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Fundstück des Monats
Januar 2025: Die Reichsbahn und der Holocaust
Zum Mond und wieder zurück, und das gleich zwei Mal. So viel Strecke legten Züge der Deutschen Reichsbahn (DRB) in den 1920er-Jahren tagtäglich zurück. Die DRB wuchs nach ihrer offiziellen Gründung am 1. April 1920 fast exponentiell: Sie entwickelte sich zum größten Unternehmen der Welt mit über einer Million Beschäftigten, fast dreimal so viele wie die Deutsche Bahn heutzutage, und wies das weltweit größte Schienennetz auf.
Das Fundstück des Monats Januar stellt einen Überrest dieses, auch aus heutiger Sicht, imposanten Imperiums dar. Die Leuchte wurde, wie sich mehreren Gravuren am Fuß entnehmen lässt, 1944 gefertigt. Vermutlich handelt es sich um eine Zugschlussleuchte, sie könnte aber auch zum Signalgeben von Rangierern verwendet worden sein. Einzelne Elemente wie der Griff sind nachträglich erneuert worden, andere Elemente, wie Schrauben im Innenraum der Lampe weisen hingegen deutliche Gebrauchsspuren auf.
Warum findet sich aber ein solches Objekt in der Sammlung der Villa ten Hompel wieder? Diese Frage lässt sich beantworten, wenn man einen Blick auf den 18. November 1941 wirft. An diesem Tag wurde die Stadt Münster darüber in Kenntnis gesetzt, dass in wenigen Wochen eine Deportation stattfinden soll. Konkret hieß es in der Anweisung der Staatspolizeistelle Münster der Geheimen Staatspolizei: „Die Juden sind am 11.12.1941 im Laufe des Vormittags in Münster, Warendorferstr., Lokal Gertrudenhof zu übergeben.“
Jüdische Menschen aus Münster und dem Münsterland wurden wie geplant unweit der Villa ten Hompel gesammelt und mussten einen Großteil ihres Vermögens sowie ihres Besitzes abgeben. Anschließend mussten sie zum Güterbahnhof Münster laufen. Am 13. Dezember fuhr der Zug Richtung Riga, wo er nach vier Tagen ankam. Die arbeitsfähigen Jüdinnen*Juden mussten ins Ghetto Riga laufen. Kinder und alte Menschen wurden direkt nach der Ankunft in einem Waldgebiet nahe dem Bahnhof erschossen
Auch Willhelmine Süßkind war vom 13. bis zum 16. Dezember 1941 in diesem Zug und kam ins Rigaer Ghetto. Sie war die einzige Überlebende der jüdischen Gemeinde Coesfeld.
Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, bot die Reichseisenbahn dem neuen Regime bereitwillig Hilfe an. Neben dem Transport von Munition und Kriegsmaterial an die Front beteiligte sich die DRB auch an Deportationen. Für die Bahn war das ein sehr lukratives Geschäft, denn pro Person erhielt sie für jeden gefahrenen Kilometer 4 Reichspfennige. Da teils sehr lange Strecken zurückgelegt werden mussten und die Menschen in den Waggons auf engstem Raum zusammengepfercht wurden schlug die DRB immensen Profit. Insgesamt wurden so etwa 2,5 Mio. von den Nationalsozialisten als jüdisch klassifizierte Menschen unfreiwillige Passagiere der „Sonderzüge in den Tod“. Diese ideologisch begründete Aufgabe wurde von den Nationalsozialisten als derart wichtig eingestuft, dass Deportationszüge in manchen Fällen sogar Vorrang vor Zügen mit Kriegsmitteln erhielten.
Begleitet wurden Deportationen stets von der Ordnungspolizei Deren Sitz für den Bereich des heutigen Nordrhein-Westfalens und umliegende Gebiete in Niedersachsen und später auch in Belgien lag in der Villa ten Hompel. Ob die Leuchte tatsächlich von Ordnungspolizisten im Rahmen von Deportationen genutzt worden ist, ist nicht überliefert, lässt sich aber auch nicht ausschließen. Dennoch bietet sie einen Anlass, über den Zusammenhang von Reichsbahn und Verfolgung im Nationalsozialismus zu sprechen.
Rückblick
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