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Münster und Großbritannien
Städtepartnerschaft mit York
Im Jahr 1957 schloss die Stadt Münster ihre erste Städtepartnerschaft mit der englischen Stadt York. Der Impuls für die Partnerschaft ging dabei von York aus. Ein Jahr später ehrte Münster den Lord Mayor von York, A.L. Philipson, mit der Goldenen Rathausmünze, die ihm am 30. Oktober 1958 anlässlich der feierlichen Übergabe des wiedererrichteten Rathauses für sein Engagement zur deutsch-britischen Verständigung verliehen wurde.
Die beiden twin cities belebten die Partnerschaft in den folgenden Jahrzehnten mit Delegationsreisen, Klassenfahrten, Vereinstreffen, gegenseitiger Reisewerbung und dem Austausch von Geschenken.
Schüleraustausch 1954
Erste Schüleraustausche zwischen britischen und münsterischen Schulen sind sehr frühzeitig noch kurz vor Ende der Besatzungszeit dokumentiert. Aus privater Quelle stammt der Nachweis für einen Austausch zwischen einer Mädchenklasse der High School in Stourbridge unter der Leitung von Miss Shand und einer überwiegenden Jungenklasse am Hittorfgymnasium unter der Leitung von Frau Dr. Telger im Jahr 1954. Die bei einer münsterischen Familie untergebrachte Schülerin Eileen D. schrieb am 29. April 1954 in das Poesiealbum der Tochter des Hauses: "With very best wishes. Your English friend Eileen D." Es fanden weitere Gegenbesuche der beiden Schulen statt.
Britische Woche - "Rendezvous mit Großbritannien"
Brigadier Charles Guthrie, der britische Kommandeur der Garnison Münster, beim Eintrag ins Goldene Buch, 1982
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft mit York (1982) richtete die Stadt Münster eine "Britische Woche" aus. Die Britische Woche, zu der auch eine Delegation aus York unter Leitung des Lord Mayor P.H. Booth eingeladen war, stand unter dem Titel "Rendezvous mit Großbritannien" und bot zahlreiche Veranstaltungen.
Die "Britische Woche" fand vom 11. bis 19. September 1982 in Münster statt. Bei der festlichen Auftaktveranstaltung im Festsaal des Rathauses lag das Goldene Buch der Stadt Münster aus. Der Kommandeur der Garnison Münster, Brigadier Charles Guthrie, trug sich in das Gästebuch ein.
In der Bürgerhalle des Rathauses wurde eine Ausstellung zum Thema "Großbritannien und Münster" gezeigt, im Foyer des Stadthauses lagen englische Briefmarken aus. Außerdem wurden ein großes Altstadtfestival, Konzerte, einen Kinderflohmarkt und ein breites Sportprogramm ausgerichtet.
An der Britischen Woche beteiligten sich auch die Händler der Stadt. So stellte ein Reisebüro beispielsweise einen Original-London-Doppeldeckerbus zur Verfügung, mit dem man durch die Innenstadt fahren konnte. Schaufenster waren mit britischer Dekoration geschmückt, etwa mit dem offiziellen Plakat der Veranstaltungswoche, das einen Bowler im Muster des Union Jack zeigte. Auch die britischen Streitkräfte wurden miteinbezogen: Die Oxford-Kaserne veranstaltete einen Tag der offenen Tür und eine Auswahlmannschaft des britischen Militärs spielte gegen die Altliga-Mannschaft von Preußen Münster Fußball.
Im Laufe der Jahre fanden im Rahmen der Stadttourisitk immer wieder Veranstaltungen statt, bei denen es zu deutsch-britischen Begegnungen kam. Bei der "Münsterwoche" im Jahr 1980 trat eine englische Tanzgruppe im Rathausinnenhof auf.
Offizielle Besuche
Bei vielen offiziellen Empfängen begrüßten die Oberbürgermeister Münsters zahlreiche Mitglieder des britischen Königshauses, die in der Regel britische Streitkräfteeinheiten in Münster besuchten. Auch einige britische Botschafter statteten Münster einen Besuch ab. Am 26. Oktober 2000 etwa empfing Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann den Botschafters des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland Sir Paul Lever. Die prominenten Besucherinnen und Besucher trugen sich bei der Gelegenheit in das "Goldene Buch" der Stadt ein.
Freedom of the City
Am 13. September 1982 wurde den britischen Truppen die Urkunde Freedom of the City verliehen. Die Verleihung erfolgte anlässlich der Britischen Woche 1982. Sie galt als Zeichen der Verbundenheit zwischen der Stadtgesellschaft und den britischen Truppen. Oberbürgermeister Werner Pierchalla übergab die Urkunde und erhielt im Gegenzug ein Schwert von Brigadier Charles Guthrie. Daran schloss sich eine Militärparade der Truppen vor dem Schloss und am Prinzipalmarkt an.
Mit der Verleihung des Ehrenrechtes Freedom of the City erhielten die britischen Truppen das Recht, einmal im Jahr mit Waffen, aufgesteckten Bajonetten und Musikbegleitung durch Münster zu marschieren. Das Recht hatte vor allem symbolische Bedeutung. Die Verleihung dokumentierte die Verbundenheit mit den auf städtischem Gebiet stationierten britischen Einheiten.
Kontakte zwischen Deutschen und Briten
Trotz dieser Ehrung scheint die Beziehung zu den britischen Truppen vor Ort für die Stadt Münster eine geringere Bedeutung gehabt zu haben, als die zu ihrer Partnerstadt York. Das monierte zumindest die Ehefrau eines britischen Soldaten Mitte der achtziger Jahre in den Westfälischen Nachrichten:
"Es wäre wünschenswert, wenn Münster nicht nur mit York guten Kontakt sucht und pflegt, sondern auch mit uns Briten in Münster."
(Westfälische Nachrichten v. 5.9.1984)
Initiativen von offizieller Seite, die zu stärkeren Kontakten zwischen Soldaten und Bevölkerung beitragen sollten, wurden oftmals als zu sporadisch oder oberflächlich wahrgenommen. Aus heutiger Sicht erscheint es zum Beispiel verspätet, dass erstmals 1979 Vertreter der Stadtverwaltung neue britische Soldaten mit einer Informationsstunde in englischer Sprache begrüßten, die das "Leben in Münster" zum Thema hatte.
Verbindungsoffiziere
Die britischen Streitkräfte setzten seit Mitte der 1950er Jahre auf Verbindungsoffiziere, die als Bindeglied zu den deutschen Behörden dienten. Sie standen vor allem mit dem Kultur- und Verkehrsamt in regelmäßigem Kontakt und waren der erste Ansprechpartner, der bei Problemen vermittelte oder Kontakte herstellte. Zwischen 1955 und 1993 residierten die Verbindungsoffiziere und zeitweise auch die Mitarbeitenden des britischen Arbeitsamtes in einer Villa am Studtplatz.
"The SLO is the local representative of the Joint Service Liasion Organisation (JSLO). JSLO ensures that the two Commanders-in-Chief and the British Ambassador receive from the German authorities all that is due to them under the international treaties concerned with defence, barracks, training areas, tax privileges and so forth […]. The SLO also represents the BFG [British Forces Germany] Community at many public functions and maintains local protocol lists…"
(Zitiert nach: Münster. Army Families Official Guide 1993 Edition, Goslpie 1993, S. 31)
[Übersetzung: "Das SLO ist der lokale Vertreter der Joint Service Liasion Organization (JSLO). JSLO stellt sicher, dass die beiden Oberbefehlshaber und der britische Botschafter von den deutschen Behörden alles erhalten, was ihnen nach den internationalen Verträgen über Verteidigung, Kasernen, Truppenübungsplätze, Steuervergünstigungen usw. zusteht […]. Das SLO vertritt auch die BFG [British Forces Germany] Community bei vielen öffentlichen Veranstaltungen und führt lokale Protokolllisten…]
Im Laufe der Stationierungszeit hatten zahlreiche Beamte mit guten Deutschkenntnissen das Amt des liasion officers inne. Einigen wie Collin Ball oder Vic Andersen schenkte die Stadt Münster für ihren Einsatz die Silberne Rathausgedenkmünze. Mit Major Christine Barton wurde 1997 erstmals eine Frau Verbindungsoffizierin in Münster. Sie war zugleich die letzte liasion officer, die allein für Münster zuständig war, da das Verbindungsbüro 2001 nach Osnabrück verlegt wurde. Christopher Linaker war als Erster britischer Verbindungsoffizier für Münster-Osnabrück.
Die britischen Verbindungsoffiziere in Münster
J.-P. Magrane | 1955 bis 1957 |
Errold B. Daniell | 1957 bis 1966 |
Vic Andersen | 1966 bis 1971 |
Collin Ball | 1971 bis 1978 |
Steven Cooper | 1978 bis 1983 |
Godfrey Pickles | 1983 bis 1990 |
Paul French | 1990 bis 1997 |
Christine Barton | 1997 bis 2001 |
Christopher Linaker (MS-OS) | ab 2001 |
Kommission für deutsch-britischen Austausch
1985 wurde auf Vorschlag des liasion officer Godfrey Pickles eine Kommission eingerichtet, um den deutsch-britischen Austausch vor Ort zu fördern. Sie bestand unter anderem aus dem Verbindungsoffizier selbst, Vetretern der in Münster stationierten Regimenter sowie drei von der Stadtverwaltung ernannten Mitgliedern, u. a. dem Oberstadtdirektor. Der Ausschuss, der bis 1997 bestand, sollte im Speziellen dazu dienen, Angelegenheiten zu diskutieren, Informationen auszutauschen und Maßnahmen zu koordinieren. Häufig ging es in den zweimal im Jahr stattfindenen Sitzungen um Truppenreduzierungen oder größere Veranstaltungen. Die Aktion "Solidarität mit den Briten", die während des Golfkrieges ins Leben gerufen wurde, ging ebenfalls auf die Arbeit der Kommission zurück. Im Rahmen der Aktion wurden Sightseeing-Ausflüge und Freizeitveranstaltungen für Ehefrauen und Kinder der britischen Soldaten organisiert.
Kulturelle Kontakte
Prinz Folker I. und Lieutenant Colonel A. P. Grant Peterkin beim Besuch des Karnevalsprinzen in den Buller Baracks, 1989
Die britischen Streitkräfte in Münster beteiligten sich auch an Karnevalsaktivitäten. Verbindungsoffizier Godfrey Pickles war zugegen, als Karnevalsprinz Folker I. im Februar 1989 die Buller Baracks während des Karnevals besuchte. Prinz Folker I. erhob sein Glas auf gute Nachbarschaft und erklärte dem Kommandeur Lieutenant Colonel A. P. Grant Peterkin bei der Gelegenheit die deutschen Bräuche in der närrischen Zeit. Zahlreiche Prinzen pflegten vor und nach ihm diese Tradition. Prinz und Prinzengarde statteten den Offizieren und Soldaten närrische Besuche ab und überreichten Karnevalsorden. Die karnevalistischen Besucher wurden stets prächtig empfangen.
Musikalische Präsentationen gehörten zu den regelmäßigen Events deutsch-britischer Begegnungen. Bereits seit Ende der 1950er Jahre beteiligten sich ein bis drei britische Militärkapellen am Rosenmontagszug. So etwa 1956: Die britische Militärkapelle nahm an 84. Position am Rosenmontagszug teil. Sie marschierte kurz vor dem Prinzenwagen mit S. T. Prinz Wilhelm I. Es fanden über die Jahre zahlreiche britische Militärkonzerte in der Halle Münsterland statt und zu Weihnachten gab es das "Christmas Carol Singen" im Dom.