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Objekt des Monats
September 2022: Polizeilehrfilme aus Ost und West
Passend zum bundesweiten Ausbildungsbeginn am 1. September handelt es sich bei unserem Fundstück des Monats September um einen umfassenden Bestand an historischen Polizeilehrfilmen aus DDR und BRD der 1960er bis 1980er Jahre.
Die staatlichen Institutionen entdeckten in den 1920er Jahren, dass sie das noch junge Medium Film für belehrende und erzieherische Mittel im Sinne des jeweiligen polizeilichen Auftrags nutzen konnten. So gaben einige Präsidien, Ministerien und Fachhochschulen die Produktion von Lehrfilmen zu verschiedenen Themen in Auftrag. Adressiert waren Polizeibeamtinnen und -beamte in Aus- und Fortbildung, es ging jedoch auch um die Vermittlung des Selbstverständnisses der Polizei nach außen. Die Filme befassen sich mit Grundtechniken polizeilicher Tätigkeit, beispielsweise mit der Handhabung bestimmter Waffen- und Fahrzeugtypen, der Vermittlung kriminalistischen und juristischen Wissens, sozialer Kompetenz und polizeilicher Leit- und Vorbilder.
Unser erstes Videobeispiel zeigt eine nachgestellte Szene einer Personalienfeststellung, nachdem eine Ordnungswidrigkeit beobachtet wurde. Die Machart des Films spricht dafür, dass dieser Polizeilehrfilm ausschließlich zu Ausbildungszwecken genutzt wurde: Ein professioneller Sprecher erläutert aus dem Off die geltenden rechtlichen Grundlagen und erforderliche Verhaltensweisen des Polizisten. Der darstellende Polizist tritt durchsetzungsfähig, aber höflich und korrekt auf, so wie es von Anwärtern der Volkspolizei erwartet wurde.
Befremdlicher wirkt hingegen schon das zweite Videobeispiel aus der DDR: Es geht um das Verhältnis zwischen Polizei und Bürger und den damit verbundenen Appell, dass die Bürgerschaft die Staatsorgane bei der Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaft unterstützt, etwa als freiwillige Helfer der Volkspolizei. Eine ältere Bürgerin, die „rowdyhaftes Benehmen“ beobachtet, verständigt zwei Volkspolizisten, die sofort zur Stelle sind und die randalierenden „Rowdys“ zum Anlegen eines Blumenbeets verdonnern. Hier zeigt sich das Feindbild der DDR-Staatsmacht: Das Stereotyp des langhaarigen Jugendlichen, der schon aufgrund seines Aussehens als Störer identifiziert wird und nicht bereit ist, sich dem Vorbild des braven FDJlers anzupassen. Unterlegt wird das Ganze mit zum Geschehen passender Musik.
Ein drittes Beispiel zeigt Verkehrspolizisten in Westdeutschland und betont die neuen Herausforderungen des zunehmenden Autoverkehrs. Flüchtige Raser sollten dabei mit dem weißen Porsche 356 Cabrio geschnappt werden – das damalige Dienstfahrzeug der Autobahnpolizei in NRW. Der Film diente u.a. zur Personalanwerbung der Polizei und sollte gemäß Auftrag den Dienstalltag möglichst ungeschönt und ehrlich zeigen – daher auch die selbstkritische Anmerkung zur Verbrechensaufklärung am Ende des Ausschnitts.
Die 35mm-Filme sind als Dauerleihgabe und Schenkungen von verschiedenen Polizei-Fachhochschulen samt einer historischen Filmprojektoranlage aus der Sowjetunion 2001 zu uns ins Haus gekommen. Es entstand ein breit angelegtes Projekt der Villa ten Hompel, in dessen Rahmen Polizeilehrfilme aus Ost und West wissenschaftlich erforscht und didaktisch aufbereitet wurden. Nähere Informationen sind dem Band „Bürger, Rowdys und Rebellen. Deutsche Polizeilehrfilme in Ost und West“ (2004) mit didaktischer Handreichung und DVD zu entnehmen.
Polizeilehrfilme