Empfehlung im Oktober 2024 von Dr. Thomas Viehmann

Saša Stanišić
Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne

Denken wir über uns und vor allem andere Menschen nach, sind wir schnell beim Lebenslauf. Doch das dort Vermerkte ist vor allem: vorbei. So machen uns mindestens ebensosehr Möglichkeiten und Wünsche für die Zukunft oder eine alternative Gegenwart aus. Diese lotet Saša Stanišić in seinem neuesten Buch aus. In 12 bis zu 42 aber überwiegend 20 bis 30 Seiten langen Episoden - eigenständigen Erzählungen -, die aber eine Einheit bilden und, wie der Autor empfiehlt, der Reihe nach zu lesen sind, begegnen wir Menschen - dem Erzähler, jugendlichen Freunden oder auch der titelgebenden Witwe, die aus ihrer jeweiligen Lebens- und Alltagssituation ihre möglichen Zukünfte auskosten. Saša Stanišić beobachtet dabei genau und liebevoll.

Falls Sie - wie ich - manchmal Ihre Lektüre in Tragödien (Shakespeare: am Ende alle tot) und Komödien (Shakespeare: am Ende alle fröhlich, der Tod war nur ein Irrtum) einteilen: es geht überwiegend gut aus. Vom gleichen Autor kennen Sie, wenn Sie Preisliteraturleser:in sind, vielleicht "Herkunft".
Die Bücherei hat eine ganze Reihe seiner Romane und Kinderbücher im Bestand.