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Literaturline
Lesung Juni 2021
Insel des Pathos meets LiteraturLine
Das vom Kulturamt Münster und dem Literaturverein veranstaltete Internationale Lyrikertreffen 2021 wurde um ein Jahr verschoben - doch die Beschäftigung mit dem Verhältnis von Lyrik und Pathos kann die Wartezeit verkürzen.
Ulf Stolterfoht und Aurélie Maurin, die künstlerischen Leiter des Lyrikertreffens, wurden durch Beobachtungen aus der Praxis auf das besondere Verhältnis von Lyrik und Pathos aufmerksam. Aus diesen Beobachtungen heraus initiierten sie das Pathos-Projekt. »Deutsche Lyrikübersetzerinnen und -übersetzer filtern die Pathoselemente oft automatisch aus den Originalgedichten heraus – mit wenig Rücksicht auf andere poetische Traditionen, für die Pathos ein zentrales Element darstellt«, so Aurélie Maurin. In den nächsten Monaten soll partizipativ erforscht werden, wie pathosverträglich eigentlich die deutsche Sprache ist. Aus welchen Gründen weckt Pathos in deutschen Ohren oft Misstrauen? Und lässt sich die richtige Dosis Pathos bestimmen?
Dichterinnen und Dichter, Übersetzerinnen und Übersetzer sowie Akteurinnen und Akteure der Stadt Münster gehen gemeinsam auf Pathos-Spurensuche, auf der Website des Lyrikertreffens mit »10 Takes of Pathos«, mit einer Postkartenaktion und weiteren öffentlichen Aktionen.
Auch die LiteraturLine beteiligt sich und hat Carola von Seckendorff, Cornelia Kupferschmid und Paula Marie Berdrow vom Stadtensemble Münster um ihre Pathos- oder Anti-Pathos-Texte gebeten.
Ihre Auswahl steht unter dem Motto: »Das neue Pathos muß den Willen nicht zu einer seelischen Vibration, zu einem feinen ästhetischen Wohlgefühl enthalten, sondern zu einer Tat.« (Stefan Zweig)
Jetzt anhören:
Carola von Seckendorff: »Iphigenie« von Johann Wolfgang von Goethe, I. Akt, 4. Auftritt
Carola von Seckendorff: »Penthesilea« von Heinrich von Kleist, 9. Auftritt in Ausschnitten
Cornelia Kupferschmid: »Prometheus« von Johann Wolfgang von Goethe
Cornelia Kupferschmid: »Am Turme« von Annette von Droste Hülshoff
Cornelia Kupferschmid: »Der Panther« von Rainer Maria Rilke
Cornelia Kupferschmid: »Der neue Koloss« von Emma Lazarus
Paula Marie Berdrow: »Das Spiegelbild« von Annette von Droste Hülshoff
Paula Marie Berdrow: »Unruhe« von Annette von Droste Hülshoff
Paula Marie Berdrow: »Sehnsucht« von Joseph von Eichendorff
Paula Marie Berdrow: »Auf offener See« von Joseph von Eichendorff
Carola von Seckendorff, geb. 1965 in Frankfurt/Main. Nach dem Abitur machte sie in Frankfurt eine Pantomimenausbildung in der Theaterwerkstatt Fe Reichelt und verwirklichte anschließend in Frankfurt mehrere Off-Theaterprojekte. Dann absolvierte sie ein Schauspielstudium in der „Schule des Theaters“ am Theater der Keller in Köln und schloss dieses mit der Bühnenreifeprüfung 1991 ab. Ihr erstes Engagement führte sie an das Landestheater Burghofbühne in Dinslaken und von dort wechselte sie 1993 an das Wolfgang Borchert Theater in Münster. 1996 wurde sie dann an den Städtischen Bühnen Münster engagiert, wo sie bis heute als Schauspielerin und teilweise auch als Regisseurin arbeitet. Ferner ist sie seit 2002 Sprecherin in der Westdeutschen Blindenhörbücherei und seit 2010 Dozentin für szenische Grundlagen an der Musikhochschule Münster. Sie hat in den vergangenen Jahren regelmäßig am Landestheater Castrop-Rauxel inszeniert, freie Projekte realisiert und gründete 2015 ihr eigenes freies Label FreiFrau, unter dem MutterHabenSein, MenschMünsterMensch, MutterSeelenAllein und 2018 das theaterübergreifende Großprojekt "24 Stunden Münster" entstand. Mit Cornelia Kupferschmid initiierte sie das Stadtensemble und hat mit ihr zusammen die künstlerische Leitung inne. Sie lebt in Münster, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Cornelia Kupferschmid spielte nach ihrer Schauspielausbildung von 1998-2002 als Ensemblemitglied an den Städtischen Bühnen Münster. Seit 2002 arbeitet sie erfolgreich freiberuflich als Schauspielerin, Stückentwicklerin, Regisseurin, Festivalleiterin und Dozentin für performative Stückentwicklungen und Kommunikation in Deutschland, den Niederlanden und in Argentinien. Sie ist Mitbegründerin des Theaterlabels Fetter Fisch, von dem sie seit 2015 die alleinige künstlerische Leitung bildet. Sie erhielt Einladungen zu renommierten Festivals wie Starke Stücke, Westwind, Spielarten, Kaleidoskop, Halbstark, Favoriten, wurde zu Gastspielen im In- und Ausland eingeladen, erhielt die Förderung „Doppelpass“ durch die Kulturstiftung des Bundes mit dem Theater Münster (2012-2014) sowie den Zuschlag zur Entwicklung einer interdisziplinären Eröffnungsperformance anlässlich des Neubaus des Landesmuseums in Münster. Im Jahr 2019 hat sie die künstlerische Leitung des Festivals „Neue Wände“ übernommen. Gemeinsam mit Carola von Seckendorff bildet Cornelia Kupferschmid im Bereich künstlerische, konzeptionelle Mitarbeit und Organisation seit 2015 den Kern von FreiFrau. Ihr erstes gemeinsames Großprojekt war "24 Stunden Münster". Cornelia Kupferschmid ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Paula Marie Berdrow ist Kommunikationspädagogin, Sprecherin und Kulturmanagerin. Beim Stadtensemble ist sie für das Projektmanagement verantwortlich. Außerdem bietet sie Empowerment-Workshops für introvertierte Menschen an und arbeitet mit allen, die ihren eigenen Stil in der Kommunikation finden wollen. Ihr Herzensthema: Sprache und Literatur - auf der Bühne oder auch mal im Lautsprecher. Sie ist Ensemblemitglied bei Theater en face, der Reaktant Company, im Chor Die Sprechspechte. Sie spricht unter anderem Hörbücher ein. Im Grunde geht es in allem, was sie macht, um Sprache: Sprache, die einen Raum für Begegnungen schafft. Sprache, die bewusst auf Grenzen verzichtet (oder den Versuch einer solchen Sprache). Sprache, die sich lustvoll verdreht und verbiegt, bis der Sinn locker wird.