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Forschung: Publikationen
Stefan Klemp (2013)
"Aktion Erntefest": Mit Musik in den Tod. Rekonstruktion eines Massenmords
Villa ten Hompel Aktuell 19, Eigenverlag, Münster 2013, 118 Seiten; 7,50 EURO
Vor 70 Jahren erschossen Polizisten und SS-Angehörige im Distrikt Lublin über 40.000 Juden. Das Massaker wurde unter dem Decknamen "Aktion Erntefest" durchgeführt und bildete den grausamen Abschluss der Ermordung der drei Millionen polnischen Juden durch das NS-Regime. Der Historiker Stefan Klemp, freier Mitarbeiter des Geschichtsorts Villa ten Hompel, legt nun eine neue Studie vor, die den Massenmord auf breiter Quellengrundlage detailliert rekonstruiert.
Die Massenerschießungen am 3. und 4. November 1943 waren die brutale Reaktion auf verzweifelte Aufstände von Juden in den Ghettos von Warschau und Bialystok sowie in den Vernichtungslagern Sobibor und Treblinka. Der Reichsführer der SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler befahl daraufhin die Erschießung der noch überlebenden Juden.
Über 2.000 Angehörige von Polizei und Waffen-SS wurden daraufhin am 2. November 1943 in Lublin zusammengezogen. Am frühen Morgen des 3. November 1943 begannen sie mit der Ermordung der Juden in den Lagern von Lublin-Majdanek und Trawniki. Am 4. November setzten sie die "Aktion Erntefest" in Poniatowa fort. Um die Schüsse zu übertönen, wurde per Lautsprecheranlagen überlaut Musik gespielt, u.a. ein Lied von Heinz Rühmann und das Soldatenlied "Es geht alles vorüber". Die Spuren des Massakers wurden anschließend verwischt, indem die Leichen offen verbrannt wurden.
Die Studie führt erstmals Aussagen von Tätern und den wenigen überlebenden Opfern sowie Erkenntnisse von Ermittlungsverfahren zu einem Überblick über das Tatgeschehen zusammen. Stefan Klemps vom Geschichtsort Villa ten Hompel herausgegebenes Buch stellt einen wichtigen Beitrag zur Erforschung und Erinnerung an den Holocaust dar.