MMQ1&2-Dialog 1

Gruppe von Radfahrenden
 
Gruppe von Radfahrenden am Kreisverkehr am Johann-Krane-Weg
 
Jörg Faltin und Robin Denstorff bei der Auftaktveranstaltung
 

13. Mai 2022 | Dialog 1
Orientierung

Werkstatt-Auftakt auf der Leeze
Fahrradtour mit Oberbürgermeister Markus Lewe

Pünktlich um 14.30 Uhr starteten zwei Gruppen zur geführten Fahrradtour. Im Gespräch mit Oberbürgermeister Markus Lewe wurden dabei gleich erste Zielsetzungen diskutiert und die grundlegenden Fragestellungen angesprochen, etwa wie die Modellquartiere die Lebensqualität, Vielfalt und Lebendigkeit Münsters abbilden können.

Die „Tourguides“ aus dem Stadtplanungsamt, Prof. Thomas Hauff mit Andreas Kurz sowie Gerd Franke mit Mattias Bartmann, führten zu den wichtigsten Nachbarschaften der Plangebiete. Vorgestellt wurden zum Beispiel die Wissensquartiere „von nebenan“ samt ihrer Aufbruchsstimmung im Sinne von mehr Lebendigkeit und unternehmerischer Vielfalt. Auch die landschaftlichen Besonderheiten wurden während der Tour angesprochen: u. a. der Kinderbach, die Topographie in den Plangebieten und damit verbundene denkbare Probleme oder eine Lärmbelastung der Steinfurter Straße.

Die Teilnehmenden der zweistündigen Radtour haben so einen Überblick über wichtige stadträumliche Vernetzungsbereiche und bereits die ersten Zieldiskussionen mitgenommen. Im Ergebnis lieferte die Radtour damit eine gute Grundlage für die Arbeit am Folgetag.

Vortrags- und Diskussionsabend
Dialog und Impulsvorträge

„Was macht Münster heute aus und woraus müssen die Modellquartiere bestehen und welchen Beitrag können sie liefern?“ Mit dem Aufruf einer gemeinsamen Ideenfindung für die beiden Modellquartier-Areale eröffnete Stadtbaurat Robin Denstorff um 18 Uhr den Vortrags- und Diskussionsabend. Rund 100 Personen waren der Einladung in die Aula des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums gefolgt. Ihnen stellte Jörg Faltin vom Planungsbüro FALTIN+SATTLER die Rahmenbedingungen im Planungsprozess vor und gab einen Überblick über die „gesamte Reise“ aller fünf Modellquartiere.

Neben den Flächen für die MMQ 1 und 2 (Steinfurter Straße und Busso-Peus-Straße) werden im zweiten Halbjahr 2022 auch die MMQ 3, 4 und 5 am Dortmund-Ems-Kanal aufschließen. Die Werkstattverfahren sind dabei ein wichtiges Fundament für die Vorbereitung von städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerben, die ab 2023 starten sollen.

 

„Von der Landschaft aus denken …“
Ein Plädoyer von Prof. Andreas Kipar aus Mailand

Mit einer etwas anderen „Flughöhe“ aktueller Landschaftsdiskussionen konnte Prof. Andreas Kipar aus Mailand das Publikum in seinen Bann ziehen. Mit seinem Bericht von der spürbaren Aufbruchstimmung der „next generation“ und der Bedeutung der Landschaft im Kontext der großen Metropolen gelang es ihm immer wieder, den Bezug zu den Modellquartieren und dem benachbarten Kinderbach herauszuheben. Auch seine ersten Gedanken zum Quartier und der Bedeutung des Freiraums in den Quartieren bekamen breiten Applaus von den Zuhörenden.

Prof. Kipar fragte das Publikum auffordernd, wohin die Reise Münsters insgesamt gehen könnte, um als Stadt echten Modellcharakter erlangen und zu einer besonderen Stadt der „Nachhaltigkeitsdekade“ werden zu können. Nach seinem Empfinden geht dies natürlich weit über die Grenzen der Modellquartiere hinaus. Und dennoch müssen die Modellquartiere hier echte Vorbildfunktion übernehmen.

Die Stadt immer von der Landschaft aus zu denken und nicht vom „zu Bauenden“ ist sein Hauptplädoyer. Für das landschaftliche Umfeld der Modellquartiere mit dem Kinderbach heißt das, keine Überformungen anzustreben, sondern die Schönheit und Nutzbarkeit des Vorhandenen wertzuschätzen. Der alltägliche Gebrauch aus der neuen Bewohnerschaft, für die neuen Unternehmen und auch für Münster insgesamt stellt eine besondere Herausforderung dar, die Modellquartiere müssen auch ein „normales Stück Stadt“ bzw. Quartierscharakter abbilden können.

Rebecca Watzal und Tabea Hennecke im Interview mit Jörg Faltin

Statements: Natur, Umwelt, Nachhaltigkeit

 
Rebecca Watzal, Studentin der Humangeographie Münster

Es muss nicht alles perfekt geplant sein. Die platzierten Freiflächen im benachbarten Technologiepark sind zwar grün, aber meist menschenleer und ungenutzt. Die neuen Quartiere brauchen kein perfektes, sondern ein funktionierendes und lebendiges Grün mit viel Aufenthaltspotential! Und Gievenbeck bietet dieses Potential!

Rebecca Watzal, Studentin der Humangeographie Münster

Markus Wirsen, Bürger der Stadt Münster, Nachbar am Wasserweg

Der Landschaftsraum rund um den Wasserweg hat für die heutigen und die zukünftigen NutzerInnen einen hohen Naherholungswert und eine kulturlandschaftsprägende Wirkung. Diese Eigenschaften der grünen Lebensader sind auch in Zukunft zu erhalten und zu stärken.

Markus Wirsen, Nachbar zum „Wasserweg“

Teresa Häuser, Klimaentscheid Münster

Münster braucht mehr Flächen für ökologische Landwirtschaft, um eine Ernährung direkt aus der Nahversorgung sicherstellen zu können. Dies kann zum Beispiel in Form von Urban Gardening in die Quartiere integriert werden. Auch die Verwendung von wiederverwertbaren Materialien, der Einsatz von Fassadenbegrünung sowie eine angepasste Mobilität bilden wichtige Bausteine, um die Klimaneutralität in den neuen Quartieren gewährleisten zu können.

Teresa Häuser, Klimaentscheid Münster

Helga Hendricks, Klimabeirat Münster

Die Quartiere müssen so geplant werden, dass klimafreundliches Leben für die Bewohnerinnen und Bewohner, die dort leben und arbeiten werden, möglich ist. Darüber hinaus gilt es, die Biodiversität zu fördern und die grünen Räume und Fluchten wieder miteinander zu verbinden und zu vernetzen. Die derzeitigen Grünflächen sind Brachflächen mit wenig Biodiversität. Mit gut geplanten neuen Quartieren kann somit mehr Raum für Biodiversität geschaffen werden, als es bisher der Fall ist.

Helga Hendricks, Klimabeirat Münster

Linda Klümper, Stadtwerke Münster, Leitung Innovation

Für die Münster Modell Quartiere geht es beim Thema Klimaneutralität vor allem darum, die Technologie der Tiefengeothermie zu prüfen und einzusetzen. Auch eine hohe Dichte an PV-Anlagen zur nachhaltigen Stromversorgung soll realisiert werden. Ich habe im Austausch mit den Werkstattteilnehmenden eine hohe Akzeptanz wahrgenommen und bin sehr positiv gestimmt, dass wir gemeinsam echte nachhaltige Quartiere entwickeln können.

Linda Klümper, Stadtwerke Münster GmbH, Leitung Innovation

„Flexibilität ist ein wichtiges Fundament…"
Johannes Tovatt mit Tipps für Münster aus Stockholm und Wien

Wichtige Tipps für die Entwicklung komplexer Stadtentwicklungsprojekte konnte Johannes Tovatt aus Schweden geben. Sein erster Städtebauerfolg, das Projekt Hammerby an der Stockholmer Stadtsilhouette am Wasser, etablierte in einigen Punkten Neuheiten: Unterschiedliche öffentliche Räume prägen das Quartier heute, unterstützt von sehr flexiblen Erdgeschosszonen mit Raumhöhen von 4 bis 5 Metern, entsteht ein Angebot für die lebendige Korrespondenz zwischen Stadtraum und Baufeld bzw. Gebäude und damit zur Nutzerebene. Hammerby steht heute für eine vielfältige, experimentelle Nutzungsmischung von „urbanen Produktionen“, Laboren, Werkstätten, Arbeitsplätzen, Kunst & Kultur, Dienstleistungen, Gastronomie und Wohnen.

Bei seiner Vorstellung des Projekts Seestadt Aspern wurde im Münsteraner Publikum tief durchgeatmet, hat diese Wiener Stadterweiterung doch eine etwas andere Dimension. Allerdings konnte er sehr anschaulich den Prozess dieses Quartiers von seiner ersten Skizze mit dem zentralen, mittleren Freiraum samt See, mit seiner Herangehensweise schnell nachvollziehbar erläutern. Ein Großteil der Seestadt Aspern ist heute gebaut, ebenfalls geprägt durch sehr flexible Nutzungsmischungen (auch über die Überraumhöhen der Erdgeschoss-Ebenen und einer Vielfalt in den Baufeldern insgesamt).

Auch die Linien der Infrastruktur rund um Vorrang-Radwege und ÖPNV-Angebote zeichnen das Wiener Beispiel aus und können für Münster ein vorbildliches Beispiel darstellen.

Dr. Klaus-Michael Weltring im Interview mit Anna-Lena Müller (FSW Düsseldorf)

Statements: Mischung im Quartier

 
Lisa Kamphaus, Kooperationsprojekt Stadt Münster & Institut für Geographie Universität Münster (Gesundheit in der nachhaltigen Stadt)

Wir denken Gesundheit als sozialstrukturellen Begriff. Hier geht es nicht nur um Begegnungsräume, sondern auch um Vielfalt und Zusammenleben in Form von durchmischten Quartieren, wie es auch die Münster Modell Quartiere sein können! Am liebsten würde ich die Quartiere selbst bauen!

Lisa Kamphaus, Kooperationsprojekt Stadt Münster & Institut für Geographie WWU Münster (Gesundheit in der nachhaltigen Stadt)

Jörg Aldinger, Mitglied der Lenkungsgruppe

Es geht eigentlich um eine Vision einer Stadt in der Zukunft, die sich aus drei wesentlichen Punkten zusammensetzt: die soziale Stadt, die grüne Stadt und die produktive Stadt. Dadurch kann Identität entstehen und über Identität entsteht ein Heimatgefühl, was über die eigenen vier Wände hinausgeht. Bei den beiden Münster Modell Quartieren ist es komplexer, da die soziale Stadt erst entwickelt werden muss. Die Identifikation mit dem Ort muss hier erst noch stattfinden. Dafür braucht es attraktive Stadträume, belebte Erdgeschosszonen sowie großzügige Freiräume.

Jörg Aldinger, Mitglied der Lenkungsgruppe

Andreas Heilborn, Bürger der Stadt Münster

Gute Wohnqualität bedeutet auch gute Nachbarschaft. Im benachbarten Kreuzviertel funktioniert das schon sehr gut. Deshalb ist es wichtig, diesen Urbanitätscharakter sowie die Verzahnung der grünen Landschaft als Leitgedanken in die Planung der neuen Quartiere mitzunehmen.

Andreas Heilborn, Bürger der Stadt Münster

Dr. Klaus-Michael Weltring, Gesellschaft für Bioanalytik Münster e.V.

Es ist total spannend, die Münster Modell Quartiere unter den Gesichtspunkten Wohnen, Wissenschaft, Forschung und Transfer zu entwickeln. Neben neuen Wohnungen mit vernetzten Wegebeziehungen und unterschiedlichen Aufenthaltsbereichen sollen die Quartiere auch Raum für Forschung in Firmen bieten und so den Wissenschaftspark erweitern. Ein privater Alltag mit stetem Bezug zur Forschung ist hier wünschenswert.

Dr. Klaus-Michael Weltring, Gesellschaft für Bioanalytik Münster e.V.

Tabea Hennecke, Studentin der Humangeographie Münster, Gievenbeckerin

Genau darum geht es, mehr Treffpunkte schaffen! Mehr Orte, an welchen Menschen zusammenkommen, sich gerne aufhalten und mit Freunden treffen können. Am besten in Verbindung mit kleinen Cafés, Restaurants oder Bars. So gelingen neue lebendige Stadträume und die braucht Gievenbeck!

Tabea Hennecke, Studentin der Humangeographie, Gievenbeckerin

Impressionen | 13. Mai 2022