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Geschichtsort
Ausstellungsarchiv
Auf dieser Seite erhalten Sie einen Überblick über herausragende Sonderausstellungen und Projekte, die in oder mit Unterstützung des Geschichtsortes Villa ten Hompel seit 1999 stattgefunden haben.
Demokratie als Feind: Das Völkische Westfalen
In der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen stellt sich zwangsläufig die Frage, wie es möglich war, dass dieses verbrecherische Regime an die Macht kommen und weitläufige Unterstützung erhalten konnte. Die Nationalsozialisten erschienen keineswegs aus dem Nichts: In kleinen Schritten erfolgte der Aufstieg der NSDAP aus völkischen und rechten Splitterbewegungen, die ihre Ideologie verbreiteten und die junge Demokratie der Weimarer Republik mit allen Mitteln bekämpften. Die Angriffe erfolgten dabei weniger auf dem großen politischen Parkett, sondern direkt vor der Haustür: Auch in Westfalen gibt es zahllose Beispiele, an denen sich antidemokratische Mechanismen völkisch-nationalistischer Gruppen der Weimarer Zeit ablesen lassen.
Diesen Mechanismen, Strategien und Aktionsformen völkischer Organisationen widmet sich der die Ausstellung "Demokratie als Feind". Historische Beispiele von Ereignissen und Aktionen, die zwischen 1918 und 1933 an verschiedenen Orten in Westfalen stattfanden, in denen umgedeutet und Akteure ausgegrenzt, verleumdet oder eingeschüchtert wurden, veranschaulichen, wie die Verfechter eines antidemokratisch-völkischen Deutschlands die Grenzen des Sagbaren und damit des Handelns immer weiter zu ihren Gunsten verschoben. Durch QR-Codes abrufbare Hörstationen verdeutlichen die Mechanismen und regionalen Ereignisse, die zuvor in einigen Städten in Form von "Zeitfenstern", grafisch gestalteten Schaufenstern, inszeniert wurden.
Die Idee zur Ausstellung entwickelte sich aus dem Problembewusstsein heraus, dass unsere heutigen demokratischen Strukturen und Werte oft als selbstverständlich wahrgenommen, aber auch attackiert werden. Konzipiert wurde das Ausstellungsprojekt von Christoph Spieker, Leonard Schmieding, Philipp Schwerdtfeger und Timo Nahler.
Die Ausstellung umfasst zehn großformatige bedruckte und an Ösen aufhängbare Folien-Displays. Weitere technische Hinweise senden wir Ihnen bei Interesse gerne zu. Eine Leihgebühr wird nicht erhoben.
Deutsche Verbrechen in Griechenland
Wussten Sie, dass auch Griechenland besetzt und wichtiger Schauplatz des Holocaust war? Ereignisse des Zweiten Weltkriegs wie Besatzung, Massenerschießungen, die Deportation von Juden, Widerstand sowie Kollaboration fanden auch in Griechenland statt. Dies findet sich jedoch bis heute wenig in der deutschen Erinnerungskultur wieder. Die Debatte um die Aufarbeitung der Ereignisse ist in beiden Ländern jedoch nach wie vor nicht abgeschlossen. Auch die Frage nach den Entschädigungszahlungen Deutschlands prägt die deutsch-griechischen Beziehungen bis in die Gegenwart.
Die Ausstellung verschafft Einblick in dieses dunkle Kapitel und die entsprechende Erinnerungskultur. Beispielhaft wird gezeigt, was an einzelnen Orten geschehen ist und wie damit heute umgegangen wird.
Die Idee zur Ausstellung entstand im September 2019 im Rahmen einer Delegations- und Austauschreise des "Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte in NRW" e. V. Die Reise wurde von Prof. Dr. Alfons Kenkmann und Peter Römer in ihren damaligen Rollen als Geschäftsführer und Vorstandsassistent des Arbeitskreises konzipiert und durchgeführt.
Tarnname "Rebhuhn" – Alter Eisenbahntunnel Lengerich
KZ-Außenlager - Zufluchtsort - Denkort? Der Tunnel als authentischer Ort deutscher Geschichte
Der Eisenbahntunnel Lengerich ist eine markante historische Wegmarke im nördlichen Münsterland. Als authentischer Ort spiegelt er deutsche und europäische Geschichte zwischen Kaiserreich, Weimarer Republik, dem NS-Staat und der BRD wider. Die u. a. durch französische Zwangsarbeiter gebaute Tunnelröhre wurde von 1871 bis heute multifunktional genutzt: als Eisenbahntunnel, bombensicherer Zufluchtsort im Zweiten Weltkrieg, KZ-Außenlager, Schießstand und Ort lokaler Subkultur. Zukünftig könnte das Areal als Denkort dienen.
Zwischen 1941 bis zum Kriegsende an Ostern 1945 nutzte die Lengericher Bevölkerung den Tunnel mehrfach als Zufluchtsort vor Luftangriffen. Im Zuge der kriegsbedingten Untertage-Verlagerung wurde der Tunnel im März 1944 zur bombensicheren Produktionsstätte umgebaut. Das "Geheimlager" erhielt den Tarnnamen "Rebhuhn". Der Tunnel diente der SS bis Ende März 1945 als KZ-Außenlager Lengerich. 200 KZ-Häftlinge frästen Tragflächenprofile für Jagdbomber der Luftwaffe. 21 KZ-Häftlinge kamen zu Tode, mindestens 14 davon wurden vom Lagerpersonal hingerichtet. Am 24. März 1945 wurden die Häftlinge auf den "Todesmarsch" geschickt.
Die Ausstellung
Die Villa ten Hompel und die Westfälische Wilhelms-Universität Münster haben mit Studierenden neue Forschungserkenntnisse zur Geschichte des Lengericher Tunnels gesammelt. Die Posterausstellung umfasste 14 großformatige laminierte Tafeln, die an Ösen aufgehängt werden können. Eine Leihgebühr wurde nicht erhoben. Die Kautionskosten betrugen 150 Euro. Nach Absprache stand die Projektleitung gegen Honorar für einen Eröffnungsvortrag zur Verfügung.
Bericht über den Eisenbahntunnel in Lengerich
EX LIBRIS
Spuren des Wissens und der Erinnerung in den Büchern der Historikerin und Shoah-Überlebenden Prof. Dr. Gertrude Schneider
"Meine Bücher sollen weiter sprechen, wenn die letzten Zeugen schweigen." Mit diesem Gedanken nahm die Shoah-Überlebende und Historikerin Prof. Dr. Gertrude Schneider, die seit 1947 in den USA lebt, 65 Jahre nach ihrer Befreiung Abschied von ihren Büchern. Es war ihr Wunsch, die Bücher in die Hände der Wolfgang Suwelack-Stiftung in Billerbeck zu geben, weil sie sich aufgrund des langjährigen und herzlichen Kontakts sicher ist, dass die Stiftung die Bücher in ihrem Sinne nutzt.
Ihre Bücher werden verstanden als Bestandteil ihrer Erinnerung und Identität. Das breite Themenspektrum bietet einen ungewöhnlichen Zugang zu einem Schicksal im „Dritten Reich“, individueller Auseinandersetzung und Fragen der Erinnerungskultur.
Aufgrund des wachsenden zeitlichen Abstands wird es nicht mehr lange dauern, bis keiner mehr da ist, der aus eigener Erfahrung über die Zeit des Nationalsozialismus berichten kann. Es drängt sich die Frage auf, warum und wie weiterhin der NS-Zeit gedacht werden soll.
Diese Tatsache und der Wunsch von Gertrude Schneider führten dazu, mit Hilfe der Bücher ihrer Biographie und Erinnerungsarbeit nachzuspüren und einen Bogen zu aktuellen Diskussionen über Erinnerungskultur zu schlagen. Ihre Bücher sind zudem Ausgangspunkt für zwei Interviews, die mit Gertrude Schneider geführt wurden. Zusammen mit den Büchern und einigen Dokumenten bilden sie die Grundlage dieser Ausstellung.
Ehre, wem Ehre gebührt?!
Straßennamen in der Diskussion - Begegnung mit elf Namensgebern
26. Januar bis 16. März 2012
Die Ausstellung "Ehre, wem Ehre gebührt?!" in Münster war Teil einer Dialog- und Informationsphase im Rahmen der Überlegungen zur Umbenennung von Straßennamen. Den Besuchern begegneten die Namensgeber Karl Wilhelm Jötten, Hans Pfitzner, Ludwig Humborg, Franz Ludwig, Hermann Stehr, Friedrich Castelle, Karl Wagenfeld, Heinrich Lersch, Agnes Miegel, Alfred Stühmer. Hinzu kam Paul von Hindenburg, zu dem eine zusätzliche Infotafel und eine Vitrine mit Originalexponaten zum "Tag von Potsdam" vorbereitet wurden.
Im Zentrum der vom Geschichtsort in Kooperation mit "Gegen Vergessen, für Demokratie e.V.", dem Rat der Stadt Münster sowie dem Stadtarchiv Münster erstellten Präsentation in der Bürgerhalle des Rathauses stand das Verhalten dieser Namenspatrone während des Nationalsozialismus. Lebensgroße Personensilhouetten gaben biographische Informationen und ließen die Personen selbst zu Wort kommen. Originale Aussagen und Texte dokumentierten, wie Schriftsteller oder Musiker in ihren Texten und Musikstücken die nationalsozialistische Ideologie aufgriffen, zeigten Hitler und seine Politik verherrlichende Auszüge aus Gedichten, Zeitungsbeiträgen oder Reden.
Auch das Verhalten der Namensgeber nach 1945 spielte in der Ausstellung eine Rolle. Nicht nur Agnes Miegel lehnte eine Auseinandersetzung mit ihrer Position in der NS-Zeit ab. Die Ausstellung bot auch Antworten auf allgemeine Fragen rund um die Straßennamen: Seit wann werden Personen mit Straßennamen geehrt? Welche Personengruppen wurden und werden seit 1870 bevorzugt mit einem Straßennamen bedacht?
Widerstände gegen den Nationalsozialismus im Münsterland
Der Geschichtsort Villa ten Hompel bietet die „Widerstände“-Ausstellung seit Herbst 2011 zum Verleih an. Das Angebot richtet sich an lokale und regionale Archive und Museen, an überörtliche Einrichtungen der historisch-politischen Bildung, an Schulen und Volkshochschulen sowie an Bürgerinitiativen und Vereine vor Ort. Die Ausstellung versucht erstmalig und überblicksartig, mit Hilfe von 16 individuellen Fallbeispielen die alltäglichen, teilweise unspektakulären Widerstände in den Dörfern und Städten des Münsterlandes und in Münster zu verdeutlichen. Die ausgewählten Lebensgeschichten veranschaulichen die Vielfalt des nonkonformen und widerständigen Verhaltens in der Unrechts- und Gewaltherrschaft zwischen 1933 und 1945.
Die Einzelfälle lenken den Blick auf die persönlichen Handlungsräume und Entscheidungsmöglichkeiten, die dazu führten, sich vom Nationalsozialismus zu distanzieren, dagegen zu protestieren und sich zu widersetzen. Im Vordergrund stehen gewöhnliche Menschen, die sich in ihrem Alltag und Beruf entscheiden mussten zwischen Zustimmung und Ablehnung. Wie reagierten und handelten diese Frauen und Männer, Jugendlichen und Erwachsenen – in der Schule, in der Nachbarschaft auf dem Lande und in der Stadt, in den Verwaltungen, in den christlichen Pfarrgemeinden und kirchennahen Vereinen, in der Polizei und Wehrmacht? Nicht zuletzt wird auf Beispiele der couragierten Hilfe für die Opfer und der riskanten Rettung der Verfolgten des Naziregimes verwiesen.
Der biografische und lokalhistorische, konkrete und exemplarische Zugang zu den Widerständen im Nationalsozialismus eignet sich hervorragend für die historisch-politische Bildungsarbeit nicht nur in den Schulen.
- Konzeption und inhaltliche Schwerpunkte (PDF, 48.7 KB)
Sonderzüge in den Tod
Die Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn
18. Mai bis 15. Juni 2008
Die Deutsche Reichsbahn war durch die Deportation zahlloser Menschen unmittelbar am Holocaust beteiligt. Ohne den Einsatz der Eisenbahn wäre der systematische Mord an den europäischen Juden, Sinti und Roma nicht möglich gewesen. Insgesamt wurden im Zweiten Weltkrieg etwa drei Millionen Menschen aus fast ganz Europa mit Zügen zu den nationalsozialistischen Vernichtungsstätten transportiert. Die Ausstellung "Sonderzüge in den Tod. Die Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn" will an das unermessliche Leid erinnern, das diesen Menschen zugefügt wurde. Sie zeigt Einzelschicksale von Kindern, Frauen und Männern, die von ihren Heimatorten in den Tod transportiert wurden. Überlebende schildern in Zeitzeugeninterviews die grauenvollen Zustände in den Zügen. Die fahrplanmäßige und betriebliche Durchführung dieser Transporte durch die Reichsbahn wird anhand von Dokumenten und Grafiken dargestellt. Die Wanderausstellung wurde in Kooperation mit dem Centrum Judaicum und dem Deutschen Technikmuseum in Berlin erarbeitet. Sie beruht auf der im Museum der Deutschen Bahn in Nürnberg gezeigten Dauerausstellung zur Geschichte der Reichsbahn im Nationalsozialismus. Die Fotos und Biografien der aus Frankreich deportierten jüdischen Kinder haben Serge und Beate Klarsfeld für die Wanderausstellung recherchiert und zusammengestellt.
Medizin ohne Menschlichkeit
Eugenik, "Euthanasie", vertuschte Verbrechen und offener Protest
2. Februar bis 13. März 2005
Neben dem Holocaust an den europäischen Juden und den Massenmordaktionen hinter den osteuropäischen Kriegsfronten, an denen u.a. die Ordnungspolizei im großen Stil beteiligt war, steht der Krankenmord an hilfsbedürftigen und wehrlosen Patienten/-innen als politisches Großverbrechen wie kein anderes für das Ende der Humanität in der Zeit des Nationalsozialismus.In nicht einmal zwei Jahren, zwischen Januar 1940 und August 1941, wurden in Deutschland über 70.000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen ermordet. An sechs Orten in Deutschland wurden hierfür mit Vergasungsanlagen und Krematorien ausgestattete Tötungsanstalten errichtet. Einer dieser Orte ist das Schloss Grafeneck bei Münsingen auf der Schwäbischen Alb. Dort wurden 1940 von Januar bis Dezember 10.654 Menschen ermordet, die aus über 40 Heil- und Pflegeanstalten und aus einer nahezu unabsehbaren Zahl von Gemeinden im damaligen Deutschen Reich und aus besetzten Gebieten stammten – übrigens auch aus der preußischen Provinz Westfalen und aus dem Rheinland.
Stadt und Bistum Münster erinnerten gemeinsam mit dem LWL mit dieser Wanderausstellung der NS-Gedenkstätte Grafeneck zur Eugenik und zu den "Euthanasie"-Verbrechen an diese Opfer, aber auch an die zwangssterilisierten Frauen und Männer, die seit 1934 die Leidtragenden einer allgemein bekannten "Rassenhygiene"-Politik in Deutschland waren. Das Schicksal einiger Zwangssterilisierter – z.B. Paul Wulf – aus Westfalen ist mit der Geschichte der Villa ten Hompel eng verknüpft, denn sie gehörten in der Nachkriegszeit zu den Menschen, deren Anträge das Dezernat für Wiedergutmachung im Hause zu bearbeiten, allerdings in aller Regel abschlägig zu bescheiden hatte.
Verfolgung und Verwaltung
Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden
13. Dezember 1999 bis 31. März 2000
War das Jahrhundert der Barbarei auch das Jahrhundert der Bürokratie? Der Terror im "Dritten Reich" wäre ohne Beamte nicht denkbar gewesen. Das gilt auch für die Finanzverwaltung. Ihre Rolle war Thema dieser Ausstellung der Villa ten Hompel in Zusammenarbeit mit der Oberfinanzdirektion Münster.
Im Mittelpunkt stand die Beteiligung der staatlichen Verwaltung an der nationalsozialistischen Judenpolitik. Drangsalierung, Entwürdigung und Ausplünderung vor allem der jüdischen Bevölkerung zwischen 1933 und dem Kriegsende – dies zeichnete die Ausstellung exemplarisch am Bereich der heutigen Oberfinanzdirektion Münster (OFD) nach. Die Finanzverwaltung verhalf dem Reich zu gewaltigen Summen. Finanz- und Zollbehörden arbeiteten mit Banken und Versicherungen zusammen, um Juden etwa vor der Emigration finanziell auszupressen und ihnen die letzten Freiräume zu nehmen.
Die Ausstellung wollte nüchterne Akten zum Sprechen bringen. An Verzeichnissen und Quittungen, Vermerken, Aushängen und Verfügungen ließen sich die einzelnen Phasen von Verfolgung und Ausraubung ablesen.