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Forschung: Publikationen
Schmidt, Daniel (2008):
Schützen und Dienen. Polizisten im Ruhrgebiet in Demokratie und Diktatur.
Villa ten Hompel Schriften 9, Klartext Verlag, Essen 2008, 511 Seiten; 34,90 Euro
Während der Weimarer Jahre galt die preußische Schutzpolizei den Zeitgenossen als Bastion der Republik. Kaum eine Dekade später dienten Polizisten dem nationalsozialistischen Staat so treu, als hätte es die erste deutsche Demokratie nie gegeben. Dieser scheinbare Widerspruch ist der Ausgangspunkt der Studie, die am Beispiel der Schutzpolizei des Ruhrgebiets den Übergangsprozess von einer republikanischen Polizei zu einer tragenden Säule des NS-Staates in den Blick nimmt.
Gegenstand der Untersuchung ist nicht nur die bürokratische Institution Polizei – es sind vor allem die Menschen, die ihr zwischen 1919 und 1939 und auch darüber hinaus Gesicht und Wirkung verliehen. Ihre Lebensläufe und Lebensentwürfe, ihre Wahrnehmungsmuster und Mentalitäten, ihre alltägliche Erfahrungswelt und ihre polizeiliche Dienstpraxis stehen im Mittelpunkt der Studie. Daneben stellen die schwierige Formationsphase der Polizei im Ruhrgebiet in den frühen 1920er Jahren, die Rolle der Polizei während der bürgerkriegsähnlichen Endphase der Republik sowie die Prozesse und Faktoren, die vor und nach 1933 die Integration der Polizei in den NS-Staat begünstigten, zentrale Themenfelder der Arbeit dar.
Daniel Schmidt schließt mit seiner kulturhistorisch erweiterten Sozialgeschichte der Polizei zwischen den Kriegen nicht nur polizei- und regionalgeschichtliche Forschungslücken, sondern nimmt sich auch der zentralen Frage nach Kontinuitätslinien zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus an, insbesondere im Hinblick auf längerfristige kulturelle Prägungen nationalsozialistischer Täter.