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Koloniale Wertschöpfung
Infrastrukturen
Wasserwege und der Hafen 1899
Im Adressbuch der Stadt Münster von 1853 zeigt bereits die große Zahl an Kolonialwarenhandlungen, dass der Genuss von Kolonialwaren lange vor dem deutschen Kolonialismus etabliert war. In der Zeit vor der Eisenbahn war Münster über Hafenstädte wie Amsterdam an den kolonialen Seehandel angeschlossen. Die Handelswege für Produkte wie Zucker, Tee, Kaffee und Tabak verliefen über Land und teilweise über den Max-Clemens-Kanal, der als fürstbischöfliches Projekt von 1731 bis 1840 zwischen Münster und Clemenshafen betrieben wurde.
1899 eröffnete der Dortmund-Ems-Kanal, der Emden zu einem Hochseehafen machen und der westfälischen Industrie einen direkten Anschluss an den Seehandel ermöglichen sollte. Münsters Stadtverordnete hatten sich bei der Reichsregierung erfolgreich dafür eingesetzt, den Kanal nah an der Stadt vorbeilaufen zu lassen. Über Münsters Stadthafen wurden in der Folgezeit fast ausschließlich Holz und Getreide ausgeführt. Im Zeitalter der neuen Dampfschifffahrt wurden Kolonialwaren meist als Stückgut gehandelt und anderem Gut hinzugeladen, weshalb etwa Südfrüchte oder Petroleum vor allem über die großen Häfen wie Hamburg oder Amsterdam und weniger über Emden eingeschifft wurden. Für diese Waren hatte also Münsters Hafen nicht die Bedeutung, die man hätte annehmen können. Der Transport von Kolonialprodukten erfolgte in der Regel auf Schienen nach Münster.
Schienenverkehr und Güterbahnhof
Münster als wachsende Großstadt und ihr Umland hatten seit Ende des 19. Jahrhunderts eine stabil wachsende Nachfrage nach Produkten aus Übersee. Zum einen handelte es sich hierbei um Konsumgüter, zum anderen um Handelsgüter, die etwa von der Textilindustrie im Münsterland für die Produktion benötigt wurden. Wichtigste regionale Umschlagplätze wurden Münsters Hafen und der Güterbahnhof. Nachdem Personen- und Güterverkehr ab 1848 nur langsam anliefen, hatte sich Münster um die Jahrhundertwende zu einem Verkehrsknotenpunkt der mittlerweile verstaatlichten Eisenbahnen entwickelt. Auch ein Großteil der Kolonialwaren für das Münsterland wurde als Stückgut auf dem Schienenweg von den Rhein- und Weserhäfen nach Münster transportiert. Rund um den Güterbahnhof und den Hafen siedelten sich Industrie- und Handelsunternehmen an. In den 1930er-Jahren wurden über 300.000 Tonnen Güter jährlich im Güterbahnhof und fast eine halbe Million Tonnen im Hafen umgeschlagen. Am Hafen wurden dabei überwiegend Getreide und Baustoffe angeliefert.