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Politischer Neubeginn
Demokratisierung
Die britischen Besatzer unterstützten im Sinne der Demokratisierung den politischen Wiederaufbau in ihrer Zone. Schrittweise erlaubten sie den Aufbau demokratischer Strukturen und die Einführung demokratischer Grundrechte wie der Versammlungsfreiheit. Die ersten demokratischen Kommunalwahlen fanden schließlich im Oktober 1946 statt. Der Beginn der bürgerlichen Beteiligung an öffentlichen Belangen in Münster lässt sich aber schon kurz nach Kriegsende ausmachen. Die Militärregierung erlaubte die Bildung eines Bürgerausschusses, der sich vor allem aus Gegnern des Nationalsozialismus zusammensetzte. Darunter waren ehemalige Mitglieder der Zentrumspartei, Sozialdemokraten und Kommunisten.
Im August 1945 genehmigte die Militärregierung, dass Oberbürgermeister Dr. Karl Zuhorn einen Allgemeinen Beirat einberief. Die konstituierende Sitzung des Beirats mit zwölf vom Oberbürgermeister vorgeschlagenen und vom Stadtkommandanten ernannten Vertretern der Bürgerschaft fand am 10. August statt. Der Allgemeine Beirat sollte den Oberbürgermeister beraten und als Verbindungsglied zur Bevölkerung dienen. Ihm gehörten zwölf bis 14 Vertreter aller politischen Richtungen und Berufszweige an. In 14 Sitzungen leistete der Beirat für den Wiederaufbau wichtige vorbereitende und planerische Arbeit.
Nach einigen Wochen, am 15. September 1945, ließ die Militärregierung mit Verordnung Nr. 10 politische Zusammenkünfte unter strengen Auflagen zu und bereitete den Weg für die stärkere politische Beteiligung der Deutschen. Zeitgleich wurden mit der Verordnung Nr. 12 politische Parteien zugelassen. Zunächst durften diese nur auf Stadt- oder Kreisebene, ab Januar 1946 auch auf Landesebene gegründet werden.
Neugründung von politischen Parteien
15.10.1945 | Gründungsversammlung der CDP (ab August 1946: CDU) in der Stadthalle |
25.11.1945 | Offizielle Gründungsversammlung der SPD in der Stadthalle. Am 25. August hatte bereits die erste parteioffizielle Zusammenkunft der SPD in einer Lagerhalle des Zimmereibetriebes von Theodor Geringhoff stattgefunden. |
8.11.1945 | Gründungsversammlung der KPD |
16.12.1945 | Gründungsversammlung der Liberal-Demokratischen Partei (LDP, später FDP) |
30.12.1945 | Versammlung zur öffentlichen Wiederbegründung des Zentrums |
Einsetzung einer ersten Stadtvertretung
Die Einsetzung einer ersten Stadtvertretung, die am 30. Januar 1946 feierlich eröffnet wurde, machte den Allgemeinen Beirat überflüssig. Die britische Militärregierung hatte die Stadtvertretung aus 36 Mitgliedern ernannt. Die inzwischen gebildeten Parteien waren mit 20 Sitzen vertreten. Dazu traten acht Personen des öffentlichen Lebens und acht Vertreter verschiedener Berufsstände. Auf der ersten Sitzung hielt Stadtkommandant Major D.S. Travers eine Ansprache. Oberbürgermeister Karl Zuhorn saß ebenfalls auf dem Podium. Am Tisch vor dem Podium nahmen verschiedene "Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens" Platz. Dazu gehörten mit Helene Gurske, Berta Hüffer und Elisabeth Schmidt auch drei Frauen. Die Kanadierin Elisabeth Hoemberg, die mit einem deutschen Historiker verheiratet war und in Roxel lebte, fungierte in der Sitzung als Dolmetscherin. Am 24. April 1946 wählte die Stadtvertretung Dr. Wilhelm Siehoff zum Oberbürgermeister und Theodor Geringhoff von der SPD zu seinem Stellvertreter. Dr. Karl Zuhorn wurde Oberstadtdirektor.
Vorbereitung demokratischer Wahlen
Noch 1945 begann die britische Militärregierung die erste demokratische Kommunalwahl seit 1933 vorzubereiten. Ab April 1946 informierte sie die Bevölkerung mit öffentlichen Aushängen über das Verfahren bei der bevorstehenden Wahl und gab mit mehreren Verordnungen detaillierte Anweisungen heraus. Das neue Wahlsystem – ein Mehrheitswahlrecht in Verbindung mit einem modifizierten Verhältniswahlrecht – musste erklärt und die Voraussetzungen dafür vorbereitet werden. Dazu gehörte zunächst, die Stadt ihrer Größe und Bevölkerungszahl entsprechend in neun Wahlbezirke einzuteilen. In jedem der neun Wahlbezirke sollten drei Vertreter in direkter Wahl mit der höchsten Stimmenzahl gewählt.
Wählerlisten
Schwierig gestaltete sich die Zusammenstellung der Wählerlisten. Wahlberechtigt waren alle deutschen Staatsbürgerinnen und -bürger, die zwischen dem 12. Februar und 12. Mai 1946 im jeweiligen Wahlbezirk gemeldet waren. Evakuierte und Flüchtlinge, die nach dem 12. Mai zurückkehrten oder angesiedelt wurden, erhielten keine Berechtigung, an der Wahl teilzunehmen. Insgesamt wurden 312 Personen aus politischen Gründen vom Wahlrecht ausgeschlossen.
Kandidaten, die sich zur Wahl stellten mussten nachweisen, dass sie keiner NS-Organisation und keinem nationalen oder völkischen Verband angehört hatten. Zunächst entschied die Kreisentnazifizierungsstelle für oder gegen die Aufstellung bestimmter Kandidaten. Die abschließende, nicht mehr anfechtbare Entscheidung traf dann der Public Safety Officer der Militärregierung.
Insgesamt wurden 128 Kandidaten von fünf Parteien aufgestellt, darunter zehn Kandidatinnen. In der Reserveliste fanden sich 38 Namen mit vier Frauen.
Einladung des Oberbürgermeisters Karl Zuhorn zur Eröffnungssitzung der ersten demokratisch gewählten Stadtvertretung, 1946
Erste Kommunalwahl Oktober 1946
Mit einem außerordentlichen Erfolg schloss die CDU als neue Partei die erste Wahl in Münster nach dem Zweiten Weltkrieg ab. Sie erhielt 43,3 Prozent der Stimmen in direkter Wahl, die SPD 24,7 Prozent, das Zentrum 22,3 Prozent, die FDP 5,4 Prozent und die KPD 4,3 Prozent. Eine Woche nach der Wahl lud Oberstadtdirektor Zuhorn die Bevölkerung ein, an der ersten Sitzung der neuen Stadtvertretung im Sitzungssaal des Oberfinanzpräsidiums teilzunehmen. Dort wurden zunächst die 36 neuen Ratsmitglieder vereidigt, im Anschluss daran hielt Stadtkommandant Major Haslock eine kurze Rede, in der er die Bedeutung der Wahl hervorhob und auf die anstehenden Probleme hinwies. Mit der dann folgenden geheimen Wahl entschieden sich die Ratsmitglieder für den Oberbürgermeister und seine beiden Stellvertreter.