MMQ1&2-Dialog 2

Arbeit am Modell
 
Arbeit am Modell
 
Arbeit am Modell
 

14. Mai 2022 | Dialog 2
Ergebnisse

4 Teams, 4 Leitthemen und ein gemeinsames Ziel: Modellhaft!
Werkstatt am 14. Mai

Von 9 bis 15 Uhr lief die intensive Arbeitsphase im Freiherr-vom-Stein Gymnasium in Gievenbeck. In vier Teams wurde zu diesen vier Leitthemen gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern, Akteuren Münsteraner Vereine und Organisationen, Politikerinnen und Politkern sowie externen Fachleuten an den Zielvorstellungen für die beiden Münster Modell Quartiere gearbeitet:

1. Öffentlicher Raum & Mobilität

2. Innovation & Urbanes Arbeiten

3. Vielfalt & Zusammenleben

4. Landschaft & Nachhaltigkeit

Stadtbaurat Robin Denstorff und der Moderator  Jörg Faltin (FALTIN+SATTLER Düsseldorf GmbH) eröffneten um 15 Uhr die öffentliche Ergebnispräsentation in der Aula.

Alle vier Teams hatten bis zu diesem Zeitpunkt ihre Diskussionsergebnisse und ihre Überlegungen an einem Struktur-Modell aufbereitet. Die rund 120 Gäste erwarteten die Ergebnisse in der Aula mit Spannung.

Team 1 „Öffentlicher Raum & Mobilität“
u. a. mit Prof. Bettina Mons und Peter Lange

Das Ergebnis wurde von der Team-Moderatorin Prof. Bettina Mons gemeinsam mit dem städtischen Verkehrsplaner Peter Lange vorgetragen.

Das Plädoyer für eine modellhafte Entwicklung der Modellquartiere 1 und 2 fiel klar zukunftsgerichtet aus. Das Team war sich darüber einig, dass die Fußgängerbewegungen und Erlebniszonen zuerst vorausgedacht und vorbereitet werden müssen. In Kombination mit der Münsteraner Besonderheit des hohen Anteils des Radverkehrs am Modal Split könne ein Geflecht attraktiver Verbindungslinien und öffentlicher Räume entstehen. Im Mittelpunkt der vorgestellten Ideen steht auch ein klares Bekenntnis zu einer ÖPNV-Stärkung und einer eigenen, inneren Erschließungsoption als „Herzstück“, z. B. nur für Busse mit modernster Antriebstechnologie mit eigenen Haltepositionen im MMQ 1.

Die Haupterschließung könnte von der Austermannstraße bis nach Norden zum Kreuzungspunkt „Wilkinghege“ geführt werden. Die dort vorhandene Mobilstation sollte zu einem gesamtstädtisch bedeutsamen Mobilitäts-Hub zur Vernetzung aller Verkehrsarten qualifiziert werden. Entlang der Steinfurter Straße ist gar ein Metro- bzw. Schnellbussystem eine willkommene Option, um auch aus dem regionalen Umfeld zügig in die Innenstadt und zum Hauptbahnhof gelangen zu können. Auch hiervon könnte das gesamte MMQ 1 profitieren. Oberstes Ziel für die innere Erschließung des MMQ 1 sollte eine Minimierung der MIV-Bewegungen sein – geschickt verteilte kleine Mobilitätshubs könnten Reduzierungen der PKW Aktionsradien zugunsten von mehr Lebensqualität in den gemischt genutzten Quartieren ermöglichen.

Auch im MMQ  2 steht eine autoarme, fahrradgebundene Vernetzung im Fokus. Die Nähe zum Gievenbecker Stadtteilzentrum sowie das bedeutsame Landschaftselement der „Applebreistiege“, das zugleich eine wichtige Verbindungsfunktion in das Stadtteilzentrum darstellt, sind ebenso wie das östlich benachbarte Forschungs- und Wissensquartier wichtige Vorprägungen, die eine mehr als konsequente Haltung in Bezug zu kurzen Wegen nach Möglichkeit ohne Pkw logisch erscheinen lassen.

Für beide Modellquartiere wollte sich das Team noch nicht auf „autoarm“ oder „autofrei“ festlegen bzw. es wurde klar artikuliert, dass hier die städtebaulich-landschaftlichen Strukturüberlegungen mit denen der Mobilität überlagert und weiter qualifiziert werden müssen. Im Sinne des Teams sind auch Gedanken von ergebnisoffenen Raum- und Flächenangeboten wichtig, also eine noch nicht allzu konkrete Festlegung und Codierung aller öffentlichen Räume, um auch auf zukünftige Änderungen noch angemessen reagieren zu können.

Team 2 „Urbanes Arbeiten & Innovation“
u. a. mit Dr. Wolfgang Haensch und Johannes Tovatt

Nach Einschätzung des Teams von Dr. Wolfgang Haensch und seinen Teammitgliedern samt städtebaulicher Assistenz von Johannes Tovatt aus Schweden ist es von besonderer Bedeutung, die beiden Modellquartiere 1 und 2 miteinander zu vernetzen. Der Grünzug des Kinderbaches wird dabei als wichtige landschaftliche Gemeinsamkeit in der Mitte beider Quartiere verstanden. Im Blick auf die Nachbarschaften der Wissensquartiere, die Impulse und Struktur geben können, wird angeregt, die hier beginnenden Aufwertungs- und Stärkungsmaßnahmen als unverzichtbare Rahmenbedingung zur räumlich- und funktionalen Vernetzung zu verstehen und weiter in den Gesamtprozess zu integrieren. Auch die Verbindungen zum Gievenbecker Zentrum wurden vom Team klar artikuliert und als „gewachsene“ Nachbarschaft kleinräumlich herausgearbeitet.

Im Modellquartier 1 zeigt das Team eine klare Haltung zum gesamtstädtisch bedeutsamen Landschaftsraum am Wasserweg. Mit Sensibilität und ausreichender Gesamtdimensionierung soll der Raum klar herausgearbeitet werden, auch um die Verbindung in die Münsterländer Kulturlandschaft prägnant in die Zukunft überführen zu können. Viele potenzielle Baufelder und damit die gemischt genutzten Bereiche der neuen Quartiere könnten gar von dem Landschaftsband am Wasserweg profitieren. Die Topographie des Geländes ermöglich hier eine Orientierung zum Landschaftsraum. Auch die soziale Infrastruktur (Grundschule / Kitas) könnte zum Wasserweg orientiert sein. Die über die Modellquartiere 1 und 2 hinausgehende Nahversorgung mit einem Stadtteilzentrum verortet das Team im südlichsten Abschnitt des MMQ 1 Areals an der Austermannstraße und somit als Vermittler zwischen „alt und neu“.

Einen mutigen Vorschlag macht das Team in Form der punktuellen Offenheit zur Steinfurter Straße, muss doch der Lärmeintrag der Bundesstraße in das Modellquartier 1 durch geeignete Maßnahmen verhindert werden. Dennoch zeigt diese Idee einen anderen Umgang mit dem Stadtentree und der zukünftigen Silhouette, die nicht ausschließlich über dominante Gebäudestrukturen geprägt sein muss. Diese Offenheit bezieht auch die Landschaft jenseits der Steinfurter Straße mit ein und versucht eine Überwindung der Barriere zu schaffen, die durch die Bundesstraße besteht.

Team 3 „Vielfalt & Zusammenleben“
u. a. mit Prof. Dr. Petra Teitscheid, Nadine Radtke und Svenja Hennig

Nicht unerwartet präsentieren Prof. Dr. Petra Teitscheid und Nadine Radtke gemeinsam mit Svenja Hennig, dass beide Modellquartiere „vom Menschen aus“ gedacht und dazu strukturell vorbereitet werden müssen. Innerhalb der Quartiere werden Bereiche „für das ganze Leben“ der dort zukünftig wohnenden und arbeitenden Menschen entstehen. Zentrale Orte, die Identität stiften, Gemeinschaften fördern und zu Mittelpunkten u.a. über soziale Infrastrukturangebote oder kulturelle Angebote avancieren können, sind erklärtes Hauptziel. Die gute und weiter zu qualifizierende Verzahnung mit den bestehenden Wissensquartieren wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Die Potentiale der Nachbarschaft gilt es zu nutzen, eine gute Verwebung ist obligatorisch. Neue Stadträume müssen miteinander kommunizieren, die Modellquartiere umfassen zukünftig große Flächen. Zudem sollten sie modellhaft nachhaltig geplant und realisiert werden. Multifunktionale Stadträume und das Zusammenbringen wichtiger Frequenzbringer wie z.B. Kitas, Cafés, Gemeinschaftsgebäude, Lehr- und Kulturräume, Schulen und Galerien/Ateliers, Co-Working Bereiche, aber auch die klassischen Arbeitsformen rund um Wissenschaft, Technologie und Forschung müssen ein lebendiges Gefüge ergeben. Das ist eine der größten Herausforderungen für die Modellquartiere insgesamt.

Flexibilität und Aneignung steht bei den Freiräumen weit vorne im Zielkatalog und auch die Nutzung des vorhandenen Knowhows und des Engagements bestehender Nachbarschaften können wichtige Partner und Impulsgeber für die neuen Entwicklungsflächen des Modellquartiers 1 und 2 sein.

Der potentielle Erhalt der zentralen Hofstelle, mit einem parkähnlichen Freiraum umgeben, und im Herzen von MMQ 1 auch als ein „Quartierszentrum“ angedacht, sollte aus Sicht des Teams ebenso geprüft werden, wie die erdgebundene Verlegung der Hochspannungstrasse im Norden, um das zukünftige, innere Landschafts- und Freiraumgefüge besser ausgestalten zu können. Das Stadtentree entlang der Bundesstraße 54 sollte markante Gebäude mit klarer Adressbildung und Lärmschutzfunktion zulassen können. Zum Landschaftsband am Wasserweg ist aus Sicht des Teams vorstellbar mehr Wohnen mit einer Öffnung zum Grün entstehen zu lassen.

Das Vordenken und spätere Management der unterschiedlichen Entwicklungsphasen und die Prozessgestaltung insgesamt sind zudem eine essentielle Aufgabe für ein Gelingen des Modellhaften. Dabei werden auch kleinräumige Angebote zur Identitätsbildung unter Einbezug der Bevölkerung erst den Erfolg bringen können.

Team 4 „Landschaft & Nachhaltigkeit“
u. a. mit Matthias Rammig und Prof. Andreas Kipar

In diesem Team wurde insbesondere das Potential des vorhandenen Naturraumes und die Notwendigkeit einer nachhaltigen sowie klimafreundlichen Entwicklung diskutiert. Moderator Matthias Rammig und die Landschaftsarchitekten des Büros LAND Srl berichteten, dass neben den vorhandenen Naturdenkmälern und dem Kinderbach auch die Ränder des MMQ 1 als schützenswerte Bereiche erfasst wurden und als blaugrüne Magistralen verstanden werden sollten (Steinfurter Straße und Wasserweg). Eine Idee, die nach dem Willen des Teams "mutig weitergeführt werden könnte". Ein Grün anmutender „Puffer“ zur Steinfurter Straße wird als schallschützendes Element vorgeschlagen. Die vorhandene Topographie im Gebiet ist prägend, es sollte mit dem Gelände gearbeitet werden. Die Anhöhung im Mittelpunkt des MMQ 1 könnte identitätsstiftend wirken und eventuell auch ein mögliches, bebautes Zentrum des neuen Quartiers werden.

Der Kinderbach-Grünzug verbindet auch die beiden Plangebiete MMQ 1 und 2. Er ist durch frühere Eindämmungsmaßnahmen stark eingeengt und sollte „befreit“ werden.

MMQ 2 ist gekennzeichnet durch die Nähe zu Gievenbeck und durch verschiedene Nachbarbezüge über die Busso-Peus-Straße hinweg. Insbesondere die geplante begrünte Durchwegung im Wissenschaftspark, sollte im MMQ 2 weitergeführt werden. Das Verbindungsgelenk zwischen MMQ 1 und 2 sollte als verzahnender Landschaftraum definiert werden, um eine Überbauung langfristig zu vermeiden.

Grün wird nicht als artifizielles Element verstanden, sondern als Ökosystemdienstleistungen. Biodiversität soll überall in den Modellquartieren einen Platz finden – auf Dächern, an Fassaden, in „ökologischen Trittsteinen“.

Die Auswirkungen der neuen Modellquartiere auf die Umwelt müssen minimiert werden. Aus Sicht des Teams hat die Zielsetzung oberste Priorität, „klimapositive“ Quartiere zu generieren, die mehr CO2-Emissionen aufnehmen, als sie erzeugen. Hierfür wird Tiefengeothermie angedacht, die auch als baulich sichtbares Zeichen „eines Kraftwerkes der Zukunft“ verstanden und platziert werden könnte. Die Prinzipien des klimagerechten Bauens müssen bei der späteren Realisierung Berücksichtigung finden (Ausrichtung zur Besonnung, adäquate Abstände und Höhenentwicklung für Tageslicht und natürliche Lüftung). Lokale Energieerzeugung, -verschiebung und -speicherung sollte obligatorisch in einem Modellquartier sein.

Die beiden neuen Modellquartiere sollen klimasensibel sein, also auf die Folgen des Klimawandels angepasst sein. Die Hauptwindrichtung aus Südwest erfordert eine Durchlässigkeit der Quartiere für eine gute Durchlüftung und zur Minimierung der Überhitzung im Sommer. Am Wasserweg wird ein Kaltluftentstehungsgebiet vermutet, das gestärkt werden sollte. Wasser ist zudem eine Ressource, die lokal versickert und genutzt werden sollte (Pflanzbewässerung und Grauwassernutzung). Der Wasserhaushalt der Kulturlandschaft muss dabei berücksichtigt werden.

Nachbarschaft ist für das Quartier identitätsstiftend. Er werden „geheime Räume“ für Kinder, Begegnungsräume, Kulturangebote, eine gute Durchmischung und damit bezahlbarer Wohnraum für „alle“ gewünscht.

Iris Weber und Juliette Polenz

Statements: Beteiligungsprozess

 
Juliette Polenz, Bürgerin der Stadt Münster

Im Verfahren hat mich vor allem das breite Spektrum an Teilnehmenden mit ihren unterschiedlichen Anliegen und Interessen begeistert. Wenn diese unterschiedlichen Anliegen und Interessen in einem Rahmen wie diesem hier zusammenkommen, kann etwas sehr Schönes und Produktives entstehen, worin sich jeder wiederfinden kann.

Juliette Polenz,
Bürgerin der Stadt Münster, Nachbarin der Modell Quartiere

Daniel Schulze zur Verth, Bürger der Stadt Münster

Wir haben hier in Münster mit diesem Verfahren die Chance, wirklich was umzusetzen, was Mutiges zu machen. Es entsteht ein schönes Miteinander aus Bürgerschaft, Planenden und der Politik. Ich freue mich ein Teil davon zu sein.

Daniel Schulze zur Verth,
Bürger der Stadt Münster

Iris Weber, Bürgerin der Stadt Münster

Jeder konnte seinen Teil zum Verfahren beitragen und hatte eine eigene Stimme, welche gleichermaßen gehört wurde. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und ob man in dem, was am Ende entsteht, noch Ansätze der heutigen Werkstattentwürfe wiederfinden kann.

Iris Weber, Bürgerin der Stadt Münster, Nachbarin der Modell Quartiere

„Großer Dank an alle!“

Stadtbaurat Robin Denstorff und Moderator Jörg Faltin zeigten sich am Ende begeistert von dem Engagement und bedankten sich für die beiden ergebnisintensiven und konstruktiven Tage.

„Wenn Münster die Modellquartiere vorbereitet, dann verantwortungsvoll und mit dem bestmöglichen Wissen und dem dazugehörigen Prozess 'auf Augenhöhe' der Bürgerschaft mit den städtischen und hinzugebetenen Expertinnen und Experten. Die zwei Tage wurden getragen von einem herzlichen Miteinander und klarer Artikulation für die wichtigen Vorprägungen der Modellquartiere 1 und 2. Mehr kann man sich zum Auftakt nicht wünschen!“