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Soldatenleben
Die britischen Soldatinnen und Soldaten waren in unterschiedlichen Truppeneinheiten in Kasernen über das gesamte Stadtgebiet verteilt. In jeder Kaserne waren verschiedene Regimenter untergebracht, die aus mehreren hundert Personen bestanden. Auf den großen Geländekomplexen befanden sich unter anderem Mannschafts- und Verwaltungsgebäude sowie Versorgungseinrichtungen wie Arztpraxen und Kantinen. Die jungen, alleinstehenden Soldaten, auch "squaddies" genannt, teilten sich Schlafräume – in der Bullerkaserne lebten zum Beispiel vier bis acht Männer, gegen Ende des 20. Jahrhunderts auch Frauen, in einem Zimmer. Sie hatten deshalb wenig Privatsphäre und nur begrenzte Möglichkeiten, dauerhafte Kontakte mit Deutschen aufzubauen. Aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen war es ohnehin schwierig, Personen in die Kasernen einzuladen, die nicht dem Militär angehörten.
Truppenbesuche
Im Laufe der Jahrzehnte fanden zahlreiche Besuche der Royals in Münster statt. Den Anfang hatte im März 1958 Prinzessin Margaret, Schwester der britischen Königin Elisabeth II, gemacht. Unter großer medialer Aufmerksamkeit besuchte sie das in der York-Kaserne stationierte Regiment der 3rd the King’s Own Hussars, das bei der deutschen Bevölkerung beliebt war. Die Prinzessin war die Ehrenkommandantin des Regiments und inspizierte unter anderem die Panzer der Kampfeinheit.
In den folgenden Jahren statteten zahlreiche britische Adlige und Mitglieder der Königsfamilie neben den britischen Militäreinheiten auch der Stadt Münster offizielle Besuche ab. Bei den Empfängen, die oftmals mit einer Führung durch den Friedensaal verbunden wurden, trugen sie sich ins Goldene Buch der Stadt ein. So auch "The Queen Mother" (Mutter von Elizabeth II.), die in den 1980er Jahren mehrmals nach Münster kam, u. a. um in alter Tradition dem Irischen Garde-Regiment (Irish Guards) zum St. Patrick’s Day Glücksklee zu überreichen. Weitere Anlässe für den Besuch der königlichen Familie waren Truppenjubiläen, Truppenabzüge und Regimentsgründungen. Prinz Philipp besuchte Münster und die Truppen besonders häufig, insgesamt sieben Mal.
Einsätze im Ausland
Britischer Soldat des 1st Medical Regiments begrüßt nach der Rückkehr aus dem Afghanistan-Einsatz seine Familie, 2012
Die Truppeneinheiten blieben nie lange an einem Ort, nur zwischen vier und sieben Jahren waren die meisten Regimenter in Münster stationiert und wurden dann in andere Staaten, etwa innerhalb des Commonwealth oder im Nahen Osten, versetzt. Hinzu kamen Auslandseinsätze während der Stationierung in Münster, wie 1992 in Jugoslawien, wohin 150 Soldaten der Garnison Münster geschickt wurden.
Ein weiterer Einsatzort befand sich innerhalb des Vereinigten Königreichs selbst, in Nordirland. Hier gab es seit den 1960er Jahren gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen extremen katholischen Gruppen, die für die Vereinigung mit der Republik Irland und gegen die systematische Benachteiligung des katholischen Bevölkerungsteils des Landes kämpften, und extremen protestantischen Gruppen, die für den Verbleib Nordirlands im Vereinigten Königreich waren. Die britische Regierung schickte 1969 das Militär in betroffene Regionen, um die Lage zu beruhigen. Nachdem 1972 eine katholische Protestkundgebung in Derry von britischen Soldaten gewaltsam aufgelöst und dabei 13 Demonstrierende erschossen worden waren, begann die terroristische Organisation Irish Republican Army (Provisional IRA) Anschläge auf britische Armeeangehörige durchzuführen.
Auslandseinsätze, wie während der Golfkriege oder in Afghanistan, stellten eine besondere Belastung für die Soldaten und ihre Familien dar. Das gilt insbesondere für den zweiten Golfkrieg 1990/91, in dem zwei Drittel der 5.000 im Münsterland stationierten Soldaten zum Einsatz kamen. Fast 2.800 von ihnen stammten aus der Garnison Münster. Das britische Militär versuchte, die Familien während dieser Zeit mit Hilfsangeboten zu unterstützten. Auch die Stadt Münster organisierte im Rahmen der Aktion "Solidarität mit britischen Familien" Freizeitangebote, die der Ablenkung dienen sollten. Außerdem wurden die Familien sowie einzelne Truppeneinheiten von Mitgliedern des britischen Königshauses besucht.
Solidarität
Prinzessin Anne und Prinz Philipp, Tochter und Ehemann von Königin Elizabeth II., trafen sich im Februar 1991 in Münster mit Frauen britischer Soldaten. Im Juni desselben Jahres kam Prinz Charles zusammen mit Prinzessin Diana zum ersten Mal nach Münster, um an einem Gedenk- und Dankgottesdienst für die im Golfkrieg eingesetzten Soldaten teilzunehmen. Zu diesem Gottesdienst und zum anschließenden Empfang in der Halle Münsterland fanden sich insgesamt rund 3.500 Gäste zusammen.
Attentate der IRA
Auch die Streitkräfte in Deutschland gerieten seit den späten siebziger Jahren ins Visier der IRA, unter anderem weil britische Soldaten in Deutschland für den Kampf in Nordirland trainiert wurden. Attentate wurden deshalb eine reale Bedrohung für die Soldaten und ihre Familien in Münster. Zwischen 1978 und 1980 sowie 1987 und 1990 kam es in NRW und in Niedersachsen zu Anschlagsserien, bei denen insgesamt sieben Menschen ums Leben kamen. In Münster wurden im März 1980 zwei Militärpolizisten beschossen, die mit dem Auto auf dem Weg zur Winterbourne-Kaserne in Coerde waren. Einer von ihnen wurde schwer verletzt; die Verantwortlichen konnten nicht gefunden werden. Als die IRA 1989 erneut Anschläge in Deutschland ankündigte, wurden auch die Kasernen in Münster besonders gesichert. Den Soldaten wurde geraten, auf dem Weg zu den Kasernen möglichst keine Uniformen zu tragen, damit sie nicht sofort als britische Militärangehörige zu erkennen waren.
Trotz dieser Sicherheitsmaßnahme wurden zwei Soldaten der King’s Hussars, die zu Fuß und in ziviler Kleidung zur York-Kaserne in Gremmendorf zurückgingen, am Abend des 1. September 1989 aus einem Auto heraus beschossen. Die beiden Soldaten wurden schwer verletzt, überlebten aber. Die Schuldigen wurden nicht gefasst, doch die IRA bekannte sich zu dem Anschlag. Bei den Münsteranerinnen und Münsteranern, die in der Nähe der Kasernen wohnten, führten die Attentate zu einem Gefühl der Unsicherheit. Einige Gremmendorferinnen und Gremmendorfer wechselten nach dem Attentat 1989 aus Angst vor Anschlägen die Straßenseite, wenn sie an den Kasernen vorbeiliefen. Nach dem Attentat 1989 brachte die Bezirksvertretung Münster-Südost gegenüber dem Kommandeur der Yorkkaserne ihre Betroffenheit zum Ausdruck. Man befürchtete, dass sich die Anschläge auf das Zusammenleben vor Ort auswirken würden. Erst das Karfreitagsabkommen von 1998 zum Ende des Nordirlandkonflikts beendete die Anschlagsgefahr in Münster endgültig.
- Geschichtsstudierenden der WWU Münster erstellten 2014 unter der Leitung von Prof. Dr. André Krischer und Dr. Alexander Kraus eine Reportage zu den IRA-Anschlägen in Münster und Westdeutschland 1978-1996
Britischer Ehrenfriedhof
Im Nordosten des Waldfriedhofs Lauheide wurde 1946 ein 0,63 ha großes Gelände für einen britischen Ehrenfriedhof hergerichtet. Auf dem englischen Friedhof liegen britische Soldaten, die bei den Kämpfen um das Münsterland im Frühjahr 1945 und während der Besatzungszeit ums Leben kamen. Auf dem Münster Heath War Cemetary wurden 580 Briten, fünf Kanadier, drei Neuseeländer und ein Belgier beerdigt, davon 82 britische Zivilisten und Mitglieder ziviler Organisationen, die von den Streitkräften anerkannt wurden. Heute befinden sich 755 Kriegsgräber auf dem englischen Friedhof. Der Friedhof wird weiter von den Briten gepflegt.