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Fundstück des Monats
September 2024: Sprechen und Schweigen über NS-Zwangsarbeit
Pünktlich zur Wiedereröffnung der Villa ten Hompel nach der Sommerpause geht in diesem Monat unsere Reihe „Fundstück des Monats“ wieder los. Das Fundstück im September, ein Nähkästchen, kann ab sofort wieder in unserer Dauerausstellung besichtigt werden. Was hat es damit auf sich?
Das Nähkästchen aus rot lackiertem Holz ist erst einmal ein unscheinbares Objekt, das man vielleicht eher in einem Textilhandwerk- oder Heimatmuseum vermuten würde. Seine Geschichte zeigt, dass museale Objekte oft erst durch den überlieferten Kontext an Bedeutung gewinnen, die über den Gegenstand hinausgeht.
Die Leihgeberin erzählte bei der Übergabe, dass ihre Mutter das Nähkästchen von einem polnischen Zwangsarbeiter erhalten habe, der während des Zweiten Weltkriegs in einer Grevener Tischlerei hatte arbeiten müssen. Obwohl deren Vater NSDAP-Mitglied gewesen sei und das nationalsozialistische Regime jegliche Hilfeleistung für Zwangsarbeiter*innen unter Strafe stellte, habe die Frau die Arbeiter in der Tischlerei gelegentlich mit Lebensmitteln versorgt. Zum Dank habe ihr einer von ihnen das Nähkästchen geschenkt, das er selbst in der Tischlerei gefertigt habe.
Im Detail nachprüfen lässt sich dies nicht, dennoch kann anhand des Objekts über die Nutzung von Handlungsräumen im Alltag diskutiert werden – und auch darüber, warum sich gerade derartige Erzählungen, bei denen widerständiges Handeln und die Unterstützung von verfolgten Menschen im Vordergrund stehen, in die deutsche Erinnerungskultur eingeschrieben haben. Häufig wird etwa erzählt, dass Zwangsarbeiter*innen, die auf privaten Bauernhöfen arbeiten mussten, gut von den Familien behandelt worden seien. Seltener wird darüber gesprochen, dass ein Großteil der verschleppten Menschen gedemütigt und misshandelt wurde, und dass Großunternehmen, Handwerksbetriebe und Privatpersonen das nationalsozialistische System der Zwangsarbeit überhaupt erst ermöglichten, indem sie ausländische Arbeitskräfte anforderten. Lange Zeit wurde die NS-Zwangsarbeit als Begleiterscheinung des Krieges bagatellisiert und nicht als NS-Unrecht anerkannt.