Seiteninhalt
Forschung: Publikationen
Tom Wulf (2011)
"Täglich klüger werden" - Der Archivar Dr. Heinz Boberach und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen
Villa ten Hompel Aktuell 15, Eigenverlag, Münster 2011, 80 Seiten; 7,50 Euro
Der wissenschaftliche Fachbeirat des Geschichtsortes Villa ten Hompel hatte seit Aufnahme seiner Arbeit im Januar 1999 mit Heinz Boberach ein engagiertes und in vielerlei Beziehung auch ein herausragendes Mitglied. Man hätte es dem erfahrenen Zeithistoriker, Archivar und Experten für die Verwaltungsgeschichte des Nationalsozialismus damals nicht übel nehmen können, wenn er skeptische Distanz zu den Münsteraner Nachwuchshistorikern gewahrt hätte. Aber im Gegenteil: Einmal durch Professor Franz-Josef Jakobi, den damaligen Beirats-Vorsitzenden, von der Idee des Lern- und Gedenkortes überzeugt, wurde er zu dessen intensivem Förderer. Schon das erste Konzept zur Errichtung der Forschungs-, Erinnerungs-, und Bildungsstätte in Münster trug seine Handschrift. Und gleich beim ersten Besuch in der Villa überbrachte Heinz Boberach seltene Dokumente und Objekte zur Polizeigeschichte, die er für die Sammlung am Kaiser-Wilhelm-Ring zur Verfügung stellte. Ein Teil davon ist heute noch in der Dauerausstellung "'Im Auftrag' - Polizei, Verwaltung und Verantwortung" zu sehen. Heinz Boberach hat den aufklärerischen Impetus des Geschichtsprojektes immer wieder mit Hinweisen, aber auch mit kritischen Bemerkungen gefördert. Legendär sind seine kontroversen Gespräche mit Professor Bernd Hey über die Rolle und Bewertung des Kurt Gerstein, den er wesentlich kritischer sah, als der Diskussionspartner und Gerstein-Nachlassverwalter aus Bielefeld.
Vor allem an der Arbeit der jüngeren Kollegen hat der erfahrene Bundesarchivar aus Koblenz Anteil genommen, hat sie mit konkreten Hinweisen auf Forschungsarbeiten und Quellenbestände unterstützt, aber auch als "Türöffner" in manchen Archiven gedient. Boberachs Renommee, über Jahrzehnte gewachsen durch eigene Forschungsarbeiten, durch die Herausgabe von Editionen, aber auch durch sein Auftreten vor Gerichten als Sachverständiger, verhalf dem Geschichtsort Villa ten Hompel zu mehr Glaubwürdigkeit und Resonanz in der historischen "Zunft". Mit der hier vorgestellten Publikation soll seinem Engagement und seinem aufklärerisches Schaffen ein Denkmal gesetzt werden.