dem SozialGenial Preis des Monats ausgezeichnet!
Wärmewende hautnah
Beim Fernwärmespeicher der Stadtwerke am Hafen zeigte sich sehr schnell, dass insbesondere die sonst verschlossenen Orte besonders beliebt sind. Auf ursprünglich 30 Plätze kamen innerhalb von kurzer Zeit 100 Interessenten - zum Glück verdoppelten die Stadtwerke kurzerhand die Anzahl der angeboteten Touren und erhöhte die Teilnehmendenzahl pro Tour, so dass fast niemand eine Absage bekommen musste. Der ehemalige Kohlebunker speichert heute die Fernwärme und befindet sich im laufenden Betrieb. Es waren also Sicherheitsvorkehrungen zu treffen: Schutzhelm und Schutzbrille. Dann eröffnete sich den Teilnehmenden ein beeindruckender Raum, vor allem beim Blick nach oben. Es gibt dort einen Elektrodenkessel, der im Fall eines Stromüberangebotes aus erneuerbaren Energien Wasser erhitzen kann. Dieser Kessel hat eine Leistung von 22 Megawatt, das entspricht in etwa 2000 Wasserkochern. Die Gäste überlegten, wie viele Tassen Tee damit wohl auf einen Schlag gekocht werden könnten… Die vier große Wasserspeicher fassen zusammen 8 Millionen heißes Wasser, dass hier zwischengespeichert wird und bei Bedarf ins Fernwärmenetz gespeist wird. Bis 2005 wurde der Wärmespeicher noch als Kohlespeicher genutzt und war mit Kohle gefüllt. Wärmewende hautnah.
Klimaspaziergang
Der Klimaspaziergang durch das Südviertel stieß schon während der Anmeldemöglichkeit auf großes Interesse. Für alle, die da waren bot sich die Gelegenheit, um das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels lokal zu schärfen und gleichzeitig praktische Tipps zur Anpassung an diese Veränderungen zu erhalten. Über mehrere Stationen vermittelte Veit Muddemann von der Stabsstelle Klima, was bereits an Maßnahmen im öffentlichen Raum umgesetzt wird.
Der Spaziergang führte zu unbekannten Klima-Oasen im Viertel, wie einer Kleingartenanlage, die selbst Menschen, die im Südviertel leben noch nie bewusst wahrgenommen hatten. Ebenfalls wurden die Einflüsse von Bäumen und Grünanlagen auf das Mikroklima der Stadt sowie mögliche Potenziale für Klimaanpassungsmaßnahmen, die im privaten umgesetzt werden können, thematisiert.
Für alle, die keine Möglichkeit hatten beim Spaziergang dabei zu sein oder für die, die das Thema weiter vertiefen möchten, bietet sich unter: https://www.stadt-muenster.de/klima/klimaanpassung die Gelegenheit unter anderem mehr über die bereits sichtbaren Klimaveränderungen in Münster, das potentielle Risiko bei Starkregen für das eigene Grundstück sowie zum Umgang mit Hitze zu erfahren.
FoodLab - Stadt. Land. Food
Das FoodLab der FH Münster ist nicht nur eine Laborküche für geschmackvolle Neuentwicklungen sondern beschäftigt sich sehr stark mit den Auswirkungen unsereres Essen auf das Klima. Schließlich gehen ein Drittel aller Treibhausgase auf das Ernährungssystem zurück, erläutert Prof. Dr. Guido Ritter. Dass vegetarische und vor allem auch vegane und regionale Produkte einen wichtigen Beitrag zum Klimschutz leisten, ist den meisten wohl bekannt. Allerdings hat das Essen auch viel mit Emotionen und seit Kindheit gelernten Verhaltensweisen zu tun, da fällt die Änderung von Ernährungsgewohnheiten manchmal schwer. Daher sei es wichtig, den Menschen schmackhafte Alternativen anzubieten. Ehemalige Studierende der FH entwickeln heute Alternativprodukte. Auch Insekten sind aus Sicht des ökologischen Fußabdrucks eine sinnvolle Alternative - so wurde nicht nur vegane Salami sondern auch Müsliriegel mit Buffalowürmer als Kostprobe verteilt. Neben nach fachlichen Fragen der Teilnehmenden gab es zum Schluss die Fragen: Darf ich bei der morgigen Tour nochmal kommen? Und: Kann man das Thema der nachhaltigen Ernährung auch noch im Alter studieren?
KlimaBarCamp
Münsters erstes KlimaBarCamp war in der Gesamtschule Mitte zu Gast und wurde von den Veranstaltern des MünsterCamps Kai Heddergott und Nathalie Nehues moderiert. Ein BarCamp ist ein explizit auf Gestaltung durch die Teilnehmenden ausgerichtetes Format, denn alle Teilnehmenden können sich mit selbstgewählten Themen einbringen, indem sie eine Session vorschlagen (egal ob spontan oder geplant). Diese Session gestalten und moderieren sie dann selbst. Und obwohl die wenigsten Erfahrung mit diesem Format hatten, wurde rege davon Gebrauch gemacht. Insgesamt zehn verschiedene Sessions boten die Teilnehmer*innen an. Mit ihren unterschiedlichen Fragestellungen und Perspkeitven arbeiteten alle an dem gemeinsam Ziel der Klimaneutralität und kamen so in einen offenen, konstruktiven Austausch. Gleichzeitig wurden die vorhandenen Tafeln in den Klassenzimmern fleißig Ideen und Anregungen notiert - gerichtet an alle Akteure der Stadtgesellschaft. Die Ergebnisse sind dabei umfang- und facettenreich - eine kurze Zusammenfassung würde dem nicht gerecht werden. Daher gibt es zu diesem Teil der Klimastadt-Woche eine Foto-Dokumentation aller Ergebnisse und ein kurzes Videos mit O-Tönen der Teilnehmenden.
Noch mehr Eindrücke von der Klimastadt-Woche
Neben den Fotos in der Galerie oben, gibt es hier auch noch einen kurzes Video mit Eindrücken von den Touren, geschnitten von dem Videografen Philip Berstermann, mit Material von den Fotografen Michael C. Möller und Julian Meyer.