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Forschung: Laufende Projekte
Polizei und Holocaust: Ein Vierteljahrhundert nach Christopher Brownings „Ordinary Men“
Mitarbeitende der Villa zusammen mit Christopher Browning anlässlich der Konferenz "Facing Police and Holocaust" 2019
NS-Täterschaft in historischer Forschung und Bewusstseinsbildung
„Ganz normale Männer“
Wie war der Holocaust möglich und was ließ ganz normale Männer zu Massenmördern oder Mordgehilfen werden? Wie konnten Polizisten zu Akteuren eines alle zivilisatorischen Grenzen sprengenden Unrechts transformiert werden? Warum wurden Polizisten NS-Deutschlands, aber auch jener verbündeter und besetzter Staaten also zum „Fußvolk der Endlösung“?
Die Debatte und die daraus mittlerweile hervorgegangene wissenschaftlich-historische Teildisziplin der NS-Täterforschung wurden vor gut 25 Jahren maßgeblich von Christopher R. Browning initiiert und wirkungsmächtig. „Ordinary Men. Reserve Police Bataillon 101 and the Final Solution in Poland“ gilt heute nicht nur als wissenschaftlicher Meilenstein hin zur modernen Täterforschung. Denn Brownings Impuls war von Anfang nicht nur auf die historische Forschung selbst fokussiert, sondern auch auf die darauf aufbauenden gesellschaftlichen Debatten um Bewusstseinsbildungsprozesse einer historischen Verantwortung und ethischen Konsequenzen heute.
Konzeption des Sammelbands
Ausgehend vom Beginn der individualisierten Täterforschung sollen im nun entstehenden Sammelband neue Analysezugänge und Perspektiven diskutiert werden, aber auch von den Protagonisten eine Bilanz und Anregungen aus ihrem reichen Erfahrungsreservoire gegeben werden. So wird der Holocaust als ein von Deutschland initiierter Vernichtungsprozess in einem zunehmend europäischen Kontext und Kollaborationsnetzwerk an Bedeutung gewinnen ebenso wie Genderfragen und die viel diskutierte Frage nach Räumen der Gewalt. Zum vertieften Verständnis der Prozesshaftigkeit sind Handlungsräume von Individuen und Gruppen von zentraler Bedeutung. Ebenso werden die heutigen Herausforderungen einer Bildungs- und Bewusstseinsarbeit in multiethnischen Gesellschaften zum Thema.
Beiträge
Der Sammelband beinhaltet Beiträge von Christopher R. Browning, Dan Michman, Doris Bergen, Edward B. Westermann, Peter Hayes, Jan Grabowski, Joel Zisenwine, Alfons Kenkmann, Martin Liepach, Oliver von Wrochem, Amos Goldberg, Derrick Angermeier und Christoph Spieker. Herausgegeben wird der Band von Thomas Köhler und Peter Römer (Villa ten Hompel) sowie von Jürgen Matthäus (Washington D.C.) und Thomas Pegelow Kaplan (Boone), die ebenfalls Beiträge beisteuern.
Das Buchprojekt erscheint im Schoeningh/Brill Verlag und ist im Buchhandel erhältlich.