Seiteninhalt
Begegnungen
Das Verhältnis zwischen Stadtbevölkerung und den Britinnen und Briten vor Ort wurde unterschiedlich wahrgenommen. Für viele Münsteranerinnen und Münsteraner spielten die Soldatinnen und Soldaten in ihrem Leben kaum eine Rolle oder sie nahmen deren Präsenz kaum wahr, vor allem als die Truppen in den 1990er Jahren stark reduziert wurden. Einige Münsteranerinnen und Münsteraner suchten jedoch engeren Kontakt oder freuten sich als Inhaber kleinerer Geschäfte wie Kioske und Blumenläden in der Nähe der Kasernen und Siedlungen über die britische Kundschaft.
Auch britische Militärangehörige und ihre Familien machten unterschiedliche Erfahrungen in Münster. Während einige den Kontakt zur Bevölkerung suchten, sahen viele ihrer Kameraden Münster nur als vorübergehenden Aufenthaltsort an. Es ist daher kaum verwunderlich, dass ihre Motivation gering war, soziale Kontakte vor Ort zu knüpfen.
Ärger zwischen Briten und Deutschen
Andere Militärangehörige berichteten auch, dass sie von Münsteranerinnen und Münsteranern angefeindet oder in Geschäften unfreundlich behandelt worden seien. Gewalt zwischen Deutschen und Briten blieb allerdings auf Einzelfälle beschränkt.Andere empfanden die britischen Soldatinnen und Soldaten als störend. Ein besonders häufiger Streitpunkt war der Lärm, der von den in den Kasernen abgehaltenen Übungen ausging und von etlichen Anwohnerinnen und Anwohnern als Belästigung angesehen wurde. Auch die Beseitigung von Bäumen, Verkehrsunfälle mit Panzern oder ein Feuer in einem britischen Munitions-LKW in den 1980er Jahren führten zu Konflikten mit der münsterischen Bevölkerung.
"Out of bounds"
Negative Erfahrungen mit alkoholisierten britischen Soldatinnen und Soldaten, die Schlägereien angefangen oder das Mobiliar zerstört hatten, führten bereits in der Besatzungszeit dazu, dass an den Türen zahlreicher Bars, Kneipen und Diskotheken Schilder mit der Aufschrift "Out of Bounds" aufgehängt wurden. "Out of Bounds" bedeutete, dass keine Angehörigen der britischen Streitkräfte Zugang zu den jeweiligen Lokalen hatten. Dieser pauschale Ausschluss sämtlicher Angehöriger der britischen Streitkräfte führte wiederum unter vielen Briten zu Unmut und Gefühlen der Ablehnung, vor allem da sie nicht nur aus Lokalen rund um die Kasernen, sondern in der ganzen Innenstadt ausgeschlossen wurden. Anfang der 1990er Jahre setzten sich schließlich einige Münsteranerinnen und Münsteraner erfolgreich dafür ein, die Schilder aus dem städtischen Raum zu verbannen. Sie argumentierten dabei auch mit dem Image Münsters als weltoffener Stadt.
Proteste gegen Briten
Hinzukam, dass einige Münsteranerinnen und Münsteraner wegen der IRA-Anschläge in den achtziger Jahren beunruhigt waren, das deutsche und britische Engagement in der NATO hinterfragten oder die Militärpräsenz der Briten generell kritisierten. Bei der Verleihung des Freedom of the City 1982 demonstrierten einige Menschen aus den Reihen der Friedensbewegung gegen die Militärparade. Der Chef der britischen Garnison in Münster, Brigadier Charles Guthrie versicherte dem Oberbürgermeister Dr. Werner Pierchalla jedoch, dass die "lautstarke Minderheitsdemonstration" keinen Ärger erregt habe.
Separate Lebenswelten
Es waren vor allem die separaten Lebenswelten, die es erschwerten, einen tiefergehenden und dauerhaften Austausch zwischen der Bevölkerung und den Briten zu etablieren. Die Westfälischen Nachrichten sprachen 1979 sogar von einem "Vakuum", in dem sich die britischen Militärangehörigen und ihre Familien befänden. Ein starkes Hemmnis für tiefere Kontakte waren zudem die fehlenden Sprachkenntnisse, die auf britischer und deutscher Seite bestanden. Insgesamt nahmen im Jahr 1979 nur 703 der 11.000 in Münster stationierten Briten an Deutschkursen teil, die im Education Centre (Bildungszentrum) in der York-Kaserne stattfanden. Einige Militärangehörige beschwerten sich zudem über die geringe Zahl der angebotenen Deutschkursen und ihren kurzen Umfang. Tatsächlich dauerte der Anfängerkurs nur eine Woche und der für die Offiziere angebotene Anschlusskurs lediglich zwei Wochen. Danach mussten sich Interessierte selbst um Möglichkeiten bemühen, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.
Dennoch kam es auch zu freundschaftlichen Begegnungen. Das zeigen etwa deutsch-britische Straßenfeste und Nachbarschaftsfeiern. 1986 gründete der Brite Colin Wagstaff den English Club, der ein Jahr später bereits 180 Mitglieder hatte. Der Klub organisierte eine Discussion Group, die es Britinnen und Briten in Münster ermöglichte, regelmäßig mit Deutschen ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus gab es einen Reading Circle (Lesekreis), deutsch-englische Konzerte, Angebote für Jugendliche und eine Dartgruppe, die später zu einem selbstständigen Dart-Club mit deutschen und englischen Mitgliedern wurde. Weiterhin gab es den English Club International, der 1979 aus einem Englisch-Konversationskurs an der Volkshochschule entstanden und seit 1986 an der Westfälischen Wilhelms-Universität beheimatet ist. Er besteht bis heute.
Außerdem entwicklelten sich auch sehr enge persönliche Bindungen zwischen Deutschen und Briten. So sind für die Jahre zwischen 1970 und 1981 immerhin 249 Eheschließungen zu verzeichnen, bei denen einer der Ehepartner britisch war.
Austausch
Besuch englischer Kinder und Jugendlicher, vermutlich eine Pfadfindergruppe aus der Partnerstadt York, 1980
Auch von Lehrerinnen und Lehrern sowie Schuldirektorinnen und Schuldirektoren gingen immer wieder Initiativen aus, den Austausch zwischen deutschen und britischen Kindern und Jugendlichen zu fördern. Grundschulen der britischen Streitkräfte hatten regelmäßigen Kontakt mit Grundschulen in Münster. Die Schülerinnen und Schüler besuchten sich regelmäßig gegenseitig. Auch der Evangelische Kindergarten in Coerde lud englische Kinder ein. Ein besonders verbindendes Element war seit der Besatzungszeit der Sport: Es wurden zahlreiche deutsch-britische Fußballturniere organisiert. Im Sportverein Teutonia waren britische Soldaten aktiv und nahmen etwa in der Spielzeit 1991/92 als vierte Mannschaft am Spielbetrieb teil. Darüber hinaus gab es einzelne deutsch-britische Wettbewerbe in Sportarten wie Kegeln, Darts und Tischtennis.
Unterstützung
Während des ersten Golfkrieges Anfang der 1980er Jahre war die Unterstützung der Bevölkerung für die britischen Streitkräfte und ihre Familien besonders groß. Münsteraner Frauengruppen trafen sich mit Ehefrauen der Soldaten, Lehrerinnen und Lehrer organisierten Treffen mit britischen Schülerinnen und Schülern, Polizistinnen und Polizisten sammelten Spenden für britische Kindergärten in Münster. Weihnachten 1990 startete die Stadtverwaltung einen Aufruf in der Zeitung, in dem Münsteraner Familien dazu aufgerufen wurden, britische Ehefrauen, deren Männer in Saudi-Arabien stationiert waren, zum Weihnachtsfest einzuladen. Die Weihnachtszeit hatte bereits Jahrzehnte vorher beide Seiten dazu animiert, die Bemühungen in Sachen Völkerfreundschaft zu verstärken. Da nicht alle britischen Soldaten zu Weihnachten und Neujahr nachhause fahren konnten, riefen der Oberbürgermeister und der Oberstadtdirektor im Dezember 1959 in den Zeitungen dazu auf, britische Soldaten zu sich einzuladen. Die Aktion war so erfolgreich, dass sich mehr deutsche Familien meldeten, die bereit waren, einen britischen Soldaten als Gast willkommen zu heißen, als Bedarf bestand. 1960 und 1961 wurde die Aktion wiederholt.
Auch die britische Seite nutzte die Weihnachtszeit wiederholt, um Kontakt zur münsterischen Bevölkerung zu suchen. Zum Beispiel führten Regimenter Spendensammlungen durch, die unter anderem deutschen Kinderheimen oder Kindergärten zu Gute kamen. 1983 wurde in der Bullerkaserne ein englisch-deutscher Weihnachtsmarkt organisiert. In Coerde ließ ein britisches Regiment über mehrere Jahre einen Weihnachtsbaum im Coerdemarkt aufstellen. Darüber hinaus etablierten sich gemeinsame Traditionen wie der deutsch-britische Adventsgottesdienst, der bis heute als deutsch-englischer ökumenischer Weihnachtsgottesdienst fortbesteht.