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Fundstück des Monats
März 2023: Zum Umgang mit Nazi-Relikten
NS-Devotionalien sind auf Verkaufsportalen und ausländischen Flohmärkten gefragt. Nicht selten stößt man dort auf Abzeichen und Armbinden mit Hakenkreuzen und Reichsadlern. § 86 StGB stellt das Verbreiten und das Handeln von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen in Deutschland grundsätzlich unter Strafe. Ausnahmen werden beispielsweise gemacht, wenn die Handlung der Aufklärung, Wissenschaft und Forschung dient.
Die Fundstücke des Monats März sind aufgrund der Anwendung dieses Paragrafen in unsere Sammlung gekommen: Diese SS-Ehrenringe gelangten nach einer Beschlagnahmung in einer Privatwohnung zunächst in die Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft Essen. Nach Abschluss des Verfahrens wurden die Objekte zu Forschungs- und Lehrzwecken an die Villa ten Hompel übergeben. Neben den Ringen wurden auch einige SS-Helme, Abzeichen und Ehrendolche beschlagnahmt, die der ehemalige Eigentümer im Ausland verkaufen wollte.
Die Faszination, die immer noch von originalen NS-Relikten auszugehen scheint, kann in unserem Fall schnell dekonstruiert werden: Bei den Ringen handelt es sich um recht offensichtliche Nachahmungen. Auch der Verkauf von NS-Repliken ist grundsätzlich illegal. Die Qualität der Nachahmungen variiert stark: Während einige Exemplare schon wegen des geringen Gewichts als Fälschungen entlarvt werden können, wirken andere in ihrer Materialität hochwertig. Letztere werden aufgrund anderer Fehler als Fälschungen erkennbar. Beispielsweise erfolgte die Gravur in den originalen Siegelringen immer nach dem gleichen Muster, die in den Kopien nicht immer zu finden ist. Auch die Gestaltung des Totenkopfs am Ringkopf, dem vorderen Teil des Ringes, variiert stark in Größe und Detailgrad.
Die Objekte sagen als Fälschungen wenig über den Nationalsozialismus in historischer Dimension aus, aber dafür über die Langlebigkeit menschenfeindlichen Gedankenguts, gegen die die Mitarbeitenden der "Villa" in Ausstellungen und Seminaren anarbeiten.