1648. Der Dreißigjährige Krieg, der 1618 im Heiligen Römischen Reich ausbrach, wird im charakteristischen Bogenhaus, dem Rathaus zu Münster offiziell beendet. Der Westfälische Friede wird beschlossen.
374 Jahre später, im Jahr 2022, finden sich die G7-Außenministerinnen und -minister zu ihren bedeutenden Gesprächen über die Bewältigung aktueller Herausforderungen somit in einem ganz besonderen historischen Kontext zusammen.
Wo ist der Friedenssaal und was kann man sehen?
Das Rathaus mit seinem hohen Giebel – ein gotischer Bau aus der Mitte des 14. Jahrhunderts – ist geradewegs vom Domplatz aus zu erreichen. Nur wenige Schritte geht es vorbei am Bogengang über das markante Kopfsteinpflaster des Prinzipalmarktes. Fahrradfahrer, Rikschas und manchmal eine motorbetriebene Kutsche kreuzen den Weg. Überall ist Stimmengewirr und das klirren von Kaffeetassen und Gläsern zu hören im Herzen der westfälischen Metropole. In das historische Rathaus geht es über die Treppen, auf denen lange Jahre das münstersche Original „Onkel Willi“ musizierte und die Stadtgesellschaft wie Touristinnen und Touristen begeisterte. Nun geht es durch das Foyer der Bürgerhalle – heute touristische Information – geradeaus bis zum Eingang in den Friedenssaal.
Dieser war 1648 Schauplatz der Beschwörung des Spanisch-Niederländischen Friedens, der wiederum Teil des Westfälischen Friedens war. Aufgrund seiner historischen Bedeutung wurde der Saal seit 1648 nicht mehr verändert, nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg jedoch originalgetreu wiederaufgebaut. Die Täfelungen aus Holz im Stile der Renaissance sind an allen vier Wänden angebracht und stammen aus dem Jahr 1577. An der Innenwand sind Porträts der wichtigsten Gesandten zu sehen, die zwischen 1644 und 1648 in Münster über das Ende des Dreißigjährigen Krieges verhandelten. Die insgesamt 37 Portraits zeigen neben den Gesandten auch Herrscher. In Erinnerung an den Friedensschluss von 1648 befindet sich im Kamin der Südwand eine gusseiserne Ofenplatte. Ihre Inschrift: „Anno 1648. Pax optima rerum, 24. Oct.“ (frei übersetzt: „Der Friede ist das höchste Gut, 24. Oktober 1648.“) Ausgestellt ist hier neben anderen besonderen Unikaten auch der Goldene Hahn – ein kunstvoll vergoldetes Silbergefäß, das noch heute hohen Gästen der Stadt als Ehrenpokal gereicht wird.
Was macht den Friedenssaal so bedeutsam?
Bis zum Westfälischen Frieden, der in Münster und Osnabrück beschlossen wurde, waren zähe Verhandlungen nötig. Es dauerte ganze fünf Jahre, bis Vertreter fast aller europäischen Mächte eine Lösung gefunden hatten und die Friedensverträge unterzeichnet werden konnten.
Der Westfälische Frieden gilt als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer europäischen Friedensordnung und zur Entwicklung des heutigen Völkerrechtes. Der Westfälische Frieden hatte Auswirkungen auf ganz Europa: Im Friedenssaal wurde unter anderem die Souveränität und Unabhängigkeit der Niederlande besiegelt.
Auch heute noch hat der Westfälische Frieden für Münster eine große Bedeutung: Alle zwei Jahre wird im Friedenssaal der Preis des Westfälischen Friedens von der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL) verliehen. Der Preis ehrt internationale Persönlichkeiten und Institutionen, die sich besonders für den Frieden in Europa und der Welt eingesetzt haben. Er ist mit 100.000 Euro dotiert. Preisträger der vergangenen Jahre waren unter anderem Kofi Annan (2008), Helmut Schmidt (2012) und König Abdullah II von Jordanien (2016). Außerdem werden unterschiedliche Organisationen geehrt, zum Beispiel Children for a better World (2012) oder die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (2016).
Der Friedenssaal kann besucht werden, Führungen sind möglich.
Weitere Informationen: Friedenssaal im Historischen Rathaus
Mit dem Papierflieger über den Prinzipalmarkt in den Friedenssaal