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„Erzähl mal...“ Spurensuche zur NS-Familiengeschichte
Tipps zur Recherche der eigenen NS-Familiengeschichte
Der Entschluss, die eigene Familienhistorie zu erforschen, ist gefasst? Gut! Aber wie und wo soll man anfangen? Während einige unserer eigenen noch folgenden Recherchen vielleicht Inspirationen für Ansätze bieten können, soll der heutige Post auch ganz handfeste Tipps und Anlaufstellen bieten, wie man sich der familiären Geschichte annähern kann.
Am Anfang steht eigentlich immer eine Bestandsaufnahme: Was weiß ich schon über die jeweiligen Personen? Was für Dokumente liegen noch bei mir? Welche Unterlagen finden sich vielleicht bei Verwandten? Gibt es eine Geburts- oder eine Sterbeurkunde? Oder vielleicht auch nur eine Geburtsurkunde der Kinder der Person, über die man mehr herausfinden will? Denn auch darauf sind die wichtigsten biographischen Informationen zusammengefasst.
Mit dem Namen, Geburts- und Todesdatum lässt sich schon viel mehr herausfinden. Mit diesen Daten kann man zum Beispiel beim Bundesarchiv bei der Abteilung Personenbezogene Auskünfte nach Informationen über ehemalige Angehörige des Heeres, der Marine oder Luftwaffe, Angestellte und Beamte der Wehrmacht erfahren, solange es Unterlagen aus einer militärischen Herkunft im Archiv gibt.
Mit diesen Daten kann man ebenfalls beim Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde für Personen, die einst Mitglied einer NS-Organisationen waren, nach weiteren Informationen fragen. Das gilt übrigens auch für nationalsozialistische-Organisationen für Frauen wie etwa die „NS-Frauenschaft“!
Auf kommunaler Ebene, also bei Landes- oder Kommunalarchiven, lassen sich auch nach Entnazifizierungsakten fragen, da die dafür zuständigen Ausschüsse auf Landkreisebene agierten. Solche Archive sind auch erste Anlaufstellen, wenn man davon ausgeht, dass der oder die Angehörige zur Zwangsarbeit eingezogen worden war. Generell kann auch das Archiv an dem Ort, an dem die Angehörige zuletzt lebte, eine Anlaufstelle sein.
Einen geradlinigen Rechercheweg gibt es leider nicht. Stattdessen sind Ausdauer und Neugier gefragt. Es gilt: Jede Familiengeschichte ist individuell und ebenso individuell ist die jeweilige Recherche. Oft ist weniger wichtig, ein genaues Datum herauszufinden, als vielmehr ein Gefühl dafür zu bekommen, wer die oder der Vorfahre eigentlich war. Auch Fragen über ihre Lebenssituation, die Freizeit, die Familie oder eben auch die Beteiligung an öffentlichen Institutionen können spannende Erkenntnisse zutage fördern, die uns mehr über diese Menschen als Personen verraten, als es Daten über Ausbildungen, Erholungsurlaube oder Anstellungen je könnten.
Wer jetzt selbst aktiv werden möchte, findet im Folgenden eine Linksammlung samt Erklärungen, wer wo am besten fündig werden kann.
Recherchehilfen:
- Informationen und die Möglichkeit einer Suche nach NS-Verfolgten gibt es über die Arolsen Archives.
- Für Angehörige der Wehrmacht, Polizei oder SS gibt das Bundesarchiv Auskunft; zudem gibt es auf der Seite des Archivs hilfreiche Hinweise zur Personen- und Ahnenforschung.
- Einsicht in die NSDAP-Mitgliederkartei kann über das Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde genommen werden. Außerdem gibt es dort Informationen zur Mitgliedschaft in anderen NS-Organisationen (auch Frauenmitgliedschaften).
- Militärische Unterlagen befinden sich im Militärarchiv des Bundesarchivs in Freiburg.
- Unterlagen zur Internierung nach dem Zweiten Weltkrieg lassen sich über Nationalarchive der entsprechenden Länder finden. Teilweise kann hier auch der Suchdienst des DRK weiterhelfen.
- Die Akten der Spruchkammerverfahren zur Entnazifizierung sind über das Bundesarchiv in Koblenz zu recherchieren. Weitere Entnazifizierungsakten befinden sich meist in den entsprechenden Landesarchiven, in einigen Fällen lohnt sich auch eine Anfrage beim zuständigen Kommunalarchiv.
- Akten zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen nach 1945 können in der "Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen" des Bundesarchivs in Ludwigsburg recherchiert werden, für die DDR finden sich entsprechende Akten im Stasi-Unterlagen-Archiv.
- Die Akten des Reichskriegsgerichts befinden sich in Prag, sind aber im Militärarchiv in Freiburg via Mikrofilm einsehbar.
- Informationen zu Kriegsgefangenen wurden für die Stiftung EVZ aufgearbeitet und sind in der Regel über die Landesarchive zu recherchieren, jedoch können sich auch Anfragen in Kommunalarchiven lohnen.
- Für den Fall, dass Einsatzorte Verwandter bei der SS, der Polizei oder der Wehrmacht bekannt sind, gibt es durch das Projekt „Killing Sites“ der Gedenkstätte Yad Vashem die Möglichkeit nach Verbrechen an verschiedenen besetzten Orten zu suchen.
Unterstützung der eigenen Recherchen:
Für Interessierte bietet die Gedenkstätte Neuengamme regelmäßig Recherche- und Gesprächsseminare an, in denen Teilnehmende bei der Recherche angeleitet und unterstützt werden. Mehr Infos hierzu auf der Website der Gedenkstätte Neuengamme.
Weitere Links:
Wer die alten Handschriften nicht lesen kann, dem könnte Transkribus weiterhelfen. Nach einer Anmeldung lassen sich Dokumente hochladen und KI-gestützt – wenn auch mit einigen Abstrichen – entziffern.