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Literaturline
Lesung April/Mai 2019
Barbara Honigmann liest aus »Chronik meiner Straße«
Barbara Honigmann lebt seit 1984 in Straßburg, weit weg vom berühmten Zentrum. Hier gibt es keine Parks, kein Europaparlament und keine Kathedrale. Der Block der Mietshäuser stammt noch aus der Gründerzeit des letzten Jahrhunderts. In ihrem Buch »Chronik meiner Straße« (2015 bei Hanser erschienen) erzählt Barbara Honigmann von der Rue Edel am Rande der Innenstadt, die ein Gemisch von Völkern beherbergt. Was es in ihrem Viertel gibt, ist Vielfalt: orthodoxe und weniger orthodoxe Juden, eine ältere Dame, die nicht zurückschreckt vor der Bepflanzung fremder Balkone, einen dunkelhäutigen Priester in weißem Gewand und einen Splitternackten mit dem Po in der Sonne. Barbara Honigmann begegnet in ihrer Straße der ganzen Welt im Kleinen, erfährt von Tragödien, schließt Freundschaften, stellt sich den Enttäuschungen, aber auch Träumen ihrer Nachbarn. Was alle verbindet, ist das Gefühl, nicht von »hier« zu sein.
Barbara Honigmann wurde 1949 in Ost-Berlin geboren, in das ihre Eltern aus dem Exil zurückgekehrt waren. Sie studierte Theaterwissenschaften, wurde Dramaturgin, Regisseurin, Autorin und Malerin. Schon früh beschäftigte sie sich intensiv mit ihren jüdischen Wurzeln, doch in der DDR war es ihr nicht möglich, das jüdische Leben frei zu entfalten. Mit ihrem Mann und zwei Söhnen übersiedelte sie 1984 nach Frankreich. »Vom Osten in den Westen, von Deutschland nach Frankreich und aus der Assimilation mitten in das Thora-Judentum hinein« – so beschrieb sie einmal ihren Wechsel von der DDR nach Frankreich. Für ihre Bücher wurde sie mit vielen Preisen ausgezeichnet, darunter der Jakob-Wassermann-Literaturpreis, der Max-Frisch-Preis der Stadt Zürich, der Kleist-Preis und der Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis. 2008 wurde sie in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen - mit der Begründung, ihr Schreiben sei stets autobiografisch geprägt, ihre fortgesetzte Familienrecherche sei eine Rekonstruktion ihrer jüdischen Wurzeln.
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Barbara Honigmann liest aus »Chronik meiner Straße«.
Die Aufnahme entstand bei einer Veranstaltung der VHS Münster in Kooperation mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster e. V. im Rahmen der 12. Jüdischen Kulturtage Münster am 10. April 2019 im Shalom-Saal der Jüdischen Gemeinde Münster.